Fachartikel
Bioenergie: Mehr Vielfalt durch Wildpflanzenmischungen

Bioenergie: Mehr Vielfalt durch Wildpflanzenmischungen Titelseite

Die Strukturverarmung in der Feldflur, bedingt durch den Konzen­trationsprozess in der Landwirtschaft und verstärkt durch den Maisanbau zur Biogasproduktion, reduziert die Lebensräume für unsere Wildtiere. Seit 1999 entwickelt die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) zur Förderung der Wildtiere in der Agrarlandschaft artenreiche, mehrjährige Wildpflanzenmischungen.

2020, 6 Seiten

Erste Wildpflanzenmischungen (WPM) für die Praxis

Ergebnis der Bundesversuche war die WPM „Biogas 1“, heute als BG 70 im Handel. Sie besteht aus 25 Arten, nämlich einjährigen Kulturpflanzen wie Sonnenblumen und Buchweizen, die als Ammenpflanzen für die mehrjährigen Arten dienen, zweijährigen Arten wie Steinklee, Wilde Möhre und Wegwarte sowie mehrjährigen heimischen Wildpflanzenarten wie Luzerne, Beifuß und Rainfarn. Gesät wird die Mischung zeitgleich mit Mais. Die Frühjahrstrockenheit führte ab und an zu Misserfolgen. Deshalb wurde zur Erhöhung der Anbausicherheit eine zweite Mischungsvariante ohne einjährige Arten entwickelt, die im Sommer nach der Standardkultur (im Regelfall Getreide) gesät wird. Diese ist heute als BG 90 im Handel. Bei beiden Mischungen dürfen einige Probleme im Anbau nicht unerwähnt bleiben:
  • Bei Frühjahrstrockenheit niedrige Erträge, Risiko des Totalausfalls.
  • Es verbleiben ab dem 3. Standjahr vor allem Beifuß und Rainfarn als Massenträger übrig. Dies ist aus Sicht der gewünschten Arten- und Strukturvielfalt unbefriedigend.
  • Bei Beifuß muss bei leichteren Böden der richtige Erntezeitpunkt sehr genau getroffen werden, da die Methanausbeute rasch zurückgeht.

Veitshöchheimer Hanf-Mix als Weiterentwicklung

Deshalb hat die LWG ab 2014 die WPM weiterentwickelt und die Artenzusammensetzung verändert. Diese Forschungsarbeiten werden seit 2011 bis heute vom Bayerischen Landwirtschaftsministerium gefördert. Zunächst wurde Faserhanf beigefügt, der den Ertrag im 1. Standjahr in etwa verdoppelt, wie Praxisversuche zeigten. Zur Erhöhung der Arten- und Strukturvielfalt wurden u.a. Stockrose, Fenchel, Klette, Herzgespann und Muskatellersalbei verwendet. Der Aufwuchs des ersten Jahres wird zeitgleich mit der Maisernte durchgeführt. In den Folgejahren liegt der Erntezeitpunkt Mitte bis Ende Juli. Silierversuche ergaben, dass sich das WPM-Substrat problemlos silieren lässt, entweder einzeln oder zusammen mit Mais.

Wirtschaftlichkeit

Diese praxisreife Saatmischung ist als „Veitshöchheimer Hanfmix“ im Handel und kostet bei einer Saatstärke von 1g/m² aktuell 450 €/ha. Der Trockenmasseertrag liegt bei etwa 50-60% von Silomais, die Methanausbeute bei etwa 80-90% von Mais, so dass im Ergebnis im Mittel knapp 50% von Mais erzielt werden. Wobei dieser Vergleich hinkt, denn nachhaltig wird Silomais in einer Fruchtfolge mit ertragsschwächeren Kulturen angebaut. Gerade in trockenen Jahren zeigt die verwurzelte Dauerkultur ihre Stärken gegenüber jährlichen Neuansaaten und hat in mehreren Fällen dann sogar die Erträge des Silomaises übertroffen. Was die Wirtschaftlichkeit betrifft, ist zudem zu berücksichtigen, dass Arbeitsgänge gespart werden (jährlich nur 2 Arbeitsgänge für Gärrestausbringung und Ernte), außerdem Betriebsmittel wie Diesel und Dünger, denn die WPM benötigt nur etwa 90 kg N/ha im Jahr. In Summe ist von einem wirtschaftlichen Nachteil von 300-500 €/ha gegenüber Silomais auszugehen.

Faunistische Ergebnisse

Was Jäger besonders interessiert, sind die Auswirkungen auf die Wildtiere. Die positiven Effekte wurden durch umfangreiche faunistische Begleituntersuchungen eindeutig belegt. Nektar- und Pollensammler wie Honig- und Wildbienen profitieren von den blütenreichen Beständen in einer Zeit, in der in der Feldflur sonst wenig zu holen ist. Wo die Insektenpopulationen zunehmen, werden zahlreiche Feldvögel und auch Fledermäuse angelockt. Auf einer Versuchsfläche in Brandenburg haben sich die Brutreviere der Feldlerchen vervielfacht. Und nicht zuletzt profitiert das Niederwild wie Fasan, Feldhase und Rebhuhn insbesondere davon, dass nach der Ernte ein kniehoher Bestand heranwächst, der Äsung und Deckung im Winterhalbjahr bietet.
Weitere detaillierte Inhalte enthält der Fachartikel.