Teilergebnis Rebzikadenprojekt
Populationsdynamik der Grünen Rebzikade und anatgonistischer Mymariden

Um das Zusammenspiel von Grüner Rebzikade Empoasca vitis (auch: Hebata vitis) und ihren Gegenspielern den antagonistischen Zwergwespen (Mymariden) zu verstehen, wurde ihre Bestandsentwicklung im Jahreslauf in und außerhalb von Weinbergen untersucht.

Methodik

Zur Erhebung der Epidemiologie der Rebzikade und ihrer eiparasitierenden Antagonisten wurde während der Vegetationsperiode ein dichtes Netz von jeweils 30 bis 35 Gelbtafeln pro Fläche in den drei Untersuchungsflächen ausgehängt, die im wöchentlichen Turnus gewechselt und auswertet wurden. Mitte September wurden an jeweils 175 Blättern Blattschadensbonituren erhoben.

Populationsdynamik der Rebzikade und Mymariden

Unabhängig davon, ob Insektizide gegen Traubenwickler eingesetzt werden oder nicht, zeigte sich der für Franken typische Verlauf: Während der Austriebsphase der Rebe fliegen die Rebzikaden in die Rebflächen ein und beginnen mit der Eiablage. Mit Beginn der Blüte treten die ersten Zikadenlarven und sechs bis acht Wochen nach der Einflugphase die ersten Adulttiere der nächsten Generation auf. Diese Generation ist allgemein sehr schwach ausgeprägt und verlässt die Rebflächen größtenteils nach der Häutung zum Adulttier. Eine zweite Generation ist nicht zu beobachten.
Parallel dazu verläuft die Populationsdynamik der antagonistischen Mymariden: Mit den Rebzikaden fliegen auch die Zwergwespenweibchen ein, um die Rebzikadeneier zu parasitieren. Sechs Wochen später schlüpft die neue Generation und verlässt ebenfalls die Rebflächen, da keine weiteren Rebzikadeneier zur Parasitierung zur Verfügung stehen.

In der Vergleichsfläche in Hausen zeigt sich dagegen der für die meisten deutschen Weinbaugebiete typische Verlauf mit einer ausgeprägten 1. (~ KW 27) und 2. Generation (~ KW 31). Das Verhältnis der geschlüpften Mymariden zu Rebzikaden während des Peaks der neuen Generation ist in den fränkischen Flächen in beiden Untersuchungsjahren deutlich besser als in der Heilbronner Vergleichsfläche.
Tabelle: Verhältnis Mymariden : Rebzikaden während des Schlupfpeaks der neuen Generation (Zahlen gerundet) in und außerhalb Frankens
Versuchsflächen200220032004
Sulzfeld1 : 91 : 51 : 1
Dorfprozelten1 : 41 : 61 : 2
Hausen / Heilbronn 1.Gen. -1 : 411 : 24
Hausen / Heilbronn 2.Gen. -1 : 571 : 7

Diskussion

Anders als in den übrigen deutschen Weinbaugebieten trat in den fränkischen Untersuchungsflächen selbst im Jahre 2003 unter überaus günstigen Witterungsverhältnissen nur eine Rebzikadengeneration auf; diese Generation war, wie auch in den Jahren zuvor (Böll & Herrmann 2004), nur schwach ausgeprägt. In der Vergleichsfläche bei Heilbronn dagegen waren wie in anderen deutschen Weinbaugebieten (Louis & Schirra 1997, Schruft & Wegner-Kiß 1999) zwei Generationen zu beobachten. Im Jahre 2003 waren beide Generationen stark ausgeprägt; während des Peaks der ersten Generation wurde auf einem Drittel der ausgehängten Gelbtafeln die Schadschwelle von 400 Rebzikaden pro Gelbtafel überschritten.
Dies spiegelte sich in den Blattschadensbonituren wider, wo in der Hausener Fläche 2003 an 2/3 der Blätter deutliche Schadsymptome auftraten, während in den fränkischen Rebflächen so gut wie keine Symptome zu verzeichnen waren. 2004, ein Jahr, in dem in sämtlichen deutschen Weinbaugebieten kaum Rebzikaden auftraten, waren die Unterschiede entsprechend geringer ausgeprägt.

Bei genauerer Betrachtung zeigte sich, dass in den fränkischen Flächen in allen Untersuchungsjahren das Verhältnis der Mymariden zu Rebzikaden zum Schlupfhöhepunkt der 1. Generation sehr hoch war und um eine Zehnerpotenz höher lag als in der Vergleichsfläche bei Heilbronn. Auch in einer schweizer Untersuchung waren die relativen Mymaridendichten, die von 1 zu 15 bis 1 zu 114 Mymariden zu Rebzikaden rangierten, deutlich niedriger (Remund & Boller 1995).

Bezieht man die langjährigen Daten aus den fränkischen Monitoringflächen mit ein (Böll & Herrmann 2004), so ergibt sich ein überraschend klares Bild: Unabhängig davon, ob in den einzelnen Jahren ein teilweise sehr hoher oder niedriger Zikadeneinflug im Frühjahr erfolgte, war die erste Zikadengeneration in allen fränkischen Monitoringflächen schwach ausgeprägt und das Verhältnis Mymariden zu Rebzikaden zum Schlupfhöhepunkt der 1. Generation sehr hoch. Es lag mit einer Ausnahme konstant bei 1 zu 1-10 Mymariden zu Rebzikaden, ein deutlicher Hinweis, dass die Zwergwespen bei der Unterdrückung der zweiten Generation eine wesentliche Rolle spielen.

Hierbei haben Hecken eine herausragende Bedeutung, da sie den Mymariden bevorzugt als Winterquartier (Böll & Schwappach 2003a) und ganzjähriger Lebensraum dienen, wie die hohen Fangzahlen aus Sulzfeld eindrucksvoll belegen. Wie sich zeigte, ist die Heckenrose die mit Abstand wichtigste Gehölzpflanze, die noch deutlicher als in einer schweizer Untersuchung (Remund & Boller 1996) gegenüber anderen Gehölzarten die 2-3-fache Mymaridendichte aufwies. Eine Gassenbegrünung hatte dagegen keinen fördernden Einfluss auf die Mymariden, wie in der Schweiz anhand reduzierter Rebzikadenzahlen in begrünten Flächen vermutet wurde (Remund & Boller 1995).
Tabelle: Verhältnis Mymariden : Rebzikaden während des Schlupfpeaks der neuen Generation (Zahlen gerundet) in den fränkischen Monitoringflächen
Monitoringflächen1998199920002001200220032004
Veitshöchheim1 : 41 : 31 : 21 : 11 : 31 : 51 : 1
Sulzfeld1 : 21 : 41 : 1 1 : 11 : 91 : 91 : 9
Rödelsee1 : 181 : 31 : 41 : 2 1 : 41 : 31 : 4
Traustadt/Altmannsdorf1 : 51 : 21 : 11 : 3 1 : 11 : 21 : 3

Weitere Informationen und Literaturliste auf der Projektseite:

Die Grüne Rebzikade Empoasca vitis und ihre biologische Bekämpfung