Nachbericht - Fachtagung 6. Juli 2023
Beet- und Balkonpflanzentag 2023 "Grüne Helden"

Fachberater bei Gespräch am Ausstellungsstand im Gewächshaus mit sommerblühenden Stauden

Unter dem Motto „Grüne Helden“ lud die Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim zur diesjährigen Fachtagung Beet- und Balkonpflanzen ein. 300 Teilnehmer und 50 Aussteller folgten der Einladung. Die Tagung startete am Vormittag mit Vorträgen für das Fachpublikum. Zunächst brachten die Vorsitzenden der Landesfachgruppe Einzelhandelsgärtnerei in Bayern, Reinhard Steinhilber und Roland Öller, in ihrem Grußwort das Motto der Veranstaltung auf den Punkt.

„Grüne Helden“ sind Pflanzen, die dem Klimawandel, der Hitze und Wasserknappheit ebenso trotzen wie den niedrigeren Heiztemperaturen während der Wintermonate. Es sind aber auch die Gärtnerinnen und Gärtner, die diese Pflanzen kultivieren, immer in der Ungewissheit, ob ihre Pflanzen in diesem Jahr den entsprechenden Absatz finden, ob die Mengen zu reichlich oder vielleicht sogar zu gering sind. Vor allem aber auch die Kolleginnen und Kollegen, die sich in der Ausbildung von Gärtnerinnen und Gärtnern engagieren und dafür sorgen, dass die Branche tatsächlich „der Zukunft gewachsen ist“.

Dieser Einstieg machte den Teilnehmern und Teilnehmerinnen die marktwirtschaftliche und gesellschaftliche Zielrichtung im Gartenbau bewusst. Aus ökonomischen und ökologischen Gründen werden Sortimente benötigt, die nachhaltig und effizient produziert werden können. Vor allem in den Wintermonaten stellt dieses Vorhaben eine Herausforderung dar und setzt ein geeignetes Sortiment energieextensiver Kulturen voraus. In den folgenden Vorträgen wurden die Versuchsergebnisse der LWG zur energieeinsparenden und ressourcenschonenden Kulturführung präsentiert.

Vorträge der Referenten

Christine Hartmann, Gartenbauingenieurin an der LWG Veitshöchheim

Christine Hartmann testete eine Auswahl an Frühjahrsschnittblumenarten und -sorten auf deren Eignung für eine Kultur bei einer Heiztemperatur von 8 °C/6 °C (Tag/Nacht). Unter der Überschrift „Cool Flowers“ hielt sie einen Vortrag über die kühle Produktion der von ihr ausgewählten Arten Ranunculus asiaticus, Papaver nudicaule, Heuchera villosa und Matthiola incana. Diese altbewährten Arten wurden durch neue Sorten bzw. Serien vertreten, wie z. B. die Heuchera villosa 'Blooms-Serie'. Das Produktionsziel waren qualitativ hochwertige Schnittblumen für den regionalen Absatz von Valentinstag bis Ostern.

Da die Kultur von Matthiola als Schnittblume für die energieextensive Kultur in den Wintermonaten etwas in Vergessenheit geraten ist, tastete sie sich hier in satzweisem Anbau an den optimalen Kulturbeginn heran. Die Aussaat erfolgte in drei Sätzen zwischen September und November. Die drei Sorten der Papaver 'Champagne Bubbles-Serie' wurden Anfang Oktober ausgesät. Die Ranunculus-Sorten wurden aus Krallen angezogen oder ebenso wie Heuchera villosa, als Jungpflanzen zugekauft. Die in ein 50 Prozent torfreduziertes Substrat getopften Pflanzen wurden ab Ende November in einem hellen Gewächshaus ohne Zusatzbelichtung bei 8 °C Heiztemperatur kultiviert. Die Matthiola-Sorten der 'Noble'-Serie und 'Cannetto White' (Takii) konnten ab Anfang März über einen Zeitraum von vier bis sechs Wochen beerntet werden. Sie bildeten lange, kräftige Stiele, waren bis zu 95 Prozent gefüllt, blühend und ergaben tägliche Erntemengen von bis zu 20 Stielen/m2. In der Vase waren sie bis zu 15 Tage haltbar.

Die 'Iron'-Serie (Sakata) umfasst elf Farbsorten, deren Blütenrispen sich aus auffallend dicht aneinander gereihten Einzelblüten zusammensetzen. Beim Vergleich der drei Sätze zeigte sich, dass der Blütezeitpunkt auch bei deutlich zeitigerem Kulturbeginn nur um zwei bis drei Wochen nach vorn gezogen werden kann. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist es am günstigsten, die Kultur mit einem Topftermin Ende Dezember/Anfang Januar zu beginnen.

Blüten in apricot Farbe mit kräftigen Stielen der Levkojen auf der Tischfläche im Gewächshaus

Matthiola

Blühende Schnittblumen der Levkojen in Vasen auf der Tischfläche im Gewächshaus.

Vasenhaltbarkeit

Zwei Mitarbeiterinnen präsentieren die Ernte der Schnittblumen im Gewächshaus.

Schnittblumen

Die gefüllte Ranunculus-Sorte 'Azur Deep Rose' (Florensis) konnte sogar fast acht Wochen beerntet werden und erfreute in der Vase bis zu 14 Tagen. Eine ebenso lange Erntezeit mit noch längerer Vasenhaltbarkeit bis zu 18 Tagen zeigte die Ranunculus 'Butterfly'-Serie (Green Works).

Das wurde noch getoppt von der Papaver 'Champagne Bubbles'-Serie (PanAmerican Seeds) die ab Ende Februar über drei Monate hinweg Schnittblumen lieferte und dabei bis zu 450 Stiele/m2 brachte.

Die Qualität der an der LWG produzierten Schnittware wurde in Blumengeschäften in der Umgebung getestet und konnte überzeugen. Erfreulich war, dass in diesem Versuch nur ganz vereinzelte Pflanzenschutzmaßnahmen erforderlich waren. So wurden die Ranunkel Krallen prophylaktisch mit einem Fungizid behandelt und Anfang Januar musste ein beginnender Botrytisbefall bekämpft werden. Tierische Schaderreger traten keine auf.

Am Ende ihres Vortrags stellte Christine Hartmann die Frage: „Lohnt sich eine Eigenproduktion solcher Schnittblumen?“ Die Antwort darauf lautet: „Die Entscheidung muss jeder Betrieb selbst treffen! Die lange Flächenbelegung von Oktober bis April, die kostenintensive Produktion von Kleinstmengen und die starke Bindung der Arbeitskräfte bei der Ernte im März/April muss berücksichtig werden.“ Viele positive Aspekte sprechen jedoch für eine solche zeitgemäße Produktion. Es werden regionale, frische Schnittblumen mit geringen Transportwegen produziert. Die Belastung der Schnittblumen mit chemischen Pflanzenschutzmitteln ist deutliche geringer als bei der Ware aus Übersee. Die nachhaltige Kultur selbst produzierter Schnittblumen liegt daher im Trend und im Interesse der Verbraucher.

Die Gestaltung attraktiver floristischer Werkstücke mit eigenen Schnittblumen ist ein weiterer Pluspunkt. Dazu zeigte Christine Hartmann zum Abschluss des Vortrages sehr ansprechende Beispiele.

Blüten in Rosa nach außen hin helleren, leicht zurückgebogenen Bogen

Ranunculus

Rote schalenförmige Mohnblume mit gelben Staubblättern in der Mitte

Papaver

Blühende floristische Blumen in Holzkasten geschmückt auf dem Tisch vor dem Fenster.

Floristische Arbeit
(© Petra Schuck, BS Ochsenfurt)

Beatrix Bieker-Royackers, Gartenbauingenieurin an der LWG Veitshöchheim

Beatrix Bieker-Royackers stellte sich die Frage, ob es sinnvoll ist, im Winter ein frostfrei gehaltenes Gewächshaus mit Stauden zu belegen. Mit „Coolen Produktionsmethoden“ sollten sommerblühende Stauden zeitgleich zum Verkauf von Beet- und Balkonpflanzen im Mai zur Vermarktungsreife gebracht werden. Dazu wurden über 40 Sorten verschiedener Jungpflanzenproduzenten im August in 10er- und in 17er-Töpfe gesetzt. Parallel zur Überwinterung im Gewächshaus wurden die Sorten in 17er-Töpfen im Freiland überwintert. Bis Ende Mai wurden die Sorten bonitiert, um Unterschiede im Wuchsverhalten und im Blühtermin zu erfassen. Die Ergebnisse wurden mit einer Kurzkultur derselben Sorten in 13er-Töpfen von Ende März bis Mitte Juni verglichen. Während des Versuches wurde der Verbrauch an Heizenergie sowie der unterschiedliche Einsatz an Düngemitteln, Pflanzenschutzmitteln und Töpfen ermittelt.

Die im Gewächshaus überwinterten Stauden wurden bis Ende März zweimal gerückt und sortenabhängig zweimal gestutzt. Anfang Februar mussten die kräftigen Sorten aus 10er-Töpfe in 17er-Töpfe umgetopft werden. Sie wurden zusammen mit den in 17er-Töpfe überwinterten Sorten Ende März ins Freiland geräumt, um im Gewächshaus Platz für die Stauden der Kurzkultur zu schaffen. Lediglich die schwächer wachsenden Sorten in 10er-Töpfe blieben im Gewächshaus. Die im Freiland überwinterten Stauden wurden aufgrund von Frostschäden zweimal ausgeputzt und einmal im Frühjahr gerückt. Die Stauden der Kurzkultur wurden nur einmal gerückt und sortenabhängig gestutzt. Für alle Varianten wurde 50 Prozent torfreduziertes Substrat von Patzer verwendet.

In die Überwinterungskulturen wurde 3 g/l Osmocote High End 5-6 M ins Substrat gemischt. Die Nachdüngung erfolgte mit 0,1%ig Ferty EcoPhos 18:6:18 über die Anstaubewässerung im Gewächshaus und im Freiland 0,3%ig Überkopf.

Den höchsten Pflanzenschutzmittel-Aufwand benötigte die Überwinterungskultur. Zweimal wurde mit SCORE gegen Echten Mehltau, einmal mit SWITCH gegen Botrytis und zweimal mit TEPPEKI gegen Blattläuse gespritzt. In der Freilandkultur wurden keine Pflanzenschutzmittel eingesetzt. In der Kurzkultur erfolgte ein dreimaliger Einsatz von OrnaProtect und Amblyseius barker / Amblyseius cucumeris gegen Blattläuse und Thripse.

Die Überwinterung der Stauden belegte das Gewächshaus für neun Monate. Dabei stellte sich die Frage, ob die Fläche in dieser Zeit mit Stauden wirtschaftlich sinnvoller genutzt wird als mit anderen Kulturen. Sinnvoll ist es bei den „Multitalenten“. Sie kamen sowohl bei Überwinterung im Gewächshaus als auch bei den anderen Varianten zu guter Verkaufsreife, z. B. Heuchera 'Timeless Treasure' (Allplant), Campanula portenschlagiana 'Catharina' (Florensis), Dianthus caryophyllus 'Aztec Star' (Florensis) oder die Veronica-Sorten der VERONIQUE-Serie (Kientzler).

Weitere Stauden mit einer guten und zeitigen Verkaufsqualität nach Überwinterung im Gewächshaus waren Scabiosa columbaria 'Butterfly Blue' (Florensis), Knautia 'Thunder and Lightning' (Allplant) und Nepeta 'Purrsian Blue' (Kientzler). Diese Sorten erzielten alle auch eine gute Verkaufsqualität bei Freiland-Überwinterung, aber erst zwei bis sechs Wochen später.

Zahlreiche rote Blütenglöckchen mit grünäderndem Blattwerk der Purpurglöckchenpflanze.

Heuchera

Blattschmuck mit silbrig überlaufenden Blatt und grüne Adern.

Heuchera

Dunkelrote Blütenkörbe mit graugrünem Laub und cremeweißem gesägtem Rand

Knautia

Blaue Blütenlanzen mit weißen Augen und gezackten grünen Laubblättern der Rittersporn.Zoombild vorhanden

Delphinium

Schwachpunkt der Überwinterung im Gewächshaus ist der trotz kühler Kultur hohe Energieverbrauch. Es wurden Heizkosten von 4,65 Euro je Brutto-m2 benötigt, bei der Frühjahrskultur dagegen 1,40 Euro je Brutto-m2.

Einige Sorten wurden im Gewächshaus bei Überwinterung sehr mastig (z. B. Verbena bonariensis, Delphinium-Sorten, Achillea-Sorten) und erreichten keine gute Qualität. Das Ausräumen der überwinterten Stauden ins Freiland Ende März war mit hohem Arbeitsaufwand verbunden. Trotz Abdeckung mit Vlies erlitten frostempfindliche Sorten (z. B. Agastache-Sorten, Oenothera-Sorten) irreversible Kälteschäden.

In der Freiland-Überwinterung entwickelten sich robuste und winterharte Sorten wie Delphinium x cultorum 'Magic Fountains'-Sorten (Volmary), Heuchera 'Timeless Treasure', Echinacea purpurea 'Lakota Red' (Florensis), Knautia-Sorten, Scabiosa, Achillea 'Firefly'-Sorten (Danziger) oder die Veronica-Serie zu kompakteren und stabileren Pflanzen als im Gewächshaus, aber mit späterer Blütenbildung. Im Vergleich zur Frühjahrskultur hatten sie kräftigere, deutlich besser verzweigte Triebe. Im Vergleich zum Gewächshaus waren zusätzliche Maßnahmen als Schutz gegen Frost und Windwurf nötig. Ab Frühjahr ist statt einer in diesem Versuch praktizierten manuellen Überkopfbewässerung eine wasser- und zeitsparende Mattenbewässerung empfehlenswert.

Die Kurzkultur im Frühjahr ist für Sorten zu empfehlen, die aufgrund ihrer Genetik schnell zu hochwertiger Verkaufsreife kommen. Die Agastache 'Sunny Sparks'-Serie (Danziger), die Buddleja 'Butterfly Candy'-Serie (Vitroflora), die Oenothera lindheimeri (syn. Gaura lindheimeri) 'Steffi'-Serie (Danziger), Monarda 'Electric Neon Pink' (Danziger) die Gaillardia 'Arizona Sun' (Volmary) oder die Gaillardia SUNBUDDIES 'Gold' (Kientzler) bildeten nach sieben bis neun Wochen Kulturzeit kompakte Pflanzen mit üppiger Blüte. Die Kniphofia-Sorten der 'Popsicle'-Serie (Kientzler) erreichten Anfang Juni gute Verkaufsqualität mit leuchtenden Blüten. Hier lohnt gerade bei den frostempfindlicheren Sorten die Überwinterungskultur nicht.

Eine Hummel sammelt Pollen an den Staubgefäßen einer orangefärbenden Sonnenhut-Blume.

Echinacea

Blütenscheiben mit zarten blauen, gefiederten Blütenblättern.

Scbiosa

Dunkelrosa Blütenrispen des Sommerflieders mit grünem schmalblättrigem Laub

Buddleja

Fazit der Referentin

Die Überwinterung im Gewächshaus lohnt sich nur bei Sorten, bei denen deutlich zeitiger als in der Frühjahrskultur oder der Überwinterung im Freiland eine gute Verkaufsqualität erzielt wird.

Thomas Schneider, Gärtnermeister an der LWG Veitshöchheim

Da an der LWG dieses Jahr eine neue 2.000 m2 große Versuchsfläche für den Zierpflanzenbau in Betrieb genommen wurde, musste sich der Gärtnermeister und Technikexperte Thomas Schneider unter der Devise „Jeder Tropfen zählt“ Gedanken über die Installation einer wassersparenden, modernen Bewässerungstechnik machen. Dabei galt es einige Herausforderungen zu bedenken. Bei der Durchführung der Versuche müssen viele kleine Beete einzeln angesteuert werden, außerdem sollten Frischwasserleitung und Leitung mit aufgedüngtem Wasser getrennt werden. Dafür mussten 40 Magnetventile eingebaut werden. Die Steuerung der Magnetventile sollte zur Anpassung der Bewässerung an den Pflanzenbedarf über Sensoren erfolgen. Dabei musste das bisher verwendete veraltete System ersetzt werden.

Thomas Schneider entschied sich nach umfangreichen Recherchen für die Bodenfeuchtesensorik der PlantCareAG (CH). Diese basiert auf einer mikrothermischen Messung, bei der die mit einer hydrophilen Filzmanschette ummantelte Spitze des Sensors kurz erwärmt wird. Je feuchter der Boden ist, desto schneller kühlt die erwärmte Spitze ab. Aus der Abkühlzeit wird der Wert der Bodenfeuchte errechnet und an die per Funk verbundene Bewässerungssteuerung PlantControl CX übermittelt. Analog zu den Magnetventilen mussten 40 dieser Sensoren eingebaut werden.

Bewässerungstechnik bestehend aus Feuchtigkeitssensor und Funkeinheit verbunden mit Kabel

PlantCare Sensor

Bewässerungscomputer mit Display und Tastatur zum Eingeben von Daten und Einstellungen.

PlantControl Steuerung

Stab, die mit der Funkeinheit aufgesteckt ist, in den Pflanzcontainer gesteckt auf der Schaubeet

Versuchscontainer

Das war nicht nur mit hohem finanziellem Aufwand verbunden, sondern stellte Thomas Schneider auch vor weitere praktische Herausforderungen. Da die Versuchspflanzen der LWG nicht nur in torfreduzierten, sondern auch in torffreien Substraten kultiviert werden, kommt es bei unangepassten Bewässerungseinstellungen bis zu 45 Prozent höheren Gießwasserverlusten als in konventionellen Torfsubstraten wie ED 73. Knifflig war es auch, den richtigen Einsteckpunkt für den Sensor im Kübel einer repräsentativen Versuchspflanze des Beets zu finden, da in torffreien und torfreduzierten Substraten eine deutlich ungleichmäßigere Wasserverteilung als in konventionellen Substraten stattfindet.

Da an der LWG Versuche zum Wasserverbrauch in Abhängigkeit von verwendeten Substratbestandteilen und Pflanzenarten geplant sind, wird Thomas Schneider an dem neuen System so lange feilen, bis die Einstellungen gut funktionieren. „Dann müssen nur noch im Notfall die tüchtigen Mitarbeiter des Teams die Gießkanne einsetzen“ schloss er humorvoll seine Ausführungen ab.

Eva-Maria Geiger, Diplomagraringenieurin an der LWG Veitshöchheim

Eva-Maria Geiger, Leiterin des Arbeitsbereiches Produktqualität und Pflanzengesundheit an der LWG Veitshöchheim und langjährige Expertin im Bereich Beet- und Balkonpflanzen, begann ihren Vortrag über die Sommerflor-Neuheiten 2023 mit der provokanten Frage: „Nur die Harten für den Garten?“

Die „Harten“ sind beispielsweise Sorten, die auch mit niedrigeren Heiztemperaturen und geringem Energieeinsatz zum gewünschten Vermarktungszeitpunkt eine ansprechende Verkaufsqualität erreichen.

Hier testete die LWG die Kultur von B&B-Pflanzen in zwei baugleichen Gewächshäusern mit unterschiedlicher Temperaturführung von 16 °C/20 °C (Tag/Nacht) plus Cool Morning (6 °C/9 °C) gegenüber 12 °C/16 °C (Tag/Nacht) inkl. Cool Morning. Die Kulturen wurden zuvor nach ihrem Wärmebedarf eingeteilt. Die Produktion der Beet- und Balkonpflanzen begann mit steigenden Lichtintensitäten und höheren Außentemperaturen ab März um die kältesten und heizintensivsten Monate Januar und Februar auszusparen. Alle Sorten wurden in dem 50 Prozent torfreduziertem Substrat Blue Topf grob + Perlite (Einheitserdewerk Patzer) kultiviert. 2023 erreichten aufgrund der geringen Lichtintensitäten im Frühjahr jedoch überwiegend nur Petunia, Calibrachoa und Bidens-Sorten bis Ende April ein ansprechendes Vermarktungsstadium.

Ein solches Herabsetzen der Temperatur spart nach Eva-Maria Geigers Berechnungen zwar mehr als die Hälfte der Heizkosten ein (Wärmekosten von 2,70 Euro statt 4,70 Euro je Brutto-m2 für die komplette Kulturzeit), kann aber bei wärmeliebenden Kulturen wie Lantana camara neben der Förderung eines kompakteren Wuchses auch einer Kulturzeitverlängerung führen. Auch höhere Kulturrisiken für Krankheiten, physiologische Störungen und geringerem Wirkungsgrad beim biologischen Pflanzenschutz können je nach Pflanzenart eintreten.
Eva-Maria Geigers Fazit: Energiesparmodus bei Topfpflanzen lohnt sich, – aber man muss genau hinschauen, bei welcher Kultur.

Neben energiesparenden Produktionsmethoden verschiebt sich der Fokus bei neuen Züchtungen stark zu Sorten hin, die eine möglichst hohe ökologische Eignung und gleichzeitig eine hohe Wirtschaftlichkeit mit zuverlässiger Produktionssicherheit versprechen.

Ökonomische Effektivität wird erreicht durch hohe Flächenproduktivität verbunden mit einer kurzen Kulturzeit, bei der bereits nach wenigen Wochen ein kompakter, gut verzweigter Wuchs erzielt wird. Durch eine gute Genetik wurden Sorten gezüchtet, die wie z. B. die Calibrachoa-Serie 'Cabaret Early', deren Sorten bereits nach 38 Tagen fertig waren.

Aus ökologischer Sicht liegen Pflanzenarten mit einer hohen Attraktivität für blütenbesuchende Insekten im Trend. Hier punkten bereits viele leistungsstarke B&B-Sorten von Alstroemeria bis Zinnia. Besonders hob Eva-Maria Geiger hier aus dem aktuellen Neuheitensortiment die sehr hitzetolerante Cuphea llavea 'Sweet Talk'-Serie (PanAmerican Seed, Florensis), die sehr kompakte Helianthus annuus 'Sunbelievable Brown Eyed Girl Compact' (Beekenkamp) und die neue Saatgutsorte Rudbeckia hirta 'Pawnee Spirit' (Benary) hervor.

Die sich verändernden Klimabedingungen (Hitzeperioden, hohe Einstrahlungswerte, Stress aufgrund anhaltender Trockenperioden) erfordern zukünftig Sorten, die auch turbulente heiße Sommer zuverlässig überstehen. Hier wurden die Gomphrena globosa 'Ping Pong Purple' (Sakata) und Ptilotus exaltatus 'Joey Impr.' (Benary, Beekenkamp) hervorgehoben, die nebenbei auch einen hohen Wert für Blütenbesucher haben.

Darüber hinaus wünschen sich die Kunden pflegeleichte und gesunde „Powerpflanzen“, die gleichzeitig eine hohe Gartenleistung erbringen. Diese Anforderung erfüllen zum Beispiel die Begonia interspecific-Hybriden wie die starkwüchsigen und dunkellaubigen 'Stonehedge'-Sorten (Benary) und die neue Diascia barbaraea 'Trinity Grace' (Danziger), die neben einer hohen Regenstabilität durch ihre leuchtend weiße Farbe auch eine Top-Fernwirkung besitzt.

Lilafarbene Kelchblätter nach außen rosa Blütenblättern mit grünen Laubblättern.

Cuphea

Pflanzkübel mit gelben Zungenblüten und rotbraunem Knopf in der Mitte auf der Schaufläche

Rudbeckia

Silbrig-pinkfarbene Blütenstände in Form einer Flaschenbürste auf der Schaufläche

Ptilotus

Pflanzkübel mit reinweißen Blütenrispen auf der Schaufläche

Diascia

Abschließend stellte Eva-Maria Geiger den im Rahmen des Arbeitskreises Beet- und Balkonpflanzen in diesem Jahr bundesweit durchgeführten Versuch mit Oenothera lindheimeri (syn. Gaura lindheimeri) vor. Das Sortiment rosa blühender Oenothera lindheimeri wird auf Hitzestabilität überprüft, da rosafarbene Sorten in Verdacht stehen, bei hohen Temperaturen mit einem Abwurf der Blüten zu reagieren. Weiterhin soll auch die Winterhärte überprüft werden. Ferner wurde ein Teil der Pflanzen in torffreie Erden getopft, um die Wuchs- und Blühleistung mit Pflanzen in torfreduzierten Erden vergleichen zu können. Eva-Maria Geiger wies darauf hin, dass es in 2021/22 durchgeführten ähnlichen Versuchen hier deutliche Unterschiede gab, die in diesem Jahr überprüft werden sollen. Auf der neuen Versuchsfläche der LWG konnten sich die Tagungsteilnehmer vorab schon ein Bild von der Qualität der Versuchspflanzen.

Christian Koch, Produktmanager Green Happens

Zur erfolgreichen Produktion gehört eine innovative Vermarktung. Dazu lieferte Christian Koch, Produktmanager der Kooperation „Green Happens“, den Höhepunkt der Vortragsreihe. Unter dem Titel „Convenience-Vermarktung neu denken“ erklärte er den Zuhörern, welche Kriterien den modernen Kunden zum Produktkauf animieren.

Die Grundidee zu „Green Happens“ kam Koch, als er 2022 darüber nachdachte, wie versiegelte „Gärten des Grauens“ durch eine abwechslungsreiche Bepflanzung ökologisch und optisch aufgewertet werden können. Seine Erkenntnis: Pflegeleichtigkeit des Vorgartens ist das Hauptargument für die „Versteinerung“. Seine Lösung: anspruchslose, insektenfreundliche und langlebige Steingartenpflanzen, die einen ganzjährigen ästhetischen Anblick der Fläche liefern.

Christian Kochs Konzept stach heraus, weil er unter dem schlagkräftigen Spruch „Pflasta la Vista“ und mit modernem Design auf Etiketten und Werbeflyern die Aufmerksamkeit der Kunden auf sein Produkt lenkte und damit hohe Absatzmengen erreichte. Das Produkt versprach, eine Lösung zu sein für das Problem des Kunden.
Christian Koch begriff, dass neben dem Verlangen der Kunden aktuelle ökologische, soziale und gesellschaftspolitische Themen eine wichtige Rolle spielen. Außer Schönheit brauchen die Pflanzen auch einen Mehrwert wie Trockenheits- und Hitzetoleranz, Biodiversität, Widerstandsfähigkeit gegen lästige Schädlinge oder unkomplizierte, dauerhafte Attraktivität. Daher entwickelte Koch zusammen mit zehn aufgeschlossenen Produktionsbetrieben vom Niederrhein Themenkonzepte mit fantasievollen, selbsterklärenden Namen für den Endverkauf. Damit die gärtnerische Fachkompetenz der Betriebe optimal durch ein ansprechendes grafisches Design ergänzt wird, wurde die Firma Renner Printmedia ins Boot geholt.

So werden zum Beispiel unter dem Namen „No Appetito“-Pflanzen vermarktet, die von Schnecken verschont werden und darüber hinaus unf(r)assbar schön sind. Sie bieten dem Kunden eine natürliche und nachhaltige Lösung. Die Kulturführung für diese Pflanzen erfolgt ressourcenschonend und wird in der Produktion einem Robustheitstest unterzogen. Die Nachhaltigkeit wird in wasser- und heizenergiesparenden Kulturmaßnahmen umgesetzt. Die verwendeten Substrate sind stark torfreduziert. Damit werden weitere Interessen des modernen Kunden erfüllt, der eine klimaschonende Herstellung seines Einkaufs fordert. Die originellen Etiketten der Konzepte sind nicht nur aus recyceltem Kunststoff hergestellt, sie wirken auch als starke Kundenmagneten.

Die bislang elf Konzepte werden von den kooperierenden Betrieben bezüglich der Sortenwahl ständig verbessert und sollen 2024 um vier neue Konzepte ergänzt werden. Christian Kochs Fazit nach seiner interessanten Präsentation: In der modernen Vermarktung muss der Konsum bewusst gesteuert werden, z. B. durch Influencer Marketing. Mit fertigen Lösungsorientierten und Selbsterklärenden ‚Convenience‘ Produkten werden große Kundengruppen erreicht und die Verkaufszahlen gesteigert.


Im Anschluss an die Vorträge konnten sich die etwa 300 Besucherinnen und Besucher im Versuchsbetrieb Zierpflanzenbau in einer großen Fachausstellung mit 50 Unternehmen über innovative gartenbauliche Produkte und Sortimente der grünen Branche austauschen. Neben den Produzenten vieler Neuheiten im Bereich Beet- und Balkonpflanzen, Stauden, Naschgemüse und Naschobst waren auch Hersteller von moderner Gewächshaustechnik, zeitgemäßen Substrate, Düngemitteln und Pflanzenstärkungsmitteln vertreten. Hier fanden rege Gespräche zwischen Ausstellern und Besuchern statt.

Fünf Gewinner mit ihren eigenen Blumen in der Hand haltend.Zoombild vorhanden

Gewinner der MainStar 2023

Ein Highlight am Nachmittag war die Wahl des "MainStar 2023". Aus 29 hochwertigen Neuheiten im Beet- und Balkonpflanzensortiment wählte das Fachpublikum seine Favoriten.
Den ersten Platz belegte Firma Kientzler mit Plectranthus neochilus gefolgt von Lantana camara 'Playa San Juana' (Selecta One) auf Platz zwei. Den dritten Platz teilten sich Salvia nemorosa 'Marvel Dark Blue' von Florensis und Dahlia 'Summer Bees Purple Bicolor' und 'Summer Bees Red Bicolor' von Dümmen Orange.

Auf dem Gelände der LWG konnten die Sommerflor-Versuche in üppiger Blütenpracht besichtigt werden. Auf der neu fertiggestellten 2.000 m2 großen Versuchsfläche wurde bei der vielseitigen Auswahl neuer Sorten der Schwerpunkt auf trockenheitsverträgliche, hitzeresistente und insektenfreundliche Pflanzen gelegt.
Ausstellungsstand der Firmen mit blühenden Pflanzen und Firmenplakat.

Unternehmen der Grünen Branche

Zahlreiche Besucher im Gewächshaus mit blühenden Pflanzen und Firmenplakat.

Fachgespräche

Besucher stehen um die Kübelpflanzen mit blühenden Blumen auf einer Versuchsfläche.

Gartenleistungsprüfung