Abschlussbericht
Bundesgemeinschaftsversuch - Unterlagen für Aprikosen

Reife Aprikosen und Laubblättern hängen am Ast.

Die Nachfrage nach heimisch erzeugten, vollreif mit ausgeprägtem Aroma geernteten Aprikosen nimmt zu. Der Anbau ließe sich ausweiten, wenn Ertrags- und Bestandssicherheit dieser heiklen Obstart verbessert werden könnte. Neben Sorteneinfluss, kulturtechnischen Maßnahmen (Weißeln der Stämme, Spindelerziehung, Schnitt nach der Ernte, neuerdings auch (permanenter) Überdachung), angepasster Düngung (Holzausreife!) „richtiger“ Standortwahl spielt auch die Unterlage eine wichtige, eigentlich entscheidende Rolle.

Daher beschloss der bundesweite Arbeitskreis "Obstbauliche Leistungsprüfungen" einen Gemeinschaftsversuch mit folgenden Unterlagen.

Die als Pflaumenunterlagen eingesetzten St. Julien A, Ute, Torinel und Wavit (diese in zwei Varianten: Veredlungshöhe 30 sowie 60 Zentimeter, um einen möglichen Einfluss der Veredlungshöhe mit abzuprüfen); die Hybridunterlagen Citation und Ferlenain. Außerdem Armstock (arteigene Prunus armeniaca – Selektion aus Müncheberg); Pfirsichunterlage Rubira sowie zwei Testunterlagen aus dem Prunus-Unterlagenzüchtungsprogramm der Technischen Universität München (TUM), die aufgrund einer Hypersensibilität resistent gegenüber dem Scharkavirus sind. Sie werden jedoch bei der Auswertung nicht berücksichtigt, da sie nicht zur Sortenreife geführt werden und nicht in den Handel gelangen, weil sich andere mit den hier verwendeten nicht identische Unterlagen aus dem genannten Züchtungsprogramm obstbaulich besser bewährt haben.

Prüfsorte an allen Standorten - 'Kioto' (als Beispiel für hohen Ertrag), an manchen Versuchsstationen zusätzlich 'Orangered' (wuchsstark, eher schwacher Ertrag). Die Baumschule Gräb in Kettig übernahm die gemeinsame Anzucht der Versuchsbäume, welche im Winter 2010/11 zur Pflanzung kamen (Abstand: 4 bis 4,5 Meter mal 2,5 Meter Spindelerziehung). Wenn auch je Versuchsstation nicht alle Kombinationen und pro Sorten-Unterlage-Variante nur sechs Bäume gepflanzt wurden, so gewährleisteten die acht Standorte eine Vielfalt an Klima- und Standorteinflüssen, um die Ergebnisse auf eine breitere Basis stellen zu können. Es beteiligten sich die Obstbau-Versuchsanstalten Erfurt, Oppenheim, Weinsberg, Quedlinburg, Müncheberg, Gülzow, Veitshöchheim und das Landratsamt Forchheim. An dieser Stelle gilt mein herzlicher Dank allen Kollegen für Datenerfassung, Bonituren und Bildmaterial. Eine Praxisanlage in Helmsdorf schied leider bereits im ersten Jahr aus durch sehr starke Hagelschäden mit Sekundärbefall Valsa.

Baumausfälle durch starke Winterfröste

Nachdem die Bäume – außer Helmsdorf - das erste Jahr gut überstanden hatten, führte die deutschlandweite, lang anhaltende starke Frostperiode ab Mitte Januar bis Mitte Februar 2012 (extreme Temperaturen der beteiligten ostdeutschen Standorte in Müncheberg und Güzow minus 22 bis minus 25 °C) zu erheblichen Baumausfällen – andererseits aber auch zu wichtigen Aussagen über die Frosthärte der geprüften Unterlagen. An diesen beiden Stationen überlebten nur Bäume auf den Unterlagen Wavit (sowohl „normal“ als auch in 60 Zentimeter Höhe veredelt) und Armstock. Die anderen Unterlagen starben dort durch Frost oder deren Folgen, z. B. sekundärem Befall mit pilzlichen Schaderregern ganz oder weitgehend ab. An den weiteren Versuchsstationen in Mittel- und Süddeutschland sind derartig massive Ausfälle nicht aufgetreten. Die Spätfolgen mehrerer Frostereignisse im Frühjahr 2013 (Mitte März 2013, z. B. Veitshöchheim minus 11 °C, Gülzow minus 18 °C) äußerten sich unter anderem in Gummifluss.

Die Ausfälle betrafen vor allem 'Kioto' – weniger 'Orangered', die jedoch auch nicht an allen Stationen und in allen Kombinationen vertreten war. An den Standorten Erfurt, Weinsberg und Oppenheim fielen bis 2014 zunächst noch wenige Bäume aus; in Quedlinburg, Weinsberg und Forchheim betraf es nur einzelne Kombinationen, diese zum Teil jedoch erheblich.

Ansonsten entwickelten sich die verbliebenen, als Spindel erzogenen Bäume positiv, begannen 2013 und 2014 (außer an Standorten mit Blütenfrösten) gut, in 2015 sehr hochzutragen. Die „Lücken“ nahmen jedoch während und nach der Saison 2015 deutlich zu. Diese sind in Verbindung mit dem zum Teil sehr hohen Anfangsertrag (gestresste Bäume), Nachwirkungen und Folgeschäden von Frostereignissen zu sehen, vor allem aber durch den visuellen oder latenten Befall mit der Phytoplasmose ESFY (European Stone Fruit Yellow).

Säulendiagramm mit Prozentanzahl der Baumausfälle von Standorten dargestellt.

Grafik 1: Standort

Säulendiagramm mit Prozentanzahl der Baumausfälle von Unterlagen dargestellt.

Grafik 2: Unterlagen

In Oppenheim wurden anschließend alle Bäume der Sorte 'Kioto' wegen ESFY-befall gerodet. Auf Grund der nicht an allen Standorten vorhandenen Kombinationen, verbunden mit deren geringen Baumzahlen, vor allem aber der hohen Ausfälle, konnte eine weitere gemeinsame Versuchsanstellung und Versuchsauswertung nicht mehr realisiert werden. An den bestandsbesten Standorten Erfurt und Quedlinburg wird dieser Vergleich weiter beobachtet. Allerdings nahmen auch hier die Ausfälle bis Mai 2017 zu; in Erfurt auf 33 Prozent. Folglich erhöhten sich auch die Gesamtschäden deutlich gegenüber dem Stand Ende 2015, vor allem bei St.Julien A, Rubira, Ferlenain, Armstock, Ute, Torinel.

Wurzelausläufer/Stockausschläge

Sind bei den meisten Unterlagen nicht oder sehr gering (Boniturnoten eins bis zwei) aufgetreten. Auffälliger sind Torinel und zum Teil Ferlenain – im Durchschnitt zwar noch gering bis mittel. An einzelnen Standorten (z. B. Erfurt) sind sie durchaus höher einzuordnen und dabei mit 'Kioto' etwas stärker als mit 'Orangered'.

Wuchsstärke der Unterlagen

'Orangered', welche stärker als 'Kioto' wächst, liefert in Kombination mit Wavit (hochveredelt), Armstock, Torinel und St.Julien A die größten Stammquerschnitte und damit höchste Wuchskraft, während diese mit Rubira und Citation am geringsten ausfallen. Die Streuung unter den einzelnen Standorten (Pfeile, siehe Grafik 3) ist bei 'Orangered' etwas weniger stark. Auch bei 'Kioto' fördern die gleichen Unterlagen die Wuchsstärke, während Ferlenain den Wuchs bei dieser Sorte bremst.

Säulendiagramm der Stammquerschnitt in Zentimeter nach dem fünften Standjahr dargestellt.

Grafik 3: Stammquerschnitt verschiedener Aprikosenunterlagen nach dem fünften Standjahr

Einfluss der Unterlagen auf den Ertrag

Blütenfrostschäden warfen Standorte wie Erfurt, Forchheim, Veitshöchheim anfangs im Ertrag zurück. Bis 2014 fruchtete ‘Kioto‘ zunächst höher als 'Orangered', die aber mit sehr starkem Behang 2015 aufholte bzw. überholte. 'Kioto' trägt pro Baum in der Summe der Jahre 2012 bis 2015 auf den Unterlagen Wavit, Armstock, Torinel zwischen 33 und 25 Kilogramm – hingegen mit Ferlenain nur 16 Kilogramm.

Bei 'Orangered' liegen im Schnitt über alle Standorte Armstock (31 Kilogramm) und Torinel (29 Kilogramm) vorne und die anderen Unterlagen zwischen 22 und 26 Kilogramm, außer St.Julien A (18 Kilogram). Erstaunlich, dass die mit 'Kioto' beste Kombination (Wavit hochveredelt) mit 'Orangered' deutlich abfällt.

Betrachtet man die Standorte bezüglich des Ertrages, so erweist sich Erfurt dank seiner hohen Zahlen 2015 als der Beste vor Oppenheim und Weinsberg. Quedlinburg liefert bei 'Kioto' auf den Unterlagen Wavit, Armstock, Torinel gute Ergebnisse; in Veitshöchheim beide Wavitvarianten.

Zweifarbige Säulendiagramm der Einzelbaumertrag in Kilogramm dargestellt.

Grafik 4: Einzelbaumerträge von 2012 bis 2015 verschiedener Aprikosenunterlagen (Durchschnitt aller Standorte)

Aus Wuchsstärke und Ertrag lässt sich die Behangdichte der spezifische Ertrag ermitteln. Bezogen auf die Stammquerschnittsfläche 2015 ist er bei 'Kioto' mit Wavit hochveredelt am besten vor Armstock und Citation; bei 'Orangered' liegt Rubira vorne. Hier folgen auf etwa gleichem Niveau Armstock, Citation, Ferlenain, Ute. Wie bei dem Parameter Einzelbaumertrag fällt auch der spezifische Behang der Kombinationen 'Orangered'/Wavit hochveredelt bzw. St.Julien A negativ auf.

Fruchtgröße

… bzw. Fruchtgewicht werden sehr stark vom Behang beeinflusst. In schwach tragenden Jahren sind diesbezügliche Ergebnisse wenig aussagekräftig. Daher wird nur das ertragsstarke Jahr 2015 bewertet. Am Standort Erfurt sind keine wesentlichen Unterlageneinflüsse auf den Fruchtdurchmesser zu sehen; nur Ferlenain fiel bei 'Orangered' etwas ab.

In Quedlinburg wurde das Fruchtgewicht herangezogen. Bei 'Kioto' sind dort günstige Einflüsse vor allem durch Ute und Citation, aber auch Armstock und Rubira festzustellen, während Ferlenain und durch sehr hohen Behang auch Wavit negativ auffallen. Mit 'Orangered' positive Auswirkungen auf das Fruchtgewicht bringen Citation, St.Julien A, Torinel und beide Wavitvarianten. Das Fruchtgewicht mindern hingegen Ute und Ferlenain.

In Franken erhöhen beide Wavitvarianten das Fruchtgewicht bei 'Kioto' (Standort Landkreis Forchheim) bzw. 'Orangered' (Veitshöchheim).

Allerdings bleibt festzuhalten, dass hohe Fruchtbehänge bereits im Mai ausgedünnt werden sollten. Dies fördert nicht nur die Fruchtgröße, sondern auch die Baumgesundheit („zusätzlicher Ballast wird abgeworfen“) und somit auch die Bestandssicherheit.

Fazit und Zusammenfassung

Der als bundesweiter Aprikosen-Unterlagenvergleich angelegte Gemeinschaftsversuch musste trotz positiver Erstentwicklung bereits nach dem fünften Standjahr durch erhebliche Baumausfälle, vor allem durch den Schaderreger ESFY ausgelöst, als gemeinschaftliche Prüfung beendet werden. Dennoch lassen sich wichtige Erkenntnisse ziehen.

  • Der Versuch ist als Unterlagen-Screening zu werten.
  • Wenn auch Ertrag, Fruchtgewicht, Wuchsstärke wichtige Aspekte einer Unterlagenprüfung darstellen, so kommt bei der sensiblen Aprikose der Bestandssicherheit und dem zu erreichenden Baumalter eine größere Bedeutung zu.
  • Das Mass an Baumausfällen der Aprikosenkultur sollte nicht mit anderen Obstarten direkt verglichen werden. Ein Niveau von 10 bis 15 Prozent erweist sich noch als günstig. Bei den meisten der geprüften Unterlagen liegt die Ausfallrate jedoch in einem hohen bis sehr hohen Bereich von 25 bis 50 Prozent.
  • Wavit kann als die am ehesten bestandssichernde Aprikosenunterlage eingestuft werden.
  • Die Hochveredlung führt bei Wavit zu den geringsten Baumausfällen (zehn Prozent). Daher sollte diese Methode auch bei anderen Unterlagen geprüft werden.
  • Starke Winterfröste 2012 zeigten an den am meisten betroffenen ostdeutschen Standorten Gülzow und Müncheberg, dass die Frosthärte von Wavit und dort auch Armstock gegeben ist. An diesen Standorten sind beide Unterlagen erste Wahl.
  • Baumausfälle erfolgten durch sekundäre Infektion mit weiteren Schaderregern, Gummifluß, Überbehang/Stress, vor allem aber durch visuellen oder latenten Befall mit ESFY.
  • Unterlagen wie Citation, Torinel können je nach vorhandenen Boden- und Klimabedingungen gegebenenfalls regional an einzelnen Standorten einbezogen werden.
  • 'Kioto' bestätigt eine zwar ertragreiche und relativ blütenfrosttolerante zugleich aber auch sehr sensible Aprikosensorte zu sein.
  • Weniger Baumverluste bei der im Wuchs stärkeren ‘Orangered‘.

Tabelle 1 fasst relevante Merkmale der geprüften Unterlagen zusammen. Über allen steht die Anzahl an Baumausfällen. Dabei erhöht Wavit bei der generell sehr standortspezifischen Aprikosenkultur die Bestandssicherheit. Weitere maßgebende Faktoren wie Standortwahl und Sortenwahl, Kulturführung (unter anderem Weißeln des Stammes) müssen sorgfältig beachtet werden. Außerdem erweist sich eine - lediglich exemplarisch bei Wavit einbezogene - höhere Veredlung auf 60 Zentimeter zusätzlich vorteilhaft und wäre auch für andere „günstige“ Unterlagen wie Armstock zu prüfen. Auch in weiteren für den Erwerbsobstbau wichtigen Parametern wie Ertrag, Fruchtgröße, Bildung von Stockausschlägen, Wuchsstärke schneiden Wavit (60 und 30 Zentimeter) und Armstock meist gut bzw. weitgehend gut ab. Torinel und Citation besitzen leider einige Nachteile. Die früher an manchen Standorten bewährte St.Julien A fällt insgesamt ebenso ab wie Ute, Rubira.

Tabelle 1: Zusammenfassung wichtiger Parameter zur bundesweiten Aprikosen-Unterlagenprüfung
(Ende fünften Standjahr - November 2015)

UnterlageBaumausfälleAusläuferStammdurchmesserErtrag pro BaumSpezifischer ErtragFruchtgröße *
Wavit (30 cm)wenigweniggünstigsehr gutgutgut bis gering
Wavit (60 cm)sehr wenigweniggünstigsehr gut bis schlechtsehr gut bis schlechtgut bis gering
St.Julien Avieleweniggünstiggeringschlechtgut bis gering
Utevieleweniggünstiggutgering bis gutgut bis gering
Torinelvielewenig bis vielegünstigsehr gutgering bis gutgut bis gering
Armstockwenigweniggünstigsehr gutgutgut bis gering
Rubirasehr vielewenigzu schwachgeringgering bis sehr gutgut
Citationvielewenigmittelgeringgutgut bis sehr gut
Ferlenainwenigmittelzu schwachgeringgering bis gutgut bis schlecht

* an verschiedene Standorten

Auf dem Versuchsgelände Aprikosenbaum mit Pfahl unter blauem Himmel mit Wolken

Erziehung

Auf dem Versuchsgelände hängen Aprikosen und Laubblättern am Baum.

Erziehung

Aprikosenbäume mit vollen Blüten und weißen Baumanstrich auf einem Versuchsgelände.

vierten Standjahr

Aprikosenbäume mit Blüten und weißen Baumanstrich auf einem Versuchsgelände.

fünften Standjahr

Aprikosenbäume mit Früchten, Laubblättern und weißen Baumanstrich auf einem Versuchsgelände.

fünften Standjahr