Rebschutz
Mindestabstände bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln zu Anwohnern und Umstehenden

Fast nur Weg zwischen Haus und Weinberg

In Gebieten mit pflanzlicher Erzeugung liegen Kulturflächen und Bebauung oft sehr eng nebeneinander. Pufferstreifen oder Eingrünungen an den Ortsrändern fehlen weitestgehend. Hierdurch können Konflikte zwischen Anliegern und den Anwendern von Pflanzenschutzmitteln auftreten. Dies gilt aber auch für andere an Kulturflächen angrenzende sensible Flächen.
In den allermeisten Fällen liegt zwischen Bebauung und Erzeugungsfläche ein Weg (siehe Bild).

Aus der Bekanntmachung des Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) vom 27. April 2016 (BVL 16/02/02)

  • Überarbeitung der Leitlinie zur Expositions- und Risikoabschätzung für Umstehende und Anlieger während und nach der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln aus dem Jahr 2008
  • Anpassung an neuen Stand von Wissenschaft und Technik
  • Neue Bewertungsmodelle nach dem Leitliniendokument der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA
    = Leitlinie für Expositionsbewertung von Anwendern, Arbeitern, Anwohnern und Umstehenden bei der Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln (gültig ab dem 1. Januar 2016)
  • Expositions- und Risikoabschätzung ist Gegenstand des Zulassungsantrags bei Pflanzenschutzmitteln (PSM)
  • Pflanzenschutz darf gemäß §3 PflSchG nur nach guter fachlicher Praxis durchgeführt werden:
    • Abdrift von behandelten Flächen grundsätzlich vermeiden
    • ausreichende Abstände zu Wohngebieten, Garten-, Freizeit- und Sportflächen einhalten
    • Umstehenden und Anwohnern schützen
  • Bei der Bewertung von Pflanzenschutzmitteln (PSM) im Zulassungsverfahren wird zugrunde gelegt, dass der Mindestabstand zu Umstehenden und Anwohnern bei Spritz- und Sprühanwendungen nicht unterschritten wird. Entscheidend ist dabei die Ausrichtung der Düsen!
    • bei Flächenkulturen, bei der Anwendung senkrecht nach unten: 2 m (Das gilt auch für die Anwendung von Herbiziden in Obstkulturen und im Weinbau)
    • bei Raumkulturen, bei seitwärts gerichteter Anwendung: 5 m
    • Diesen Abständen liegen Modellrechnungen zugrunde, die die Aufnahme über die Haut und Atemwege bei Erwachsenen und Kindern abschätzen.
    • Diese Abstände gelten auch für handgeführte Spritzgeräte.

Hier heißt es aufgepasst!

Bei Raumkulturen und Seitwärtsapplikation gilt ein Mindestabstand von 5 m zu Bebauungen. Er reduziert sich bei Vertikalapplikation (Herbizide) auf 2 m.

Haus steht direkt am Weinberg

Haus direkt am Weinberg

Bebauung in den Weinberg hinein

Bebauung im Weinberg

Weinberg von Bebauung umschlossen

von Bebauung umschlossen

Weiteres aus der Bekanntmachung des BVL vom 27. April 2016

  • Es wird bei der Zulassung von PSM zugrunde gelegt, dass die genannten Mindestabstände zu folgenden Flächen eingehalten werden
    • zu Flächen die für die Allgemeinheit bestimmt sind (§17 PflSchG)
    • zu Grundstücken mit Wohnbebauung
    • zu privat genutzten Gärten
    • zu unbeteiligten Dritten, die z.B. gerade benachbarte Wege nutzen
  • Sollten im Einzelfall als Ergebnis der Risikobewertung größere Abstände als zwei oder fünf Meter notwendig werden, würden diese als Anwendungsbestimmung mit dem Zulassungsbescheid für das betreffende PSM festgelegt werden.
  • Die Mindestabstände
    • … zu Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind
    • … zu Grundstücken mit Wohnbebauung
    • … und zu privat genutzten Gärten
    • sind auch dann zu beachten, wenn sich zum Zeitpunkt der Anwendung dort keine Personen aufhalten.
  • Zu den Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt, sind gehören z. B.:
    • Öffentliche Parks und Gärten
    • Grünanlagen in öffentlich zugänglichen Gebäuden
    • Öffentlich zugängliche Sportplätze, einschließlich Golfplätze
    • Schul- und Kindergartengelände
    • Spielplätze
    • Friedhöfe
    • Flächen in unmittelbarer Nähe von Einrichtungen des Gesundheitswesens
  • Welcher Abstand ist bei Wegen einzuhalten, die von der Öffentlichkeit genutzt werden?
    • Öffentliche Wege können zwar von Spaziergängern und Radfahrern genutzt werden. Diese Nutzung ist aber nicht vergleichbar mit der Nutzung eines privaten Gartens oder einer Liegewiese. Deshalb ist hier nicht unbedingt ein Mindestabstand zum Weg einzuhalten.
    • Es ist sicherzustellen, dass unbeteiligte Dritte nicht in den Bereich der Mindestabstände gelangen.
    • Durch zeitweilige Absperrung der Wegfläche oder durch Aussetzen der Behandlungsmaßnahme, bis Spaziergänger oder Radfahrer vorbei sind, kann dies erreicht werden.
Weg und breiter Graben zwischen Bebbauung und Weinberg

Weg und Graben reichen aus

Spaziergänger im Weinberg in großer Entfernung

Weg frei, Abstand reicht

Spaziergänger mit Hund auf dem Weinbergsweg

Spritzung kurz aussetzen

Pflanzenschutz bei angrenzenden sensiblen Flächen wie z.B. Wohnbebauungen, Freizeitflächen etc.

Was heißt das für den Anwender von Pflanzenschutzmitteln?

  • Hier ist ein gesundes Maß an Eigenverantwortung angebracht!
  • Umsichtiges Handeln erspart Konflikte, Ärger und schont die Umwelt.
  • Bei Verstößen kann eine Aufforderung zur Abstellung der Mängel amtlicherseits erfolgen.
  • Unabhängig davon leidet das Image des Pflanzenschutzes, was bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zu weiteren Erschwernissen führt.
  • Informieren Sie Anlieger über (geplante) Pflanzenschutzmaßnahmen, insbesondere, wenn danach gefragt wird.
  • Halten Sie gesetzliche Ruhezeiten ein.
  • Vermeiden Sie soweit möglich Pflanzenschutzmaßnahmen am Wochenende und an Feiertagen.
  • Vermeiden oder reduzieren Sie Abdrift durch…
    • Abdriftmindernde Geräte und abdriftreduzierende Düsen
    • Berücksichtigung von Luftbewegung und deren Richtung
    • Berücksichtigung von Temperatur und Luftfeuchte
  • Falls trotz aller Vorsichtsmaßnahmen Abdrift auf Nachbarflächen aufgetreten ist
    • informieren Sie Anlieger umgehend darüber
    • weisen Sie Vorsorgemaßnahmen hin
    • a) z. B. Kinder nicht auf Weg- oder Rasenfläche spielen lassen
    • b) z. B. Obst- und Gemüse aus dem Garten nicht verzehren, bzw. erst nach Ablauf der Wartezeit
    • Im Zweifelsfall ziehen Sie den Amtlichen Pflanzenschutzdienst oder den Hersteller des Pflanzenschutzmittels hinzu.

Erkennen Sie den Unterschied ?

Weinberg reicht bis an den Weg
Eine Bepflanzung bis an den Wegrand erschwert die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben und die Sicht auf die Nutzer des Weges.
Großes Vorgewende, daher viel Raum zwischen Reben und Bebauung
Durch ein breiteres Vorgewende kann die Abdrift auf Nichtzielflächen wie Wege weiter reduziert werden. Zusätzlich kann hier durch die Förderung einer natürlichen Begrünung oder Einsaaten ein Beitrag zur Förderung der Biodiversität geleistet werden.

Was wäre sonst noch wichtig?

Die Eingrünung von Ortsrändern im Rahmen von Neubebauungen kommt Anwendern von Pflanzenschutzmitteln und Anliegern zugute. Saumstrukturen am Bebauungsrand stellen einen natürlichen Abschluss zur Bebauung her. Sie dienen dem Landschaftsbild und reduzieren ungewollte Abdrift de facto auf null.

Saumstrukturen findet man häufig dort, wo Straßen verlaufen. Beide zusammen schaffen einen räumlichen Puffer zwischen Kulturfläche und der Bebauung.

Die Einhaltung der Mindestabstände zu Anwohnern und Umstehenden bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln dient den Zielen des Nationalen Aktionsplan Pflanzenschutz (NAP) um Risiken, die durch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln entstehen können, weiter zu reduzieren.