Forschungs- und Innovationsprojekt
Winterbiene

Eine Hummel sitzt auf einer blühenden Staudensonnenblume die auf einem Feld voller Blumen steht

Verbesserung des Nahrungsangebots für Honigbienen und andere blütenbesuchende Insekten durch attraktive, langblühende Präriestaudenmischungen zur Energiegewinnung

Blühmischungen aus mehrjährigen Wildpflanzen liefern Biomasse zur Energiegewinnung und können im Gegensatz zu Mais das Nahrungsangebot für Honigbienen, Wildbienen und andere Insekten entscheidend verbessern. Spätblühende Präriestauden beispielsweise verfügen aufgrund ihrer extremen Massewüchsigkeit über ein hohes Ertragspotenzial und lassen daher hohe Methanausbeuten erwarten. Gleichzeitig liefern sie aufgrund ihrer langen Blühdauer bis Mitte Oktober Pollen und Nektar zu einer Jahreszeit, in der das Nahrungsangebot für Blütenbesucher sonst sehr begrenzt ist.

Ziel des Projektes

Das Forschungsprojekt Winterbiene ist ein Kooperationsprojekt des Instituts für Stadtgrün und Landschaftsbau und des Instituts für Bienenkunde und Imkerei der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG), dessen erste Projektphase Ende 2018 erfolgreich abgeschlossen wurde. Im Rahmen dieses Projekts wird die Eignung unterschiedlicher Blühmischungen (Hanfmix und Präriemix) als Substrat für die Biogasproduktion in der Praxis geprüft und bewertet. Gleichzeitig erfolgt eine Evaluierung der Mischungen als Nektar- und Pollenquelle für Bienen und andere blütenbesuchende Insekten. Ziel des Forschungsprojekts ist es, für Insekten von Mai bis Oktober ein wirtschaftlich nutzbares Blütenangebot in der Feldflur bereitzustellen. Basierend auf den Projektergebnissen und Praxiserfahrungen werden Empfehlungen für die Energiewirte erarbeitet.

Methoden des Projektes

Blühmischungen unterschiedlicher Zusammensetzung werden bzw. wurden auf mehreren Versuchsflächen etabliert. Durch regelmäßige Bonituren und Fotodokumentationen erfolgt eine Beurteilung der Bestandsentwicklung und des Blütenangebots der Flächen. Erfasst werden dabei der Feldaufgang, die Bestandsstruktur, die Flächendeckung und die Artenmächtigkeiten, die Höhe und der Entwicklungszustand der Blütenpflanzen, der Blütenreichtum und der Blühzeitraum. Zur Ermittlung des richtigen Erntezeitpunktes werden sowohl Sammelproben als auch Proben von massewüchsigen Einzelarten hinsichtlich Trockensubstanzgehalt und Methanausbeute (Batchuntersuchungen) analysiert.

Zur Bestimmung der Qualität der Mischungen als Nektar- und Pollenquelle für Insekten werden während der Blühphase mehrere Honigbienenvölker direkt an den Versuchsflächen aufgestellt und regelmäßig hinsichtlich Pollen- und Nektareintrag beprobt. Zudem wird dokumentiert, wie sich die Völker an den Flächen entwickeln. Zur Erfassung des Spektrums der Blütenbesucher der bestandsbildenden Pflanzenarten werden die Flächen an unterschiedlichen Tagen zu verschiedenen Tageszeiten für jeweils drei Minuten abgeschritten und dabei für eine bestimme Pflanzenart Anzahl und Art der Besucher (Honigbiene, Hummel, Wildbiene, Schwebfliege, Schmetterling) notiert. Zusätzlich erfolgt die Bestimmung der auf den Versuchsflächen gefangen Wildbienen bis auf Artniveau.

Ergebnisse der ersten Projektphase

Die Deckfrucht der Blühmischung blühte im ersten Standjahr mit einer sehr guten Bodendeckung von 90 % und gewährleistete eine zügige Etablierung der Präriestauden. Der Ertrag der Deckfrucht belief sich auf 77 Dezitonnen Trockenmasse pro Hektar (dt TM/ha) mit einem Methanertrag von 232,5 Liter pro Kilogramm organische Trockenmasse (l/kg oTM). Die ersten nordamerikanischen Stauden kamen im zweiten Standjahr mit einer Bodendeckung von 90 % zur Blüte. Die Ernteergebnisse aus dem zweiten Standjahr erreichten 104 dt TM/ha mit einem Methanwert von 178,8 l/kg oTM. Das dritte Standjahr lieferte einen Ertrag von 112 dt TM/ha mit einem Methanwert von 211,1 l/kg oTM.

Von dem lang anhaltenden Blütenangebot der Mischungen profitieren insbesondere Honig- und Wildbienen. Aber auch andere Insekten wie Schwebfliegen oder Schmetterlinge konnten an den Blüten der Mischungen beobachtet werden. Honigbienenvölker, die während der Blühperiode an den Versuchsflächen standen, waren bis spät in den Herbst gut mit Pollen und Nektar versorgt. Je nach Jahr und Blühmischung konnten im Mittel 5 bis 21 kg Honig pro Volk geerntet werden. Zusätzlich war im ersten Untersuchungsjahr eine deutliche Ersparnis an Winterfutter festzustellen. Die Daten zum Bestäuberspektrum zeigen, dass die hier untersuchten Blühmischungen von vielen heimischen Wildbienenarten genutzt werden. Im Untersuchungszeitraum von 2016 bis 2018 konnten insgesamt 58 Wildbienenarten aus insgesamt 11 Gattungen in den Flächen gefangen werden. Darunter befinden sich 19 Arten, die in der Roten Liste für Bayern bzw. Deutschland geführt werden.

Die Blühmischungen wirken sich nicht nur positiv für Insekten aus, sie haben zudem noch einen weiteren ökologischen Nutzen. Bodenuntersuchungen an mehreren Versuchsflächen zeigten deutlich, dass mit dem Anbau von mehrjährigen Wildpflanzenmischungen die Nitratbelastung in den Böden innerhalb kurzer Zeit massiv gesenkt werden kann. Durch die Umstellung von Silomais auf den Anbau von Wildpflanzen lässt sich somit das Umweltrisiko der Nitratbelastung des Grundwassers deutlich reduzieren. Diese Eigenschaft empfiehlt den Anbau der Blühmischungen vor allem für Wasserschutzgebiete und für Bereiche im Umgriff von Gewässern (Gewässerschutzstreifen) oder auf grundwassernahen Böden.

Bewertung und Zusammenfassung

Die im Rahmen des Projekts untersuchten mehrjährigen, artenreiche Wildpflanzenmischungen zur Biogasproduktion erhöhen die Biodiversität in den Ackerbauregionen und liefern Blüten von Mai bis Oktober. Sie sind somit wichtige Nahrungsquellen für Blütenbesucher zu einer Jahreszeit, in der das Nahrungsangebot für Bienen und andere Insekten sonst sehr begrenzt ist. Zudem bieten sie Deckung für Rehe, Feldhasen und Feldhamster und werden auch von unterschiedlichen Vogel- und Heuschreckenarten als Nahrungsquelle genutzt. Die an den Versuchsflächen aufgestellten Bienenvölker konnten sich bis zur Ernte der Blühflächen Ende Juli bzw. Ende August mit Pollen und Nektar versorgen. In allen Untersuchungsjahren konnte Honig von den Völkern geerntet werden. Der eingetragene Nektar kann alternativ auch als Winterfutter in den Völkern belassen werden, was zu einer deutlichen Ersparnis bei der Winterfütterung führen kann. Für Honigbienenvölker ist die Pollenversorgung im Spätsommer bzw. Herbst essentiell, da zu dieser Jahreszeit die Winterbienen erbrütet werden, die zusammen mit der Königin den Winter überstehen und im Frühjahr die nächste Brut (Sommerbienen) versorgen müssen. Hier leisten gerade spätblühende Pflanzenmischungen einen wertvollen Beitrag zur Pollenversorgung von Bienen. Zudem führt eine lange Nektarverfügbarkeit zu einer deutlichen Verringerung des Risikos der Räuberei (Honigbienen räubern sich bei Nahrungsmangel gegenseitig aus) und damit der Krankheitsübertragung zwischen Bienenvölkern.

Besonders hervorzuheben ist der vielfältige Blütenreichtum der Mischungen. Durch die Beimengung von ausgewählten Arten fremder Herkunft, mit Blühoptimum im Hoch- und Spätsommer, kann ein durchgängiges Trachtband (Verfügbarkeit von Pollen und Nektar) von Mai bis Oktober geschaffen werden. Die Forderung, dies allein mit heimischen Arten zu gewährleisten, ist für den Bereich Biogas nicht umsetzbar, da es keine spätblühenden, massenwüchsigen und ackertauglichen Arten heimischer Herkunft gibt. Die untersuchten Mischungen haben unterschiedliche Blühhöhepunkte und wurden als sich gegenseitig ergänzende Anbausysteme für die intensiven Maisanbaugebiete konzipiert. Im Rahmen des Projektes konnte nachgewiesen werden, dass damit ein vielfältiges Nahrungsangebot für Insekten bereitgestellt wird, das obwohl auch durch fremde Pflanzenarten gewährleistet, von der heimischen Insektenwelt gerne angenommen wird. Damit steht auf dem Sektor der Landwirtschaft, auch in Zeiten des Klimawandels, ein Werkzeug zur Verfügung, um dem Insektensterben nachhaltig entgegen treten zu können.

Die hier untersuchten Wildpflanzenmischungen liegen bislang noch hinter der Ertragsleistung von Mais. Allerdings benötigen sie außer der Düngung und Ernte keine weiteren Arbeitseinsätze, sodass jedes weitere Standjahr ihre Rentabilität erhöht. Die Mischungen brauchen, im Gegensatz zu anderen Kulturen, keinerlei Pflanzenschutzmittel. Zudem tragen sie nachhaltig zur Reduzierung der Nitratwerte im Boden bei, wodurch sie sich besonders für die Sanierung von nitratbelasteten Böden und den Anbau in Wasserschutzgebieten empfehlen. Als bereits verwurzelte Dauerkultur sind sie weiterhin weniger anfällig gegen Trockenstress, der im Zuge des Klimawandels gerade in Unterfranken immer häufiger auftritt. Nicht zu Letzt stellen sie eine wertvolle Lebensgrundlage für zahlreiche Wildbienen, andere Insekten, Vögel und Kleinsäuger dar.

Ausblick und Schwerpunkte Projektphase 2

Die bisherigen Projektergebnisse zeigen, dass sich ein Anbausystem mit mehrjährigen, artenreichen Wildpflanzenmischungen per Aussaat sehr gut etablieren lässt und die Ernte mit der praxisüblichen Methodik gut funktioniert. Weiterhin sinken die Bodennitratwerte unter den Blühmischungen signifikant, so dass ihr Einsatz auf grundwassernahen Böden auch längerfristig erprobt werden wird. Da sich der auf mindestens 5 Jahre Standzeit ausgelegte Bestand erst im 3. Jahr endgültig etabliert, bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten; ggf. müssen noch Korrekturen an der Zusammensetzung der Mischungen zur Ergebnisverbesserung vorgenommen werden.

In einer zweiten Projektphase fördert das BayStMELF daher die Weiterentwicklung der Präriestaudenmischung (Präriemix) bis Ende 2021. Das Projekt beinhaltet folgende Arbeitspakete:

  • Die Praxiseignung und die ökologischen Systemdienstleistung von Präriestaudenmischungen als Energiepflanzenkultur soll durch die modellhafte Umsetzung auf drei Praxisflächen (je ca. 1 ha) auf grundwassernahen Böden aufgezeigt werden.
  • Zudem wird das Blütenangebot im jahreszeitlichen Verlauf ermittelt und der Nachweis der Nutzung als Nahrungsquelle für pollen- und nektarsammelnde Insekten erfolgen. Hierzu werden unter anderem Untersuchungen zur Honigbiene (Einsparpotenziale bei der Winterfütterung; Auswirkungen auf Volksentwicklung und Überwinterungsfähigkeit) durchgeführt.
  • Weiterhin erfolgen Untersuchungen zur Verringerung des Stickstoffvorrats im Boden und zur Silierbarkeit des Erntematerials.

Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) unterstützt das Forschungsvorhaben in der Projektphase 2 mit Batch- und Silierversuchen. Zudem wird sich das Technologie- und Förderzentrum (TFZ) mit eigenen Flächen am Projekt beteiligen.

Weitere Informationen zum Innovations- und Forschungsprojekt "Winterbiene II"

Publikationen

Heidinger, I., Marzini, K., Degenbeck, M. und Illies, I. (2019) Utilisation of mixtures of energy plants by honeybees and other flower visiting insects. Posterbeitrag auf der 66. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenforschung e.V. vom 26.-28. März 2019 in Frankfurt

Heidinger, I., Marzini, K. und Illies, I. (2018) Mixtures of late flowering, herbaceous perennials providing energy for humans and flower visiting insects. Posterbeitrag auf der 65. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenforschung e.V. vom 20.-22. März 2018 in Koblenz

Heidinger, I. (2018): Verbesserung des Nahrungsangebotes für Honigbienen und andere blütenbesuchende Insekten durch attraktive, langblühende Präriestaudenmischungen zur Energiegewinnung. VEV-Mitteilungen 125/2018, S. 49-50

Rauterberg, S., Keuling, O. und Degenbeck, M. (2017): Forschungsprojekt zur Bioenergie – Wild wählt Wildpflanzen. Jagd in Bayern 2/2017, S. 21-24

Hofmann, D., Uhl, J., Lunenberg, T., Fritz, M. und Marzini, K. (2017): Energiepflanzen für die Biogaserzeugung. Biogas Forum Bayern Nr. I – 28/2017, 23 S., Hrsg. ALB Bayern e.V.

Marzini, K. (2017): Energie aus Wildpflanzen – ein Beitrag zur Erhaltung der Offenlandfauna. BfN-Skripten 468/2017, S. 44-47

Degenbeck, M. und Marzini, K. (2017): Bienen und Wildtiere fördern durch mehrjährige Biogas-Wildpflanzenmischungen. KTBL-Schrift 512, S. 314-316

Bär, M., Lunenberg, T. und Marzini, K. (2017): Was tritt an Stelle des Energiemaises? Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt 19/2017, S. 42-43

Degenbeck, M. (2016): Gastkommentar: Wildpflanzen erreichen 50 Prozent des Methanertrags vom Mais; www.energate-messenger.de

Vollrath, B. und Marzini, K. (2016): Mehr Vielfalt und rentable Biogasproduktion – mit den richtigen Blühmischungen ist beides möglich. Biogasjournal Sonderheft Energiepflanzen 2016, S. 6-10

Marzini, K. (2016): Blühflächen fehlen auf dem Land - Bienenjournal 07/2016, S. 6-8

Degenbeck, M. (2015): Ansaat von artenreichen Wildpflanzenmischungen für die Biogasproduktion. KTBL-Schrift 508 „Biogas in der Landwirtschaft – Stand und Perspektiven“, S. 248-261

Projektinformation
Projektleitung: Dr. Ingrid Illies (LWG-IBI, Projektphase 1); Martin Degenbeck (LWG-ISL2, Projektphase 2)
Projektbearbeitung: Dr. Ina Heidinger (LWG-IBI), Kornelia Marzini (LWG-ISL2), Dominik Kretzer (LWG-ISL2)
Projektpartner: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL- ILT 2a, ITF 1b), Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum Nachwachsende Rohstoffe (TFZ);
Laufzeit: 10/2015 bis 12/2018 (Projektphase 1); 1/2019 bis 04/2022 (Projektphase 2)
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Förderkennzeichen: K/15/02 (Projektphase 1); G2/N/18/06 (Projektphase 2)