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BiodiVertikaler Lebensraum - Wandbegrünung als urbanes Habitat für Wildbienen

2022 BiodiVertikaler Lebensraum - Deckblatt Fachartikel

Beim Thema Biodiversität im urbanen Raum geht es nicht nur darum, Nahrungsressourcen anzubieten. Gleichzeitig müssen auch Habitat Strukturen geschaffen werden, um ein ganzheitliches Lebensraumkonzept umzusetzen. Daher haben wir neben der bewussten Pflanzenwahl auch Nisthilfen für Wildbienen entwickelt, die sich in unterschiedliche Wandbegrünungssysteme integrieren lassen.

2022, 10 Seiten

Gebäudegrün als Lebensraum

Biodiversitätsgründach ist mittlerweile ein geläufiger Begriff. Durch eine gezielte Pflanzenwahl und die Integration von Totholz, (temporären) Wasserflächen, Sandlinsen oder anderen Nisthilfen für Insekten und Vögel lassen sich attraktive Biotope dort schaffen, wo durch die Bebauung ebenerdige Habitate verloren gehen. Dass auch eine Wandbegrünung zur Biodiversitätsförderung in der Stadt beitragen kann, ist hingegen weniger bekannt. Im Projekt Artenreiche grüne Gebäudehüllen untersuchen wir welche Komponenten des Biodiversitätsgründaches auch auf die Vertikale übertragbar ist.

Ein reich gedeckter Tisch

Ein Teich oder ein Totholzstapel sind sicherlich nicht die ersten Maßnahmen, an die wir denken, wenn es darum geht, Lebensraum an der Hauswand zu schaffen. Der Fokus sollte hier zuallererst auf der Pflanzenverwendung liegen. Dabei gibt es eine Fülle von Stauden, die in der Wandbegrünung kombiniert einen reich gedeckten Tisch für Wildbienen rund um’s Jahr bieten könnten. Ganz vorne mit dabei sind Vertreter der Lamiaceae (Lippenblütler), zu denen eine Vielzahl unserer Kräuter gehören. Ebenfalls sehr beliebt sind Asteraceae (Korbblütler), Brassicaceae (Kreuzblütler), Fabaceae (Schmetterlingsblütler) und Apiaceae (Doldenblütler), wobei jede Biene ihre eigenen Vorlieben hat. Will man also ein möglichst breites Spektrum an Wildbienen und anderen Bestäubern erreichen, sollte man bei einer Pflanzung, egal ob auf dem Boden, dem Dach oder an der Wand auf eine möglichst diverse Pflanzenauswahl setzen. Da viele einheimische Stauden durch die Klimaerwärmung immer früher im Jahr blühen, kann durch die Ergänzung mit nichtheimischen, klimaangepassten Arten das Nahrungsangebot verlängert werden.

Pflanze trifft System - aber passen muss es

Wichtig für eine dauerhafte Begrünung ist es, dass die Pflanzenauswahl auf die verwendeten Begrünungssyteme abgestimmt ist. Bei modularen Systemen mit vertikaler Pflanzfläche sollte die Wuchshöhe der Pflanzen so gewählt werden, dass die Abstände zwischen den Modulen ausgefüllt werden, um eine gute Deckung zu erreichen. Für den Einsatz in flächigen Systemen sollten eher niedrigere, buschige oder polsterbildende Arten mit ähnlichem Konkurrenzverhalten Verwendung finden.

Wohnraum für Wildbienen

In den Wandbegrünungsmodulen sind zusätzlich eigens von uns entwickelte Nisthilfen für Wildbienen und andere Insekten integriert. Die Zahlen sprechen für sich: sowohl zahlreiche Wildbienen als auch Wespen unterschiedlicher Größe haben schon in der ersten Saison Brutplätze in den Nisthilfen gefunden. Die Dynamik macht Nistaktivitäten bis in den Oktober hinein deutlich. Das zeigt einmal mehr, wie wichtig ein kontinuierliches Nahrungsangebot rund ums Jahr ist.