Nachbericht zur Veranstaltung am 15.01.2024
Bayerischer Industriegemüsetag 2024 in Aiterhofen

Anfang des Jahres traf sich die „Industriegemüseszene“ wieder in Aiterhofen bei Straubing. Aufgrund der letztjährigen guten Erfahrungen fand die Veranstaltung wieder als Hybridveranstaltung statt. Stefan Kirchner vom Institut für Erwerbs- und Freizeitgartenbau der LWG Veitshöchheim, bzw. Stefanie Pahnke von der Abteilung Gartenbau des AELF Abensberg-Deggendorf begrüßten im Gasthaus Karpfinger 65 Teilnehmer vor Ort und 45 Online-Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet, Polen und Österreich.

Carolin Füßl, die neue Kollegin im Team des Erzeugerringes für Obst u. Gemüse Straubing e.V., ließ die abgelaufene Saison aus Sicht der Anbauberatung Revue passieren. Das Wetter wäre mit drei Worten zu beschrieben „Nass“, „Beton“ und „Hitze“. Die Witterung war mal zu kühl, zu nass oder zu trocken. Dies verursachte permanent Probleme im Aufgang, im Kulturverlauf und bei der Ernte. Beispielsweise kam die Einlegegurkenernte erst am Ende des Monats Juni so richtig in Schwung.

Im Rahmen des Vortragsblocks Pflanzenschutz nutzte Markus Göttl vom AELF Deggendorf-Straubing die Gelegenheit auf wichtige Probleme im Pflanzenschutz einzugehen: Wo darf Glyphosat überhaupt noch angewendet werden? Gibt es Alternativen? Göttl stellte Ergebnisse von Versuchen mit möglichen Alternativen wie Quickdown® + Toil sowie Beloukha mit den Wirkstoff Pelargonsäure vor. Viele Zulassungen laufen im Jahr 2024 ersatzlos aus. Abschließend stellte Göttl Ergebnisse aus dem LWG-Forschungsprojekt „Hochpräzise und selektive Einzelpflanzenbehandlung im Gemüsebau auf Basis Künstlicher Intelligenz“ vor. In Praxisversuchen wurde im Rahmen des Projektes die Technik der punktgenauen Ausbringung von Herbiziden (Spot-Spraying) mit der nach wie vor flächigen Ausbringung von Pestiziden verglichen. Die angewendete Spot-Spray Technik der ARA-Feldspritze von Ecorobotix erlaubt eine Einsparung der Spritzmenge vom mehr als 90 % gegenüber einer bislang üblichen flächigen Ausbringung, so Göttl in seinem Vortrag.

Dr. Veronika Wetzel vom Institut für Pflanzenschutz der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft ging in ihrem Vortrag auf die zunehmende Bedeutung von Virosen im Fruchtgemüseanbau, insbesondere bei Einlegegurken ein. Diese könnten beim Gurkenmosaikvirus beispielsweise zu Ertragseinbußen von 10 bis 20 % führen.
Der Anbauteil wurde von Florian Hageneder mit der Vorstellung der Ergebnisse des LWG-Sortenversuches Einlegegurken abgeschlossen. Über die gesamte Saison konnte zur Beerntung des Versuches eine von der LWG in Auftrag gegebene mobile Sortierung genutzt werden. Diese wurde nötig, da das Versuchsdesign nach berechtigter Kritik geändert wurde. Beispielsweise wurde die Parzellengröße verdoppelt und die damit steigende Erntemenge erforderte eine Sortierung und Ertragserfassung direkt auf dem Feld, da ein händischer Transport zum Wiegeplatz unmöglich wurde. In der Saison 2023 wurden 6 Sorten im Exaktversuch sowie 10 Sorten im Schauversuch geprüft. Weiterhin wurden die Sorten in ihrem Verhalten bei einer Pflanzenschutzreduzierung getestet. Pflanzenschutzreduzierung bedeutete, dass in einer Wiederholung 4 Behandlungen von insgesamt 9 gegen Falschen Mehltau weggelassen wurden.

In der Mittagspause hatten die Besucher die Möglichkeit, die 6 Sorten im Eigenversuch im Rahmen einer Konsumentenverkostung selbst zu prüfen. Dies wurde dankenswerterweise von Jonas Esterl von der Firma Develey organisiert.

Am Nachmittag ging es zuerst um das Thema Wasser. Wetterextreme stellen den Gemüsebau vor neuen Herausforderungen. Parssa Razavi von der Firma irriport GmbH aus Ingelheim am Rhein referierte zu möglichen Konzepten für einen zukünftig effizienteren Umgang mit der knappen Ressource Wasser im Industriegemüsebau. Ziel sollte eine nachhaltige und kontinuierliche Wasserversorgung im Gemüsebau im Zeichen von Dürren, und damit verbunden einem steigenden Bewässerungsbedarfes, sein. Umgekehrt nehmen Starkregenereignisse zu. Alles beginnt mit einer Besandesaufnahme, so Razavi. Was steht mir an Wasser zur Verfügung? Im nächsten Schritt muss das Wasser an die Kultur gebracht werden. Das optimale Bewässerungssystem muss dazu fallbezogen gefunden werden.

Louis Baumann von der LWG stellte in seinem Vortrag Nutzwasser als alternative Wasserressource vor. Die LWG ist Verbundpartner im Forschungs- und Innovationsprojekt "Nutzwasserbereitstellung und Planungsoptionen für die urbane und landwirtschaftliche Bewässerung". Ziel des Projektes ist die zusätzliche Nutzung von Wasserressourcen, welche im Rahmen einer traditionellen Wasserwirtschaft möglichst schnell aus einer Region entwässert werden. Dazu gehört beispielsweise auch das Ablaufwasser kommunaler Kläranlagen. Zu diesem wurde in einem Pilotprojekt in Schweinfurt Nutzwasser aus einer Kläranlage aufbereitet und dieses für einen Gewächshausversuch und im Freilandgemüsebau genutzt. Ziel war eine bessere Einordnung der Nutzwasserqualitäten auf mögliche Effekte oder eventuell hygienisch chemische Beeinträchtigungen.

Abgeschlossen wurde der Tag durch einen Vortragsblock zum Thema Markt. Eingeleitet wurde dieser Teil von Anastasia Hermann vom Zentrum für Betriebswirtschaft im Gartenbau e. V. von der Universität Hohenheim. Die Daten des Betriebsvergleiches Gartenbau beruhen auf ausgewerteten 700 betrieblichen Jahresabschlüssen. Die Ergebnisse der Auswertung der Jahresabschlüsse bieten Aufschlüsse, wie sich die geänderten Rahmenbedingungen wie Mindestlohnerhöhung, steigende Betriebsmittelpreise auf die Wettbewerbsfähigkeit des Deutschen Gemüsebaues auswirken und welche Anpassungsstrategien nötig sind. Der deutsche Gemüsebau ist in der EU wettbewerbsfähig und die Betriebe arbeiten rentabel, so Hermann.

Andreas Herr, fachlicher Ansprechpartner für die Kultur Einlegegurken innerhalb des Unternehmens Nunhems, ist unter anderen verantwortlich für die globale Sortenentwicklung und das Sortenbranding im Unternehmen. Andreas Herr ging in seinem Vortrag auf aktuelle Entwicklungen im Anbau ein. In Deutschland ist die Anbaufläche von fast 3000 ha im Jahr 2002 auf 1600 ha im Jahr 2022 zurückgegangen. Die in Deutschland verarbeitete Produktionsmenge ist aber mit circa 270.000 t gleichgeblieben. Rohware wurde deshalb verstärkt aus Tschechien, dem Balkan, aus Polen und insbesondere der Türkei eingeführt. Ein neuer Player ist Indien. Deutschland verliert seine Position in den Bereich der kleinen Sortierungen, während bei den größeren Sortierungen Deutschland nach wie vor aufgrund der Transportkosten wettbewerbsfähig geblieben ist. Christof Freitag, Geschäftsführer des Bundesverbandes der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie e. V. (BOGK) aus Bonn stellte die Sicht der Industrie insbesondere auf den Sauerkonservenmarkt dar. Die Einkaufsmengen des Lebensmitteleinzelhandel sind mit circa 160.000 t in den letzten Jahren stabil geblieben. Freitag verweist auf die Tatsache, dass die Preissteigerungen sich hauptsächlich im Bereich des Lebensmitteleinzelhandel abgespielt haben.

Damit endete ein informativer Tag und die Gastgeber hoffen auf eine erfolgreiche Anbausaison 2024 und ein Wiedersehen zum Industriegemüsebautag 2025 im kommenden Januar.