Forschungsbericht
Miscanthus als Nachwachsender Rohstoff

Miscanthus Abschlussbericht Titelseite

Ergebnisse aus 20-jähriger Forschungsarbeit

Die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, Abteilung Landespflege (LWG) hat sich intensiv mit der als nachwachsendem Rohstoff bekannten C4-Pflanze der Gattung Miscanthus befasst. Gemeinsame Forschungsprojekte wurden mit der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), in einem EG-Versuchsprojekt mit der Fa. TINPLANT Biotechnik und Pflanzenvermehrung GmbH sowie mit dem Technologie- und Förderzentrum im bayerischen Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TFZ) durchgeführt.

2008, 37 Seiten (Kurzfassung)

Produktivität und Standorteignung

In einem Langzeitversuch erzielte Miscanthus x giganteus an einem leistungsstarken Standort (Bodenzahl 65) im 12. Anbaujahr einen vorläufigen Maximalertrag von 28 t Trockengewicht/ha, völlig ohne Düngung. Im vierten Standjahr wurden 20 t/ha erstmals überschritten. Auf leistungsschwachen Böden werden Erträge von kaum um 10 t/ha erreicht. Die höchsten Erträge lassen sich auf gut durchlüfteten Böden mit hoher Bodenzahl erzielen. Mittel- und tiefgründige Braun- oder Parabraunerden mit hohem Humusanteil haben sich als besonders günstig erwiesen. Die Niederschlagssumme sollte in den Monaten April bis August 250 mm nicht unterschreiten und möglichst gleichmäßig verteilt sein. Eine hohe Wasserkapazität des Bodens wirkt sich ebenso förderlich aus, wie eine lange Vegetationszeit und hohe Durchschnittstemperaturen während der Vegetationsperiode. Exponierte Lagen mit der Gefahr von starken Frösten führen zu hohen Ausfällen und damit geringen Erträgen, vor allem dann, wenn eine schützende Schneedecke fehlt. Frühfröste können sich ebenso negativ auswirken, wie häufige Wechsel von Frost-/Tauperioden und Staunässe im Winter. Als kritische Temperatur für die Rhizome wurde eine Temperatur unter -5°C ermittelt. Jungpflanzen sind aufgrund des späten Abschlusses besonders gefährdet.
Das stärkste Wachstum zeigen die Pflanzen in den Monaten Mai bis Juli. Hier herrscht auch der höchste Nährstoffbedarf. Reservestoffeinlagerungen in die Rhizome finden im Herbst statt. Ein entscheidender Faktor für das Wachstum ist jedoch die Wasserverfügbarkeit während der Hauptwachstumsphase, weshalb auch auf einem nährstoffarmen Boden kein eindeutiger Düngeeffekt nachgewiesen werden konnte. Die Notwendigkeit einer Düngergabe hängt primär vom Standort ab. Bei gutem N-Nachlieferungsvermögen oder geringer Wasserverfügbarkeit ist eine Düngung nicht angezeigt. Lediglich bei ausreichender Wasserversorgung und geringem Nachlieferungsvermögen sollte je Hektar mit max. 5 bis 8 kg N bzw. K pro Tonne geernteter Trockenmasse gedüngt werden, um den Nährstoffentzug auszugleichen. Dies entspricht 0,5 g bis 0,8 g N bzw. K je m2 und Tonne Trockenmasse.

Sortenwahl

In mehreren Versuchsreihen selektierte die LWG neue Sorten mit hervorragenden Überwinterungsraten bis zu 100 %. Diese zeigten hohe Ertragsleistungen bis zu knapp 24 t Trockengewicht/ha schon nach dem vierten Standjahr. In einem Sortenvergleich mit sieben verschiedenen bekannten Miscanthus-Sorten erwies sich Miscanthus x giganteus als die ertragsstärkste Sorte.

Bestandsgründung und Pflege

Die Aufpflanzung erfolgt nach den letzten Spätfrösten Mitte Mai oder im Spätherbst nach Vegetationsabschluss auf tief gelockerten Böden. Verwendet werden können Pflanzmaschinen aus dem Gemüsebau oder Forst (z. B. Kohlpflanzmaschine). Eine Pflanzdichte von einer Pflanze pro m2 ist empfehlenswert. Eine Unkrautbekämpfung ist lediglich in den ersten zwei bis drei Jahren erforderlich. Der Einsatz von Round up ist im Frühjahr bis spätestens vor dem Austrieb der jungen Triebe möglich. Eine mechani­sche Unkrautbekämpfung kann erfolgreich mit Hackstriegel und Hackgerät durchgeführt werden. Eine nach der Pflanzung aufgebrachte Mulchschicht aus Miscanthushäcksel reduziert den Unkrautaufwuchs deutlich.

Pflanzgutgewinnung

In Zusammenarbeit mit der Fa. TINPLANT Biotechnik und Pflanzenvermehrung GmbH wurden in einem von der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe geförderten Projekt neue Miscanthus-Formen durch Kreuzungen getestet. Hohe Überwinterungsraten von 100 % und Erträge von rund 16 t Trockengewicht/ha schon nach dem dritten Wuchsjahr (inkl. Pflanzjahr) belegen, dass es sich bei der Anzucht von Jungpflanzen über Saatgut in Multi­topfpaletten um eine erfolgversprechende Methode zur Etablierung von leistungsstarken Miscanthusbeständen handelt. Mit Kosten in Höhe von ca. 0,18 € pro Pflanze ist dies im Vergleich zur Invitro- oder Rhizomvermehrung (ca. 0,35 € je Pflanze) auch deutlich kostengünstiger. Ziel einer weiteren Forschung sollte eine Direktaussaat auf der Fläche sein, was die Anbaukosten weiter reduzieren würde.
An exponierten Standorten kann die Verwendung ganzer Rhizome mit mehreren Knospen zur Reduktion der Winterausfallrate sinnvoll sein. Jedoch müssen bei der Berechnung der Rhizomstückkosten auch die Etablierungskosten für den Mutterbestand berücksichtigt werden sowie die Gefahr niedrigerer Anwachsraten. Die in der Literatur angegebenen Kosten pro Rhizom von zum Teil nur 0,10 € erscheinen uns daher als zu niedrig angesetzt.

Verwertungsformen

Aktuell am interessantesten erscheint die Verwertung als Mulchmaterial im Garten- oder Gemüsebau. In der Schweiz wird Häckselgut erfolgreich auch zur Tiereinstreu vermarktet. Zudem erachten wir die thermische Verwertung als große Chance. Miscanthusbestände können auch als Lebensraum für zahlreiche Tierarten dienen. Gerade in einer ausgeräumten Landschaft bieten sie wichtige Deckungsflächen und reduzieren gleichzeitig eine Wind- und Wassererosion.