Erfahrungsbericht
'Aprimira', die "Aprikosenmirabelle"

Reife Früchte mit rot gefärbt auf orange-gelben Grund und Laubblättern hängen am Ast.

Die Bezeichnung "Aprikosenmirabelle" lässt vermuten, dass es sich bei der Mirabellensorte 'Aprimira' um eine Kreuzung aus Aprikose und Mirabelle handelt. Dem kann aus verschiedenen Gründen eindeutig widersprochen werden. Aus Informationen der Forschungsanstalt Geisenheim sowie der Sortenbeschreibung geht hervor, dass es sich um einen Zufallssämling der Muttersorte 'Mirabelle von Herrenhausen' handelt.

Da Aprikosen sehr früh und Mirabellen deutlich später blühen, kann diese Kombination in der Natur ohne Züchtereinfluss nicht entstehen. Aufgrund der Fruchteigenschaften kommt eine Zwetschge/Pflaume als Pollenspender in Betracht. 'Aprimira' blüht zeitgleich mit vielen Pflaumen/Zwetschgensorten, deutlich später als Aprikosen und auch vor "reinen" Mirabellensorten wie z. B. 'Nancy'. Bezüglich Frucht- und Blattcharakteristik sowie Baumhabitus gehört 'Aprimira' zum Formenkreis Pflaume/ Zwetschge inklusive Mirabelle. Es handelt sich also um eine köstliche, zwetschgenähnliche Mirabelle. Das feine Aroma, das jedoch nicht einer Aprikose entspricht, mag die Ursache gewesen sein, dass eine Zusatzbezeichung gewählt wurde, welche die Besonderheit dieser Sorte ausdrücken soll, denn Mirabellen werden in Deutschland nur noch wenig – außer in Liebhaberkreisen – verzehrt, verwertet und somit auch angebaut.

Erfahrungen der LWG Veitshöchheim

2008 wurden im Versuchsbetrieb Thüngersheim der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) einige Versuchsbäume 'Aprimira' auf der Unterlage Wavit im Abstand 4 m x 3 m gepflanzt und wie Zwetschgen/Pflaumen als Spindel erzogen. Die Bäume auf Wavit verzweigen gut und sind wüchsig. Die selbstfruchtbare 'Aprimira' blüht an ein- und mehrjährigen Holz bereits sehr frühzeitig, etwa mit oder sogar noch kurz vor 'Presenta', 'Katinka', 'Herman' und deutlich (drei bis sieben Tage) vor den anderen Mirabellensorten und der Hauszwetschge. Die sehr frühe Blüte stellt ein gewisses Risiko dar. Standorte, die stärker frostgefährdet sind, sind zu meiden. Bezüglich Schaderreger inklusive Fruchtmonilia zeigt sich 'Aprimira' nicht auffällig. Scharkabefall liegt im Gelände normalerweise nicht vor. Infektionen erfolgen gegebenenfalls durch eingeschlepptes Jungpflanzenmaterial aus anderen Gebieten, sodass auch vorhandene Bäume angesteckt werden können. 'Aprimira' war in diesen achten Standjahren davon nicht betroffen.

Köstliche Frucht mit ansprechender Optik

'Aprimira' punktet durch innere und äußere Qualität. Im Vergleich zur oft nur grünlich-gelben kirschgroßen 'Nancy' präsentiert sich 'Aprimira' je nach Reife gelb bis orange mit Sonnenseite rosa-violett überzogenen Bäckchen. Licht erzogene Bäume können „Pink-Lady”-ähnliche Mirabellen liefern.

Die länglich-ovale Form ähnelt einer kleineren Hauszwetschge. Der längliche, platte Stein löst gut aus dem festen, gelborangen, honigsüßen Fleisch, das durch feines Aroma als wohlschmeckend eingestuft werden kann. Geschmack wie auch Zuckergehalt variieren wie bei anderen Zwetschgen- und Mirabellensorten je nach Behang und Reifestadium. Das Erntefenster der hangstabilen Früchte erstreckt sich in Franken von Mitte August bis Anfang September. Somit reifen sie ähnlich wie 'Mirabelle von Nancy' und etwa 10 bis 14 Tage vor der Hauszwetschge. Zum Ende werden bei voller Reife Zuckergehalte von 100 bis hin zu 125 Grad Oechsle (28 bis 30 Grad Brix) erreicht. Mit im Durchschnitt 26 bis 30 Gramm und 30 bis 34 Millimeter ist 'Aprimira' fast doppelt so groß bzw. so schwer wie 'Mirabelle von Nancy', die oft nur 22 bis 26 Millimeter und 10 bis 14 Gramm erreicht. In behangschwächeren Jahren erreicht 'Aprimira' auch 36 bis 38 Millimeter und bis 35 Gramm. Somit steigt bei der Handernte die Ernteleistung im Vergleich zu 'Nancy' deutlich an. Die Ernte kann in zwei Pflückgängen bewerkstelligt werden. Die Erträge von 'Aprimira setzen früh im zweiten Standjahr ein, schwanken mit einer leichten-mittleren Alternanz weniger stark als diejenigen von 'Nancy'. Boniturwerte des Behangs von vier (knapp mittelstark) bis hin zu sieben (hoch; in 2015 zum Teil bis neun (sehr hoch)) entsprechen Erträgen von sechs bis acht Kilogramm bis hin zu 20 bis 23 Kilogramm pro Baum z. B. im fünften Standjahr. 2015 werden etwa 30 Kilogramm pro Baum erwartet. Um die Qualität zu sichern, ist bei starker Blüte eine Blütenausdünnung erforderlich.

Reife Früchte mit rot gefärbt auf orange-gelben Grund und Laubblättern hängen am Ast.

'Aprimira'

Viele Früchte mit rot gefärbt auf orange-gelben Grund und Laubblättern hängen am Ast.

'Aprimira' im fünften Laub

Früchte mit rot gefärbt auf orange-gelben Grund hängen dicht am Ast mit Laubblättern.

Behang und Qualität stimmen

Früchte mit rot gefärbt auf orange-gelben Grund liegen dicht nebeneinander auf einem Tuch.

'Aprimira', die „Pink-Lady” der Mirabellen

Gelbschaligen Früchte mit rosa-violette Bäckchen und Laubblättern hängen am Ast.

erste Pflücke

Neben Tafelfrucht lässt sich 'Aprimira' wie die anderen Mirabellensorten verwenden: Kompott, Kuchenbelag, Fruchtaufstriche (pur oder in Mischung mit Aprikosen) und zum Brennen. Der hohe Zuckergehalt und der köstliche Geschmack ergeben einen feinen Brand.

Zu beachten ist, dass unter „Aprikosenmirabelle“ ein zweiten verwandter Typ – vor allem in Liebhaberkreisen und zum Teil im Versandhandel - im Umlauf ist, der von dem hier beschriebenen Original abweicht. Diese „falsche Aprikosenmirabelle“ soll etwas rundlicher, weniger gut und ohne typische Bäckchen gefärbt sein und auch in Geschmack sowie Aroma abfallen. Baumschulen und Reisermuttergärten haben nach Bekanntwerden dieses Sachverhaltes reagiert und das Original in der Vermehrung berücksichtigt. Um späteren Enttäuschungen vorzubeugen, sollte sicherheitshalber bei Baumbestellungen nachgefragt werden.