Tier des Monats (Juni)
Marienkäfer – gefräßiges Glückssymbol

Ein 7-Punkt-Marienkäfer sitzt auf einer Kartoffelpflanze

Vielgestaltige Familie

Die Marienkäfer sind keine einzelne Art, sondern eine große Käferfamilie mit den zungenbrecherischen wissenschaftlichen Namen Coccinellidae. 70 Arten kommen in Deutschland vor, weltweit sogar ca. 4.500. Die Namensgebung der Marienkäferarten folgt in Deutschland meist der Punktanzahl auf ihrem Rücken. So gibt es den Zweipunkt-Marienkäfer, den Vierpunkt-Marienkäfer und sogar den Zweiundzwanzigpunkt-Marienkäfer. Übrigens: die Anzahl der Flügeldecken-Punkte ist genetisch festgelegt. Das Alter der Käfer lässt sich damit nicht bestimmen!
Bei manchen Individuen erscheint die Punktzeichnung auf den Flügeldecken nicht. Ebenso variabel ist die Farbe der Flügeldecken – von rot, gelb, orange oder schwarz ist alles innerhalb der vielgestaltigen Familie möglich.
Am bekanntesten (und häufigsten) ist der Siebenpunkt-Marienkäfer (Coccinella septempunctata), der das „klassische“ Glückssymbol verkörpert.

Geschenke der Jungfrau Maria

Der Name „Marien“käfer weist auf die heilige Namensgeberin hin. Dem alten Volksglauben nach wurden die Käfer von der Jungfrau Maria persönlich zu den Landwirten gesandt, um bei der Schädlingsbekämpfung zu helfen. Auch ihre weiteren volkstümlichen Namen „Himmelsziege“, Sonnenkälbchen oder Sommervögelchen machen auf ihren himmlischen Bezug aufmerksam. Der allgemeine Wohlwolle diesen Käfern gegenüber ist auf ihren ungeheuren Appetit auf Blattläuse zurückzuführen. Über 100 Blattläuse vertilgt ein einziger erwachsener Käfer täglich und auch die Nachkommen stehen den Adulten da nicht nach: nach Schlupf aus dem Ei bis zur Verpuppung landen ca. 600 Blattläuse zwischen den kräftigen Mundwerkzeugen einer Marienkäferlarve. Aufgrund dieser hohen Beutezahl tragen die Larven den Beinamen „Blattlauslöwen“. Da ein Marienkäferweibchen bis zu 600 Eier legt, futtern die Nachkommen eines einzigen Marienkäfers rund 100.000 Blattläuse während des Sommers.

Die nicht ganz so wählerische Verwandtschaft

Seit Beginn des Jahrtausends macht die asiatische Verwandtschaft von sich reden. Da der Harlekin-Marienkäfer (Harmonia axyridis) einen noch größeren Appetit auf Blattläuse hat (er verzehrt bis zu 200 Blattläuse pro Tag) wurde der Käfer zur biologischen Schädlingsbekämpfung in amerikanischen und europäischen Treibhäusern eingesetzt. Von dort war es nur ein kurzer Flug in die freie Wildbahn. Leider stürzt sich der Harlekin-Marienkäfer nicht nur auf Blattläuse, sondern frisst auch Eier und Raupen von Schmetterlingen, Gallmücken und anderen Marienkäferarten. Da er eine höhere Vermehrungsrate (bis zu 5 Generationen pro Jahr) aufweist, wie unsere heimischen Marienkäfer (2 Generationen pro Jahr) ist der Harlekin-Marienkäfer in vielen Gebieten mittlerweile die häufigste Marienkäferart.
Die starke Konkurrenzkraft des Harlekin liegt teilweise in seiner Hämolymphe (so wird das Blut bei Insekten genannt). Dank der darin enthaltenden Substanz Harmonin wirkt die Hämolymphe stark antimikrobiell, was den Käfer weniger anfällig für Krankheiten macht. Dieser Wirkstoff wurde in Laborversuche sehr erfolgreich gegen Tuberkulose- und Malaria-Erreger eingesetzt. Ob man daraus ein Medikament gegen die beiden gefährlichen Krankheiten entwickeln kann, wird derzeit weiter untersucht.

Marienkäfer als Gefahr für den Wein?

Die Hämolymphe der Marienkäfer enthalten Bitterstoffe. Gerät ein Marienkäfer in Gefahr, sondert er aus bestimmten Drüsen an den Beinen mit Bitterstoffen angereicherte Hämolymphe ab („Reflexbluten“), was den meisten Fraßfeinden nicht „schmeckt“ – der Käfer wird verschmäht. Während der Traubenreife halten sich Marienkäfer gerne in den Weinbergen auf. Geraten bei der Weinlese viele dieser Tiere mit in das Lesegut und werden anschließend mitgekeltert kann durch die bittere Hämolymphe der Käfer Fehltöne im Wein entstehen. Hauptverantwortlich für den sogenannten Marienkäferton ist die Substanz 2-Isopropyl-3-Methoxypyrazin (IPMP). Es müssen jedoch schon besonders viele Käfer mitgelesen werden. Nach Untersuchungen des Julius-Kühn-Institut lag die geschmacklich erkennbare Schwelle im Wein bei vier bis fünf Käfern pro Kilogramm bei der Rebsorte Riesling.