Rebschutz
Die Traubenwickler: Einbindiger (Eupoecilia ambiguella) und Bekreuzter (Lobesia botrana)

Zwei Weißweinbeeren mit Löchern und Gespinstfäden zwischen unbeschädigten Beeren einer Traube

Die beiden Traubenwicklerarten gehören zu den problematischsten tierischen Schädlingen für den Rebenanbau. War über viele Jahrzehnte hinweg der Einbindige Traubenwickler die dominierende Art in Franken, so ist es seit der Jahrtausendwende zunehmend und inzwischen fast ausschließlich der Bekreuzte Traubenwickler, der im Monitoring zu finden ist. Um Schaden von den Trauben abzuwenden, nutzt man vielerorts die Strategie dieser Wicklerarten zur Partnersuche gegen sie selbst.

Um zur Paarung auch aus weiterer Entfernung zusammen zu finden, verströmen die Traubenwickler-Weibchen einen der Art eigenen Duft, ein sogenanntes Pheromon. Die Männchen fliegen sobald sie diesen Duft wahrnehmen entlang dem ansteigenden Duftgradienten, also der Duftquelle entgegen, bis sie auf das duftende Weibchen treffen.
Auf die Paarung folgt die Eiablage, aus diesen schlüpfend die jungen Larven (Raupen). In der ersten, sogenannte Heuwurm-Generation fressen die Larven an den Gescheinen (Blüten) der Weinrebe oder anderen Wirtspflanzen (Hecke, Wald). Sie verspinnen die Einzelblütchen an der Rebe, um sich ein Versteck zu schaffen, und verhindern damit eine erfolgreiche Blüte und Befruchtung. In der zweiten, der sogenannten Sauerwurm-Generation fressen sich die Larven in die jungen Beerchen. In der Folge dringen Fäulnispilze in die "Wunden" ein und bei entsprechender (feuchter) Witterung fault die Traube und kann nicht mehr verwertet werden.

Überwachung

Pheromonfallen

Um die Flugaktivität der Trauben­wickler-Männchen zu überwachen, werden in der Rebflächen Klebefallen mit artspezifischen Pheromon­ködern aufgehängt. Die Männchen erschnuppern den Duft dieses sehr attraktiven "Weibchens" und folgen der Duftspur in die Falle.
Fallen-Kontrollen im 2-3 Tagesrhythmus halten Beginn, Höhepunkt und Ende des Trauben­wickler­fluges fest. Die absoluten Fangzahlen sind zwar kein Maß für die tatsächliche Falterdichte und den zu erwartenden Raupenbesatz, sie geben jedoch wichtige Hinweise auf das mögliche Gefährdungs­potenzial.

Bonituren

Entscheidend für den optimalen Einsatz von Präparaten gegen die Traubenwickler ist die Bestimmung des Erreichens des Schwarzkopfstadiums. Dieses letzte Entwicklungs­stadium des Eis deutet auf den unmittelbar bevorstehenden Larven­schlupf.
Zur besseren Information der Weinbau­praxis werden Ei- und Larven­bonituren regelmäßig in den Monitoring­flächen durchgeführt und auf www.vitimonitoring.de veröffentlicht.

VitiMonitoring - aktuelle Rebschutzsituation online

Schadschwellen

In der Heuwurm-Generation wird in der Regel die Schadschwelle von 30 Raupen auf 100 Gescheinen nicht erreicht. Bei einem Befall von 5 Eiern und/oder Larven auf 100 Trauben in der Sauerwurm-Generation ist eine Schadschwelle nach guter fachlicher Praxis erreicht und um Schaden durch nachfolgenden Befall durch Fäulnispilze abzuwenden, sollte eine Behandlung durchgeführt werden.

Schadschwelle überschritten

Sind Befallsnester deutlich sichtbar, ist der Schaden kaum mehr einzugrenzen. Daher müssen Gegen­maßnahmen auf eine möglichst frühzeitige Tilgung zu Beginn des Larvenschlupfes ausgerichtet sein. In Abhängigkeit von der Dauer der Raupen­schlupf­phase kann eine zweimalige Applikation von Präparaten (insbesondere Bacillus thuringiensis (Bt)-Präparate) notwendig werden.
Ein stärkerer Sauerwurm­befall kann frühzeitig massive Sauerfäule bewirken. Dies hat das Jahr 2017 deutlich aufgezeigt. Daher ist die frühzeitige Kontrolle über Pheromon­fallen und auf Eiablage sowie die Beachtung der Beratungs­empfehlungen (Weinbaufax Franken) dringend anzuraten.

Weinbaufax Franken mit Oenofax

Bekämpfungsmöglichkeiten
Bacillus thuringiensis (Bt)-Präparate

Die besonderen Vorteile von Bt-Präparaten liegen sowohl in der Anwender- als auch Nützlings­schonung. Die Bt-Präparate sind eine biologische Kontrollmöglichkeit auf Basis von speziellen Bakterien-Toxinen, die nur für Lepidopteren-Larven schädlich sind, in dem sie deren Darmwand zerstören. Beim Einsatz der (Bt)-Präparate sind einige Punkte genau zu beachten:

  • Die Wirkungsdauer beträgt je nach Witterung maximal 8 Tage. Bei verzögertem Raupenschlupf kann nur bei Bt-Präparaten die Aufwandmenge auf zwei Behandlungen „gesplittet“ werden.
  • „Bt-Präparate“ sind „Fraßgifte“. Deshalb sollte zur Wirkungsverbesserung 0,5-1 kg Zucker („Appetitanreger“) je 100 l Spritzbrühe beigegeben werden und durch Befahren jeder Gasse eine optimale Applikation erreicht werden.
Entwicklungsbeschleuniger - Wirkung durch Stören der Häutung:

Die Aufnahme des Wirkstoffes erfolgt hauptsächlich über Fraß und Kontakt. Kurz danach tritt ein Fraßstopp ein, und die Larven sterben innerhalb weniger Tage ab.

Wirkung durch Stören der Reizweiterleitung

Diese Wirkstoffe werden von den Larven hauptsächlich durch Fraß und über Kontakt aufgenommen und führen sofort zu Lähmungserscheinungen. Dadurch ist ein schneller Fraßstopp gewährleistet.

Wirksamkeit
Alle Präparate können nur dort wirken, wo sie durch die Applikation auch hinkommen. Trauben sind deutlich schwerer zu benetzen als Blätter. Daher ist bei einer Trauben­wickler­bekämpfung nur eine gute Wirksamkeit zu erwarten, wenn jede Gasse befahren wird.

Beachten Sie auch die aktuellen Hinweise im Weinbaufax, um die optimalen Applikationszeitpunkte zu ermitteln.

Pheromon-Verwirrungs­verfahren

Damit es gar nicht erst zu einem Schaden kommt und eine Bekämpfung nicht notwendig wird, versucht man den Traubenwickler mit seinen eigenen Waffen zu schlagen. Finden sich nämlich Männchen und Weibchen nicht mehr, gibt es keine Eier, also auch keine Larven und somit keinen Schaden.
Um dies zu erreichenn, werden die wichtigsten Komponenten des Duftstoffes nachgebaut. Diese werden in Dispenser gefüllt, aus welchen das Pheromon langsam über die Vegetationszeit hinweg ausströmen kann.
Im zeitigen Frühjahr werden rund 500 Pheromon­dispenser je Hektar in der Rebfläche und im Randbereich verteilt.
Es entsteht eine nur für die Traubenwickler wahrnehmbare Duftwolke, die auch den Duft der im Weinberg sitzenden Weibchen aufnimmt. Da das Pheromon gleichmäßig in der Rebfläche verteilt ist, weist es keinen Gradienten mehr auf und die verwirrten Männchen finden den Weg zu den Weibchen nicht mehr.

Zur Verfügung stehen folgende Verwirrverfahren

  • RAK 1 Neu (Einbindiger Traubenwickler)
  • RAK 1 + 2 M (Einbindiger und Bekreuzter Traubenwickler)
  • Isonet LE (Einbindiger und Bekreuzter Traubenwickler)
  • CheckMate Puffer (Einbindiger und Bekreuzter Traubenwickler)

RAK 1 Neu richtet sich gegen den Einbindigen und das Kombinationspräparat RAK 1 + 2 wie auch Isonet LE richten sich sowohl gegen den Einbindigen als auch gegen den Bekreuzten Traubenwickler. Die Pheromon­ampullen bzw. die Isonet-„Spaghettis“ müssen jeweils vor Beginn des Falterfluges ausgebracht werden. Sie wirken über die Heu- und Sauerwurm-Generation hinweg.
(Selbstverständlich werden die Dispenser am Ende der Vegetation wieder eingesammelt, um keinen Müll im Weinberg zu hinterlassen.)

Grafik beginnend mit 162 ha in 2009, ab 2018 dank Förderung stark steigend bis 2602 ha in 2023

Verwirrverfahren nicht möglich

In Fällen, in denen das Pheromon-Verwirrungs­verfahren nicht praktikabel eingesetzt werden kann, besteht die Möglichkeit Insektizide zu verwenden. Ausschlussgründe für ein Verwirrverfahren bestehen sobald die Beständigkeit der Pheromonwolke nicht mehr gewährleistet ist. Dies ist z. B. in zu kleinen Weinbergarealen (< 5 ha) der Fall. Auch Weinberge, die sehr stark strukturiert sind, in denen die Rebflächen von anderen Kulturen oder Naturräumen wie Hecken, Trockenrasenflächen oder Wald unterbrochen werden, sind für die Pheromon-Verwirrung nicht geeignet.

Förderung des Verwirrverfahrens

Förderzweck ist die umweltschonende Bekämpfung des Traubenwicklers im bayerischen Weinbau durch den Einsatz der Verwirrungs­methode mit Pheromonen zur Vermeidung von Ertrags- und Qualitäts­einbußen bei Tafel- und Keltertrauben. Dadurch soll der Einsatz von Insektiziden im Weinbau weiter reduziert oder gar gänzlich vermieden werden. Die finanzielle Zuwendung beträgt 110 € je Hektar; die beantragte Fläche muss mindestens 3 Hektar groß sein.
Die Antragsunterlagen und weitere Informationen zum Programm erhalten Sie bei:

Peter Wolter
LWG - IWO4
Veitshöchheim
Tel.: 0931 9801-3521
E-Mail: iwo@lwg.bayern.de
Internet: Betriebsberatung und Förderung Externer Link

Pheromonfalle: im Querschnitt dreieckige "Plastikröhre" darin hängt ein Pheromonköder, auf dem Boden Leimboden

Pheromonfalle

Zwei Säulengrafiken, die erste startet 1993 mit Höhepunkt um 1999, da startet die zweite erst

Pheromonfallenfänge seit 1993

Traubenwicklerei auf dem Hüllblatt eines Gescheins

Traubenwicklerei

Traubenwicklergespinst in der Rebblüte

Gespinst

Larve des Bekreuzten Traubenwicklers mit hellem Kopf auf einer Traubenbeere

Junge Larve

Zwei Weißweinbeeren mit Löchern und Gespinstfäden zwischen unbeschädigten Beeren einer Traube

Fraßlöcher des Traubenwicklers

RAK-Ampulle an Flachbogen mit frisch ausgetriebenen Trieben

Pheromon-Ampulle

Gelesene Tauben voller grau-brauner fauler Beeren

Lesegut nicht mehr verwertbar