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Mit Seil und Haken an der Wand - Empfehlenswerte Kletterpflanzen für den Profi

Kletterpflanzen Mit Seil und Haken Titelseite

Die Verwendung von Kletterpflanzen ist jederzeit ein Dauerthema. Im Hinblick auf die Absorption von Feinstaub kommt ihnen neben der Ästhetik und ihrer positiven klimatisierenden Wirkung ein neuer Stellenwert zu. Im Artikel werden als Alternativen zum einen unproblematische, starkwüchsige Arten vorgestellt, die sich aufgrund ihrer Robustheit in langjährigen Versuchen im Straßenraum bewährt haben. Zum anderen werden Pflanzen ausgewählt, die eher unbekannt sind, aufgrund ihres Gartenwertes jedoch öfter Verwendung finden sollten.

2012, 11 Seiten

Robuste Arten für schwierige Standorte

Die nachfolgend beschriebenen Pflanzenarten überdauerten in einem Versuch der Abteilung Landespflege der LWG Veitshöchheim zur Begrünung von Lärmschutzwänden neben Parthenocissus-Arten, Fallopia aubertii, Clematis vitalba und Hedera helix länger als 15 Jahre. Nur im ersten Jahr während der Fertigstellungspflege wurden Bewässerungs- und Düngemaßnahmen vorgenommen. Insgesamt sind diese Arten auch als problemlos zu bezeichnen, was die Auswahl der Kletterhilfen anbelangt.

Akebia quinata (Fingerblättrige Akebie)

Die fingerblättrige Akebie zählt zu den Fingerfruchtgewächsen (Lardizabalaceae). Der gebräuchlichste deutsche Name Klettergurke bezieht sich auf die gurkenähnlichen Früchte. Aufgrund des würzigen Geruchs der Blüten wird sie manchmal auch Schokoladenwein genannt. Auch der Name Blaugurkenwein wird gelegentlich verwendet. Dieser leitet sich aus der blauen Bereifung der gurkenähnlichen Früchte ab, auf die sich vermutlich auch der Name Akebia bezieht. Das japanische Wort akebi bedeutet „hellblau“. Der Namenszusatz quinata stammt vom lateinischen quinque, „fünf“ und bezieht sich auf die fünfzählig finger­teiligen Blätter. In Japan, China und Korea ist die Akebie ein weit verbreitetes Schlinggehölz in sommerwarmen Regionen der Gebüsche und sommergrünen Laubwäldern der Hügel und Gebirge. Dort kommt sie in einer Höhe zwischen 300 und 1500 Metern vor.
Bei uns findet der bis zu 10 Meter hoch kletternde wuchsstarke Schlinger zahlreiche Einsatzbereiche im Hausgarten oder im öffentlichen Grün. Die wechselständig angeordneten, handförmig gefingerten Blätter machen ihn zu einer attraktiven Erscheinung.
Akebia quinata ist sommergrün, in milden Wintern oder im Weinbauklima kann das Laub allerdings bis in den Frühling an der Pflanze haften bleiben. Sehr hübsch, aber aufgrund ihrer geringen Größe eher unauffällig, sind die eingeschlechtlichen Blüten. Ende April bis Mitte Mai werden in den Blattachseln der vorjährigen Zweige in überhängenden Trauben die dunkelroten bis violettbraunen etwas größeren weiblichen Blüten sowie die eher rosa gefärbten männlichen Blüten ausgebildet.
Nur bei ausreichend hoher Sommerwärme entwickeln sich 5-10 cm lange Balgfrüchte. Diese besitzen eine hellviolett bereifte Außenhaut. Das süßlich schmeckende, gallertartige Fruchtfleisch ist essbar und in Japan sogar eine Lieblingsspeise der Schnee-Affen. Es erinnert in Konsistenz und Geschmack an die Früchte der Decaisnea fargesii, die zur selben Pflanzenfamilie zählt. Ungenießbar sind dagegen die zahlreichen rotbraunen oder schwarzen Samen. Akebia quinata gilt in China und Japan sogar als Heilpflanze.
Ein sonniger bis lichtschattiger Standort in warmer geschützter Lage auf nahrhaften, lehmigen nicht zu trockenen Böden ist ideal. Die Akebie ist jedoch allgemein anpassungsfähig und gedeiht auch noch auf sandigen Standorten. In den Versuchs­reihen der LWG zur Begrünung von Lärmschutzwänden konnte sie ihre Dauerhaftigkeit vor allem an den lichtschattigen Abschnitten über 15 Jahre lang beweisen. Gelegentlich treten an zu heißen und trockenen Standorten Rostpilze auf, die sich aber leicht behandeln lassen. Temperaturen bis -20° C werden toleriert, allerdings können Spätfröste die Blüten schädigen.
Als Schlinger verlangt Akebia quinata vertikale Kletterhilfen, wie senkrecht gespannte Seile, Stäbe oder auch Gittermatten. Die vertikalen Materialien sollten nicht dicker als 3 cm sein. Ideal sind Abstände zwischen 20 und 40 cm. Sollen die Arten flächig wachsen, müssen die Triebe in die Kletterhilfe eingeflochten werden. Sie eignen sich auch gut zur Berankung von größeren Lauben und Pergolen.

Periploca graeca (Orientalische Baumschlinge)

Die Orientalische oder auch Griechische Baumschlinge (Periploca graeca) ist ein sommergrüner windender Strauch aus der Familie der Seidengewächse (Asclepiadaceae). Der Gattungsname ist aus dem griechischen Wort periploke, das heißt Umwindung, abgeleitet und nimmt Bezug auf die Wuchsform als Schlinger. Sie kommt im östlichen Mittelmeergebiet von Italien ostwärts über den Balkan und nach Osten hin bis zum Kaukasus vor. Sie wächst in Auwäldern, an Wasserläufen, an trockenen Waldrändern und in Gebüschen. Häufig ist sie in Macchien zu finden. Partnerpflanzen am Naturstandort sind z. B. Acer campestre, Castanea sativa, Cornus mas, Cotinus coggygria, Hippophae rhamnoides, Elaeagnus angustifolia, Quercus cerris, Quercus robur, Dictamnus albus sowie Salvia sclarea. In Auwäldern ist sie zusammen mit Humulus lupulus, Vitis sylvestris und Clematis vitalba zu finden. Dort klettert sie u. a. in Weiden, Pappeln, Eichen oder Eschen.
Als starkwüchsige Kletterpflanze erreicht sie Wuchshöhen von 5 bis 15 Meter. Sie kann jungen Bäumen gefährlich werden und sie auch im wahrsten Sinne des Wortes erwürgen. Die Triebe führen einen giftigen Milchsaft. Die Rinde ist rotbraun, teilweise bereift und rissig. Periploca graeca ist ein schnell wachsender Schlinger mit sommergrünen gegenständigen dekorativ dunkelgrün glänzenden Blättern.
Gelbe Herbstfärbung von Periploca graeca an einer Mauer.

Periploca graeca Herbstfärbung

Die eher unscheinbaren, kleinen duftenden Blüten von Periploca graeca erscheinen zwischen Juni und August. Sie sind an der Außenseite gelblichgrün, an der Innenseite hingegen blass violettbraun.

Periploca graeca Blüte

Blüten von Periploca graeca und Vitis amurensis, ein gutes Team an der Lärmschutzwand.

Periploca gaeca und Vitis amurensis

Wie die Akebie benötigt auch die Baumschlinge vertikale Kletterhilfen in Form von Seilen, Stäben oder Gittermatten. Stärke und Abstände der Materialien sind ähnlich zu wählen wie bei ihr. Empfehlenswert ist es, nur einen Trieb pro Vertikalelement anzuordnen, um ein gegenseitiges Erwürgen zu verhindern. Die Baumschlinge kann am Stammfuß mit ca. 10-15 cm Durchmesser größere Dicken erreichen als die Akebie. Ein Wandabstand von ca. 15 bis 20 cm ist daher empfehlenswert.

Vitis amurensis (Amur-Rebe, Liebes-Rebe)

Die Wildrebe Vitis amurensis oder Amur-Rebe stammt aus Asien und wird wegen ihrer guten Pilz-Resistenz (z. B. gegen Echten und Falschen Mehltau) sowie ihrer extremen Winterfestigkeit bei der Unterlagenzüchtung oft als Kreuzungspartner verwendet. Sie verdankt ihren Namen der Abstammung aus dem Amur-Tal mit dem gleichnamigen Fluss an der russisch-chinesischen Grenze. Zu finden ist sie außerdem in Korea, NO-China und der Mandschurei.
Im Schnitt klettert die Amur-Rebe bis 6 m hoch, es können aber auch bis zu 15 m erreicht werden. Sie besitzt bis zu 25 cm große, gesägte Blätter, die sich an sonnigem Standort im Herbst prächtig rot bis purpurrot färben. Die Blüten werden zwischen Juni und Juli ausgebildet. Die etwa 1 cm kleinen schwarzen Weintrauben sind essbar.
Vitis amurensis ist extrem anpassungsfähig, was den Standort anbelangt. So werden trockene bis frische, sandig lehmige aber auch tonige Böden toleriert, tiefgründige gut durchlässige und mäßig nährstoffreiche Lehmböden jedoch bevorzugt. Am besten wächst die Amur-Rebe in warmen sonnigen bis halbschattigen Lagen bei kalkhaltigem Boden. Temperaturen bis -40°C werden vertragen.
Als Spross-Ranker benötigt sie eine geeignete horizontale Kletterhilfe, an der die Triebe mit manueller Hilfe solange, bis die beabsichtigte Begrünung erreicht ist, an diesen entlanggeführt werden. Bleiben sich dagegen die Pflanzen selbst überlassen, werden gitterartige Strukturen empfohlen. Der ideale Durchmesser der Rankhilfe wird mit 1,4 cm und der Abstand der Einzelelemente, ermittelt aus dem arteigenen Rankenabstand, mit ca. 10 cm angegeben. Die Amur-Rebe ist auch hervorragend für die Begrünung einer Pergola geeignet.

Weniger bekannte Arten für den Garten

Eine Bereicherung für unsere Gärten sind folgende attraktive Kletterpflanzen: Diese eignen sich durch ihren geringen Wuchs besonders gut für den Hausgarten. Für das Klima im Straßenraum sind sie allerdings nicht geeignet,

Clematis x triternata ‘Rubromarginata‘ (Mandel-Waldrebe)

Diese 1883 in England gezüchtete Sorte gilt als eine der besten Waldreben überhaupt und wurde dort mit dem „Award of Garden Merit“ ausgezeichnet. Sie ist eine Kreuzung aus Clematis flammula und Clematis viticella. Von Juli bis September erscheinen unermüdlich unzählige, kleine weiße Blüten mit violettrotem Saum, die der Pflanze ein wasserfallartiges Flair verleihen. Darüber hinaus zeichnen sie sich durch einen bezaubernden, an Waldmeister erinnernden Duft aus.
Mit lockerem Wuchs klettert sie bis in 3,5 m Höhe und stellt keine besonderen Ansprüche an den Standort. Wie alle Clematis bevorzugt sie einen humosen, durchlässigen, nährstoffreichen, frisch bis feuchten Standort an einem sonnigen bis halbschattigen Platz. Dauerschatten sollte vermieden werden. Falls sie einmal im Frühjahr nicht rechtzeitig austreibt, hilft ein wenig Geduld. Es kann durchaus vorkommen, dass sie erst spät im Frühjahr wieder lebendig wird. Ein jährlicher kräftiger Rückschnitt im November oder Dezember ist anzuraten. Wie die meisten robusten Wildarten wird sie eher selten von der gefürchteten Clematiswelke befallen.
Überall dort, wo ihr Duft Beachtung finden kann, ist ein guter Standort. In Sitzplatznähe z. B. an einer Pergola kann man den intensiven Duft genießen. Als Blattstiel-Ranker benötigt die Clematis filigranere Kletterhilfen, die sowohl horizontal als auch vertikal angeordnet sein sollten. Sie lässt sich problemlos in Bäume leiten oder eignet sich zur Zaunbegrünung. Der Idealdurchmesser der Rankhilfe wird mit 0,4 cm und der Abstand der Einzelelemente, ermittelt aus den Blattstiellängen und -abständen mit ca. 10 cm angegeben.
Hervorragend geeignet für Hausgärten sind auch die Sorten der Arten Clematis alpina, Clematis tangutica und Clematis viticella, die nicht nur in Verbindung mit Rosen eine Bereicherung für jeden Garten darstellen. In der gängigen Literatur sind diese ausreichend beschrieben und werden hier nicht weiter dargestellt. Nicht vergessen werden sollen an der Stelle die Stauden-Clematis, die z. B. mit Clematis x jouiniana ‘Praecox’ eine wertvolle Sorte zum Überhang und als Bodendecker stellt.
Weiße Blüten von Clematis x jouiniana ‘Praecox‘ als Überhang einer Mauer.

Clematis x jouiniana ‘Praecox‘

Überreiche Blütenfülle bei Clematis triternata ‘Rubromarginata‘.

Clematis triternata ‘Rubromarginata‘

Lonicera japonica (Japanisches Geißblatt)

Das Japanische Geißblatt ist eine schon alte, robuste Gartenpflanze aus Asien. Sein natürliches Verbreitungsgebiet reicht von China über die Mandschurei und Korea nach Japan. 1806 wurde die Art nach Amerika eingeführt und ist inzwischen in Mittel- und Teilen Südeuropas als Gartenflüchtling verwildert und eingebürgert. Der starkwüchsige Schlinger erreicht Wuchshöhen zwischen 4 und 6 Metern, gelegentlich auch 10 Meter.
Begrünung eines Stahlgeländers mit Lonicera japonica

Lonicera japonica ‘Halliana‘

Lonicera japonica mit seinen stark duftenden gelben Blüten.

Lonicera japonica Blüte

Lonicera japonica im Herbst mit ihren schwarzen, schwach giftigen Früchten.

Lonicera japonica Früchte

Als Waldpflanze benötigt die Art eher einen licht- bis halbschattigen Platz und einen frisch bis feuchten Boden. Im Hinblick auf den pH-Wert ist sie anpassungsfähig. In den meisten Regionen ist sie ausreichend winterhart und hält Temperaturen zwischen -18 und -20°C stand. Als Schlinger bevorzugt das japanische Geißblatt vertikale Kletterhilfen von ähnlicher Stärke wie bei Akebia quinata.

Menispermum in Arten (Mondsame)

Wem Lonicera japonica zu starkwüchsig ist, findet mit dem Amerikanischen oder Asiatischen Mondsamen eine gute Alternative. Die aus Nordamerika stammende Art ist Menispermum canadense und die ostasiatische Art Menispermum dauricum. Der deutsche Name „Mondsame“ leitet sich aus der Form des Samens her.
Die aus Nordamerika stammende Art ist Menispermum canadense und die ostasiatische Art Menispermum dauricum. Der deutsche Name „Mondsame“ leitet sich aus der Form des Samens her. Beide Arten sind in Deutschland noch wenig bekannt; die Art Menispermum canadense ist besser zu beschaffen. Seine Heimat ist in lichten Wäldern entlang der Flüsse im östlichen Nordamerika. Menispermum dauricum ist eine waldbewohnende Art aus dem östlichen Asien und Japan. Beide Arten bilden recht dünne, windende Triebe mit sehr dekorativem, großem, herzförmigem, hell blau-grünem Laub und lose Trauben mit dunkel blau-schwarzen Beeren im Herbst.
Der Mondsame ist eine starkwüchsige aber dünntriebige, also leichte Kletterpflanze und ist daher auch für schwach gebaute Kletterhilfen gut geeignet. Hierfür eignen sich primär vertikal orientierte Rechteckstrukturen mit horizontalem Abstand zwischen 20 und 40 cm. Dieses relativ breite Maß ergibt sich aus der Blattstellung, die trotz dem eher „zarten“ Wuchs an lichten Kletterhilfen eine gute Flächenüberdeckung verspricht.

Bemerkungen

Unabhängig von der Standortsituation ist es wie bei jeder Pflanzung wichtig, günstige Pflanzvoraussetzungen zu schaffen. Das verwendete Substrat sollte strukturstabil sein und einen guten Wasser- und Lufthaushalt garantieren können. Bei der Gefahr von Staunässe muss drainiert werden. Das Pflanzloch sollte nach FLL-Vorschrift mindestens 0,5 m² groß und 0,5 m tief sein, so dass der durchwurzelbare Raum mindestens 1 m³ beträgt. Bei der Auswahl der Kletterhilfen sind das artspezifische Wuchsverhalten und die Klettertechnik der jeweiligen Art unbedingt zu beachten, um Schäden auszuschließen. Sollen bestehende Elemente wie Zäune, Pergolen oder dergleichen begrünt werden, ist sorgfältig abzuwägen, ob die Wuchsstärke und der Pflegebedarf der ausgesuchten Pflanze der Situation angemessen ist.