Jahresrückblick Franken
2016: Ein Jahr mit vielen Herausforderungen

Fast alle denkbaren Witterungs­konstellationen mit ihren entsprechenden Auswirkungen auf die Reben hat das vergangene Jahr bereitgehalten. Folglich mussten die Winzer ihr ganzes fachliches Können aufwenden, um die gestellten Herausforderungen zu meistern. Doch ohne die traumhaft idealen letzten Reifewochen hätte auch die beste Winzerkunst nicht diese köstlichen Produkte erschaffen können, wie sie in vielen Kellern heranreifen.

Witterung und Phänologie

Das erste Jahresviertel war wieder einmal von den zu warmen Winter­monaten geprägt. Ein früher Vegetationsstart wurde jedoch von immer wiederkehrenden sehr kühlen Perioden im März und April ausgebremst. Die leicht unterdurch­schnittlichen Temperaturen der beiden Monate (Abb. 1) zeigen sich in der phänologischen Entwicklung, die für Knospenaufbruch und Zweiblattstadium im Bereich des langjährigen Mittels (Tab. 1) liegen.
Dieser, im Vergleich zu früheren Jahren, gemächlichen Entwicklung ist es zu verdanken, dass durch den Kaltluft­einbruch in der letzten Aprilwoche mit Temperaturen bis -4°C in den meisten Rebanlagen nur ausgleichbare Schäden aufgetreten sind. Eine Besonderheit war, dass zunächst Wind- und danach Strahlungsfrost aufgetreten ist. Somit waren windoffene, höhere Lagen ebenso betroffen wie auch tiefere Lagen. Das im Ganzen betrachtet geringe Schadensausmaß ist allerdings nur ein schwacher Trost für diejenigen mit stark frostgeschädigten Flächen, bei denen ein starker Ertragsausfall zu verzeichnen war.

Das Auf und Ab der Temperatur setzte sich im Monat Mai fort. Verbunden mit der häufig dichten Bewölkung kam keine Frühjahrs­stimmung auf. Bis zur letzten Maidekade blieb es aber dennoch trocken. Der hohe Monats­niederschlag (Abb. 2) fiel allein in den letzten Maitagen. Im südlichen Maindreieck erbrachten Unwetter, stellenweise mit starkem Hagel­schlag, in zwei Tagen bis zu 100 l Regen. Während Abschwemmungen in den Weinbergen meist nur gering ausfielen konnten die noch kaum bewachsenen Böden in Mais und Rübenfeldern die Wassermassen nicht fassen und in mancher Ortschaft herrschte „Land unter“ (Abb. 3).

Die weiteren Sommermonate von Juni bis August zeigten eine durchschnittliche Temperatur­entwicklung auf. Folglich bewegte sich auch die Phänologie im normalen Rahmen. Die Blüte begann Mitte Juni und endete in der Mitte der letzten Junidekade. Ebenso lagen das Stadium „Trauben hängen“ und „Reifebeginn“ im Bereich der langjährigen Mittelwerte (Tab. 1).

Nach der ersten Augustdekade war die bisher vorherrschende feuchtere Witterungs­periode vorbei. Die Niederschläge blieben weitgehend aus und in der letzten August­dekade, normalerweise der Übergang zu spätsommerlich gemäßigten Temperaturen, schnellten die Temperaturen auf hoch­sommerlich, heiße Werte an. Diese Witterungs­konstellation hielt bis zur letzten Septemberdekade an. Die Auswirkung für die Reben waren - im Negativen: Starker Trocken­stress, hitzegeschädigte Beeren, Verlangsamung der Reifentwicklung – im Positiven: Stopp der Entwicklung der Pilzkrankheiten Peronospora und Botrytis.

In Bereichen mit geringen Monats­niederschlägen ab Juni und flachgründigen Standorten wurde im September eine Bewässerung notwendig. Erst mit den Nieder­schlägen gegen Ende der zweiten Septemberdekade wurden die Reben wieder angefrischt und die Reifeentwicklung verstetigte sich wieder. Unterstützend wirkten die allgemein fallenden Temperaturen, wobei besonders die niedrigen nächtlichen Temperaturwerte die Aromenreife der Beeren befeuerte.

Tab.1: Phänologische Daten 2016 im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 1968-2015 (mittlere Müller-Thurgau Lage)
Entwicklungs-stadiumBBCH2016Mittel 1968-2015
Austrieb-Knospenaufbruch0923.0428.04
2-Blatt-Stadium1205.0509.05
Blüte, 30% der Käppchen abgeworfen6319.0618.06
abgehende Blüte6824.0624.06
Beeren erbsengroß7510.0714.07
Hell werden der Beeren8112.0810.08

Krankheiten und Schädlinge

Das bestimmende Thema des Jahres war das starke Auftreten der Peronospora. Die Gründe hierfür waren:

  • Die Niederschlagsperiode mit andauernden und hohen Regenmengen ab 23. Mai, die mehrfache Primärinfektionen erlaubte
  • die Niederschlagsverteilung bis Ende Juli, die eine termingerechte Fungizidapplikation erschwerte und lang andauernde Perioden mit Sporulations- und Infektionsbedingungen geboten hatte
  • Phasen mit extrem starkem Zuwachs an Blättern und Trauben, die den Spritzbelag schnell lückig werden ließen,
  • stellenweise hohe Regenmengen, die zu einer Abwaschung aufgebrachter Fungizide führten,
  • häufig zu nasse Boden­bedingungen, die eine Befahrung der Anlagen nicht zuließen.

Unter diesen Bedingungen mussten die Terminierung der Behandlungen, die Mittelwahl und die Applikations­technik passen. Jeder Fehler und jede Nachlässigkeit zeigten sich in mehr oder minder starkem Peronosporabefall an Blättern, Gescheinen und Trauben (Abb.4). Ebenso zeigte sich, dass eine genaue Beobachtung der Anlagen unumgänglich ist, um sofort reagieren zu können. Selbst die Niederschlagsperiode in der letzten Julidekade brachte in ungenügend geschützten Anlagen nochmals einen kräftigen Traubenbefall hervor, da ein hoher Infektionsdruck durch die in jeder Anlage befallenen Blätter gegeben war.

Die langen Nässeperioden begünstigten auch den Botrytispilz. Unsichtbar von der Trauben­außenseite hatte sich vor allem in kompakten Trauben bereits Anfang August ein unheilvolles Gemisch aus abgestorbenen Blütenresten mit Botrytisbefall entwickelt. Nur der anschließend langen und heißen Trockenperiode bis Mitte September und der weitgehend trockenen Herbstperiode ist es zu verdanken, dass diese „Hypothek“ nicht eingelöst wurde.

Dies galt ebenso für den Trauben­wickler, bei dem in einigen Lagen erhöhte Ei- und Larvenzahlen beobachtet wurden. Größere Schädigungen entstanden selbst bei höheren Befällen aber nicht, da die trockene Witterung den Sekundär­schädling Botrytis keine Entwicklungs­möglichlkeiten bot.

Oidium trat kaum in Erscheinung. Dies ist nicht auf ungünstige Witterungsverhältnisse für den Pilz zurückzuführen, sondern auf die wegen der Peronospora eng gefahrenen Spritzfolgen. Wurden allerdings beim Mitteleinsatz angeblich mögliche „Sparvarianten“ ausprobiert, z.B. Netzschwefel oder reine Azole in der besonders gefährdeten Phase um die Blüte, zeigte sich dies im Juli durch stärkere Befälle. Auch die Oidium­versuchs­varianten zeigten einen hohen Infektionsdruck an.

Der Kirschessigfliege kamen die feuchte Witterung und gemäßigte Temperaturen bis Anfang August zugute. Teils kräftige Befälle in Beerenkulturen waren der Beweis dafür. Die heißen Temperaturen und die trockenen Bedingungen ab Ende August unterbrachen jedoch den Populationsaufbau der Kirsch­essigfliege. Bis auf einzelne stärkere Befälle traten daher keine Probleme auf.

Herbstgeschehen

Die während des Jahres zu bewältigenden Herausforderungen hatten wahrscheinlich doch sehr am Nervenkostüm mancher Winzer und Verantwortlichen von Erzeuger­gemeinschaften gezehrt. Mit den ersten Niederschlägen ab Mitte September wurde in manchen Betrieben die Lesemaschine angeworfen und auf Hochtouren weiter betrieben. Die Trauben­gesundheit, die Witterungs­vorhersage, die Befahrbarkeit der Anlagen und die physiologische Traubenreife gaben für die hektische Betriebsamkeit eigentlich keinen Anlass.

Ruhigere Gemüter gaben den Trauben noch Zeit die meist schönen Herbstwochen auszunutzen. Vor allen die dann kühleren Tage förderten nochmals kräftig die Aromenausreife in den Beeren. Mitte Oktober waren die Trauben abgeerntet. Viele Winzer sprachen wegen des sagenhaften Wetters und der gesunden Trauben von einer völlig entspannten Lesesaison.

Bis auf Standorte, die mit Wassermangel zu kämpfen hatten und wo hohe Erträge belassen wurden, lagen die Qualitäten überwiegend im Kabinett und Spätlesebereich. Der fränkische Durchschnitts­ertrag wird bei etwa 85 hl/ha liegen. Die guten Wachstums­bedingungen mit ausreichender Wasser­versorgung in der Beeren­bildungs­phase und kurz vor der Ernte haben zu hohen Einzel­beeren­gewichten geführt und den Ertrags­durchschnitt gegenüber den letzten Jahren erhöht.
Das gesunde und ausgereifte Lesegut zeigt bei ersten Verkostungen eine hohe Finesse, Frucht und Eleganz. Somit können sich Weintrinker auf den neuen Jahrgang freuen.

Säulengrafik. Deutlich höhere Niederschläge bis Juli mit Ausnahme von März und Juni.

Abb.1: Niederschlag

Punkt- und Kurvengrafik. 2016 mal wärmer mal kühler mal gleich wie die Norm.

Abb.2: Temperaturen

Blick auf eine Feld, Saatreihen verschwinden im Wasser

Abb.3: Nach Starkniederschlägen

Voll entwickelte Gescheine sind braünlich grün verfärbt, z. T. eingetrocknet.

Abb.4: Peronospora total