Tatort Baustelle: Wenn keiner zuhört

Kommunikation der Mitarbeiter auf einer Baustelle.

Wenn zum Zeitdruck bei der Bauausführung auch noch Kommunikationsprobleme innerhalb der Belegschaft kommen, dann schrumpft der zu erwartende Gewinn sehr schnell.

Anlässlich einer Fortbildungveranstaltung für die Teilnehmer am Gesprächsforum "Betriebswirtschaft und Bautrieb" widmete sich Referent J.D. Niemann der Kommunikation auf der Baustelle und gab Tipps, wie sie gelingen kann.
Niemann wies vor allem darauf hin, wie wichtig für die Führungskräfte das Beherzigen grundsätzlicher Regeln sei. Als künftige Ausbilder, Baustellenleiter oder gar Chef würden den Studierenden einmal Menschen anvertraut, denen sie mit Kompetenz gegenübertreten müssten. Besonders hob Niemann folgende Bausteine der sozialen Kompetenz hervor: Eine Führungskraft brauche preußische/bayerische Tugenden wie Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Konsequenz. Leistungsbereitschaft und Konfliktfähigkeit gehörten genauso auf die Baustelle wie Toleranz und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.
Gesprächsforum "Betriebwirtschaft und Bautrieb"
Mehrmals im Jahr treffen sich Unternehmer und Führungskräfte im GaLaBau in der Abteilung Landespflege der LWG, um über praxisbezogene Themen zu diskutieren. Da meist ein externer Referent hinzugezogen wird, können auch Studierende den Vortrag mitverfolgen.
"VerAntwortung" könne nur derjenige übernehmen, der mit Fach- Sozial- und Methodenkompetenz "antworten" könne. Im Baubetrieb gehe es meist recht energisch zu, umso wichtiger sei es, vernünftig miteinander zu kommunizieren. Denn nicht selten schleichen sich Verständigungsprobleme ein.

Oft wird aneinander vorbeigeredet – mit unüberschaubaren Folgen

Es ist ein Irrtum zu glauben, dass wir wissen, was der andere denkt! Die Gesprächspartner leben in unterschiedlichen "Wirklichkeiten", die von eigenen Erfahrungen, Werten, Vorurteilen, Lebensumständen und auch von der Tagesform abhängen. Wer die "vier Ohren einer Botschaft" nach Friedemann Schulz von Thun kenne, dem werde vieles klarer.

Da gibt es

  • Das "Sachohr", das nur Zahlen, Fakten, Daten aufnimmt.
  • Das "Appellohr" fragt: "Was will er/sie von mir? Was soll ich tun?".
  • Das "Beziehungsohr" stellt die Beziehungen untereinander in Frage.
  • Das "Selbstoffenbarungsohr" äußert sich, indem es stets mitteilt, wie es ihm geht.
Scheinbar redet man über die Kernthemen und verdrängt unangenehmen Konfliktstoff, der unbedingt einmal ausgesprochen werden müsse. Lieber gehe man "mit geschlossenem Visier" aneinander vorbei, als rechtzeitig das Problem einzukreisen und zu besprechen. Fragt der Chef: "Seid ihr schon fertig?", könne dies ganz unterschiedlich interpretiert werden. Neutral gesehen könnte einfach der Stand der Arbeit gefragt sein. Gerne wird auch ein Vorwurf herausgehört. Nicht zuletzt lässt sich der Zeitdruck und Unwohlsein erahnen, da der Chef bereits einem neuen Kunden den Baubeginn zugesagt hat.
Nicht nur mit den Mitarbeitern sondern auch mit dem Kunden, müsse eine Führungskraft professionell kommunizieren. Der Chef müsse auch bei einer ungeliebten Reklamation der Kundin, Frau Meier, aktiv zuhören und genau herausfinden, welches Problem anliegt. Dann würde der Auftrag an seine Mitarbeiter nicht einfach lauten: "Fahrt ihr schon mal zur Frau Meier, die will was!" Solche "Kommunikations-Schnellschüsse" kommen viel zu häufig vor.
An dieser Stelle wird ganz deutlich, dass hier sehr viel Geld durch zusätzliche Fahrten auf der Strecke bleibt. Die Studierenden sollen an der Fach- und Technikerschule nicht nur ihre fachliche Kompetenz erweitern, sondern auch ihre Lernkompetenz. Diese resultiert aus der methodischen Kompetenz (u.a. Arbeits- und Lerntechnik) und der sozialen Kompetenz (u.a. Lernen wollen). Bei seiner Beratungstätigkeit in Landschaftsbau-Betrieben arbeitet Niemann gerne mit "Akronymen", wenn es um die Dokumentation von gemeinsam erarbeiteten Vereinbarungen geht. Hierbei werden die einzelnen Buchstaben eines Wortes oder einer Phrase zu den Anfangsbuchstaben einer Handlungsanweisung: So stünde das M von "Miteinander reden", für "Miteinander sprechen". Der zweite Buchstabe "i" für "Informationen weitergeben" und das "T" für "Termine einhalten". Somit würde erreicht, dass das Besprochene besser behalten werde. Auch dies ist eine Technik (Methodenkompetenz), welche die Studierenden im Arbeitsalltag anwenden könnten.
Flexible und verantwortungsvolle Führungskräfte fokussieren ihren Blick nicht nur auf die Arbeitspakete der Baustelle, sondern behalten auch den Umgang mit Mitarbeitern und Kunden "auf dem Schirm".