Gemeinschaftsversuch
Sortenprüfung Holunder an fünf verschiedenen Standorten

Die Abbildung zeigt den Holunder Bundesversuch am Standort Veitshöchheim(2007, 4. Laub)

Im Rahmen der obstbaulichen Leistungsprüfung wurde ein Gemeinschaftsversuch zur Prüfung von 10 Holundersorten an 5 gartenbaulichen Versuchsanstalten im Herbst 2003 angelegt und nach 10 Prüfjahren mit der Ernte 2013 abgeschlossen. Nicht alle der beteiligten Standorte Erfurt, Ahrweiler, Kassel, Veitshöchheim und Marquardt (Bundessortenamt) konnten die Prüfung über 10 Jahre erhalten. Daher wurden auch Ergebnisse vom Standort Gülzow (Mecklenburg-Vorpommern / Dr. Höhne), wo nicht alle Kombinationen aufgepflanzt waren, mit berücksichtigt. Die Koordination und Auswertung des gemeinsamen Sortenversuches, der primär für die erwerbsobstbaulichen Belange ausgerichtet war, übernahm Frau Möhler (LVG Erfurt). Dafür und v.a. auch für den Endbericht, der in "OBSTBAU" Nr. 10/2014 publiziert wurde und aus dem wir diese Zusammenfassung erstellen durften, bedanken wir uns bei Frau Möhler ganz herzlich ebenso wie bei allen beteiligten Versuchsanstellern für die Mitarbeit und Datenerfassung.

Versuchsfragen und Versuchsaufbau

Für die obstbauliche Leistungsprüfung von Holundersorten sind Fragen der Ertragsfähigkeit, Fruchtqualität (äußere Merkmale wie Dolden- und Beerengröße; sowie Inhaltsstoffe wie Zucker-, Farbstoff-, Säuregehalte für die Verarbeitung der Beeren), Anfälligkeit gegen Schaderreger, Reifezeiten (z.B. wegen Koordinierung der Ernte mit Kernobst, Zwetschgen, Beerenobst) von höchster Priorität.

Dazu wurden die damals zur Verfügung stehenden Sorten 'Haschberg' (Hauptsorte; Standard sowie eine Auslese der Baumschule Gräb), die dänischen Züchtungen 'Samyl', 'Samdal', 'Sampo', die ostdeutsche 'Mammut' und die "Haidegg"-Klone 13, 14, 17 und 25 in den Sortenvergleich einbezogen. Die gewünschte österreichische Sorte 'Rubin' konnte aus lizenzrechtlichen Gründen nicht einbezogen werden.

Das Vermehrungsmaterial wurde auf wirtschaftlich wichtige Viren untersucht, Jungpflanzen von der Baumschule Gräb (Kettig) für alle Standorte angezogen und die Sorten im Herbst 2003 in 2 Wiederholungen je 3 Bäumen im Abstand 4,5 m x 3,0 m gepflanzt. Die Erziehung erfolgte zu eintriebigen Stämmchen; Pflanzenschutz mit den im Erwerbsobstbau für Holunder zugelassenen Mitteln und an den Standorten Marquardt, Veitshöchheim und Gülzow eine Zusatzbewässerung in Trockenphasen der Saison.

Reifezeit und Fruchtqualität

Erträge:

Die Graphik zeigt die summierten Baumerträge der Jahre 2005 bis 2009 in KilogrammZoombild vorhanden

Summierte Baumerträge der Jahre 2005 bis 2009 in kg

Da Holunder einen humus-nährstoffreichen Boden und gute Wasserversorgung (sprich: fruchtbaren Boden) benötigt, sind Wuchsstärke, Anzahl und Entwicklung von einjährigen Neutrieben und daraus folglich Erträge auf leichten, sandigen, humusarmen Standorten reduziert.
Am Beispiel Marquardt bzw. Veitshöchheim zeigte sich, dass dieses Defizit durch Tropfbewässerung nicht bzw. nur teilweise ausgeglichen werden konnte. 'Haschberg' (Standard; Herkunft Österreich) verzeichnete in 5 Ertragsjahren (2005 – 2009) im Durchschnitt aller Standorte die höchsten Erträge (220 kg/Baum ≙ Ø 44 kg/Jahr).
Auf fast ähnlich hohem Niveau lagen 3 der 4 "Haidegg"-Klone (außer Klon 14) und die 'Haschberg'-Herkunft der Baumschule Gräb. Die dänischen Sorten fielen etwas ab, während 'Mammut' gar nur die Hälfte trug.

Auch in den weiteren Prüfjahren, wo nur noch Erfurt, Ahrweiler und Veitshöchheim Daten liefern konnten, änderte sich im Ertragsverhalten der Sorten untereinander nur noch wenig. Die ganz hohen Erträge der Anfangsjahre wurden nicht mehr erreicht.

Erntetermine:

Die Haupternte (1. Pflücke) von 'Haschberg' an den verschiedenen Sorten beläuft sich in einem Normaljahr häufig von Anfang – Mitte September (mittelspät). Die der 3 dänischen Züchtungen mit Anfang – Mitte August deutlich davor: früh – sehr früh ('Sampo'). Die "Haidegg"-Klone 13 und 14 reifen meist ab Ende August etwa 10 – 14 Tage vor 'Haschberg', die Nummern 17 und 25 eher mit 'Haschberg'. 'Mammut' kann als mittelfrüh eingeordnet werden. Je nach Verwendungszweck, Witterungsverlauf und Schädlingsdruck ergibt sich ohnehin ein weites Erntefenster, ebenso durch die Nachblüher (diese meist 2 Wochen später).

Doldengewicht:

Die Kultursorten bilden im Gegensatz zu den Wildformen sehr große, rieselfeste, weitgehend einheitlich abreifende Dolden und vergleichsweise große Beeren aus. Dies ist für den Erwerbsanbau (Ernteleistung, Erntekosten) ein bedeutender Aspekt. Für den Hausgarten spielt zumindest die Doldengröße keine so wichtige Rolle.
Sehr große, schwere Dolden bilden die "Haidegg"-Klone 14 und 13 mit 238 bzw 209 g aus (z.B. Mittel der Standorte, 8. Standjahr). Damit lagen sie deutlich über 'Haschberg' (128 g). 'Samdal' und 'Haidegg 17' bzw. 25 rangieren zwischen 140 und 160 g, am schwächsten erwies sich 'Mammut' (110 g).

Für die Verarbeitung spielt neben dem Zucker- und Säuregehalt auch der Farbstoffwert eine große Rolle. Dieser hängt ab von den Faktoren "Sorte" und "einheitliche Abreife" der Dolden, denn un- oder knapp reife Beeren mindern die Inhaltstoffe, während überreife bereits abfallen oder eintrocknen. Es zeigte sich, dass warme Standorte die Farbwerte frühzeitiger und sicherer erreichen. Sehr hohe Farbstoffgehalte (Mindestmaß: 7,5 g/kg) verzeichneten 'Samyl' (12 bzw. 11 g) und 'Mammut' (10 bzw. 8 g). 'Sampo', 'Haidegg 14' und 25 (je um 7 g/kg) verfehlten die Mindestmengen, 'Haschberg' blieb mit 8 – 9 darüber.
Im Zuckergehalt, der ebenfalls stark vom Reifegrad beeinflusst wird, und in der Brenneignung überzeugten 'Haidegg 25', 17, 14, sowie 'Samdal', 'Mammut' und auch 'Haschberg'.

Wuchsstärke der Sorten:

Dabei ist weniger der Durchmesser des Stammes, sondern die Neutriebbildung entscheidend. Gewünscht sind jährlich 12 – 15 neue mittellange Triebe, die im Folgejahr fruchten. Zugleich sind die diesjährigen, möglichst hohen Erträge in guter Qualität zu sichern. Wüchsig sind 'Haidegg 25', 'Samdal', 'Mammut'; mittelstark die meisten anderen (u.a. 'Haschberg') Sorten mit Ausnahme von 'Haidegg 14'. Diese bildet zu wenig Neutriebe, holt diesen Nachteil durch große Dolden jedoch im Ertrag fast wieder auf.

Fazit und Empfehlungen

Auch wenn Standorteinflüsse sichtbar sind, können die einzelnen Sorten in ihrer Verwendung im Erwerbsobstbau zugeordnet werden.

Die (sehr) früh reifende, mild schmeckende und bezüglich Krankheiten relativ robuste 'Sampo' eignet sich gut für Säfte (pur oder in Mischung mit anderen Beeren/Äpfeln). Trotz hoher Farbwerte kann 'Samyl' nicht empfohlen werden (anfällig für Colletotrichum). Allroundsorte mit in allen Aspekten guten bis zufriedenstellenden Ergebnissen ist 'Haschberg'. In diesem Vergleich bestätigte sich diese Hauptsorte an allen Standorten. Darüber ist 'Haschberg' in der Baumschule gut vermehrbar. Wenn im Erwerbsanbau eine frühere als 'Haschberg' reifende Sorte benötigt wird, kann auch 'Haidegg 13' angeraten werden. Dieser Klon mit großen Dolden ist zudem gut für die Blütenernte prädestiniert. Allerdings sind dessen Beeren bei extremen Witterungsumschwüngen (von bewölkt/kühl zu heiß) empfindlicher für Sonnenbrand als andere Sorten.

Im Erwerbsanbau sollte zur besseren, sicheren Befruchtung eine 2. Sorte mit eingeplant werden. Neben Blattläusen (rechtzeitig vor der Blüte!) sind zum Austrieb und im Sommer diverse Milbenarten zu bekämpfen.

Leider stellt die Kirschessigfliege eine große Gefahr dar und muss durch die derzeit befristet zugelassenen Mittel im Erwerbsanbau behandelt werden. Ob hier früh reifende Sorten bezüglich geringerer Befallsstärke im Vorteil sind, muss künftig abgeklärt werden.
Auch im Hausgarten gilt 'Haschberg' als erste Wahl für alle Formen der Verarbeitung. Für die im Haus- und Kleingarten zunehmend beliebten dunkellaubigen Sorten wie 'Black Lace' und 'Black Beauty' mit ihren prächtig pinkfarbenen Blütendolden steht der Zierwert im Vordergrund. Deren Inhaltsstoffe fallen grundsätzlich und zudem durch spätere Reife ungünstig aus, mögen sie auch vielen Hobbygärtnern als ausreichend gelten (zumindest bei Verarbeitung in Mischung mit anderen Obstarten).

Unabhängig der Sortenwahl müssen die Standortwünsche (humos, nährstoffreich, ausreichend feucht) berücksichtigt bzw. Defizite ergänzt werden. Dem Befall mit Läusen, Milben und Kirschessigfliegen (hier im Haus- und Kleingarten-Bereich jedoch keine Mittel zugelassen) ist rechtzeitig zu entgegnen.

Wie bei vielen anderen Obstarten gilt auch hier: die perfekte Sorte, die in allen Eigenschaften voll überzeugt, konnte auch in diesem Vergleich nicht gefunden werden.

Holunder 'Haschberg'

'Haschberg'

Holunder 'Samdal'

'Samdal'

Holunder 'Haidegg'

'Haidegg'

Holunderstämmchen (10-jährige Anlage)

Versuchsanlage

Holunder (links Wildform, rechts 'Haschberg'; Qualitätsvergleich wilde Herkunft und Kultursorten)

Qualitätsvergleich wilde Herkunft/Kultursorten