Veitshöchheimer Obstbautag 2015: aktuell, informativ, gut besucht
Die im zweijährigen Turnus stattfindende Veranstaltung lockte mit Themen rund um das Steinobst ca. 150 Teilnehmer in die Aula der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Veitshöchheim.
Hubert Siegler vom Sachgebiet Obstbau und Baumschulen hatte ein Tagungsprogramm mit sehr aktuellen, brisanten Themen und hoch interessanten Referenten für Praktiker aus nah und fern zusammengestellt. Dabei standen Informationen zu Steinobst, v.a. Süßkirschen, und der derzeit sehr große Probleme für die Obstpraxis bereitenden Kirschessigfliege auf der Agenda.
Helmut Jäger, Vorsitzender des Bayer. Erwerbsobstbau-Verbandes e.V
Zum ersten Mal konnte der "neue" Präsident der LWG, Dr. Hermann Kolesch, diese Obstveranstaltung eröffnen und zusammen mit dem B.E.O.V.-Vorsitzenden Helmut Jäger aus Lindau die zahlreichen Teilnehmer begrüßen.
Weigi-Kirschenunterlagen; Erfahrungen im Versuchsanbau
Hubert Siegler berichtete über die brandneu für den Obstbau freigegebenen Weigi-Süßkirschenunterlagen. Nach über 10-jähriger Testphase konnten einige Weigi-Unterlagen überzeugen. Die Ergebnisse aus Veitshöchheim sind vielversprechend, zumal sie überwiegend auch von anderen Versuchsstandorten in Thüringen, Oberfranken, Südbaden und sogar Südfrankreich in den Kernaussagen bestätigt werden konnten. Weigi 1 und Weigi 2 bilden schwach wachsende Bäume aus, fördern den Ertrag und das Fruchtgewicht der Edelsorten und sind daher für einen modernen Erwerbsobstbau geeignet.
Kirschenanbau; Erfahrungen eines Praktikers für einen erfolgreichen Anbau
Damit dies auch betriebswirtschaftlich erfolgreich gestaltet werden kann, hatte der 2. Referent eine Palette an hilfreichen Tipps parat. Aus langjähriger Erfahrung mit stets realisierten Innovationen in seinem Betrieb berichtete Peter Stoppel aus Kreßbronn am Bodensee. Der Besitzer eines großen Obsthofes mit u.a. 6 ha Kirschen im Bestand (und weiteren in Planung) gab Einblick in seine Kirschenanlagen mit Bewässerung, Fertigation, Regenschutzsystemen und künftigen Insektenschutznetzen.
Spätfrösten entgegnet er in Frostnächten mit Frostbustern (mit Gas betriebenen, entlang der Reihe fahrenden und Warmluft abgebenden Anbaugeräten), wobei das geschlossene Regenschutzdach die Wärme besser in der Kirschenanlage hält. Neben Hinweisen zu Schnitt und Erziehung von Kirschbäumen galt ein wichtiger Aspekt der Ernte und Lagerung von Früchten. Die Kirschen werden sofort nach der Ernte sortiert und einer Eiswasserkühlung unterzogen. So können sie einige Wochen bei 0 °C gelagert und stets knackig frisch mit allen wertgebenden Inhaltsstoffen vermarktet werden.
Hubert Siegler bedankt sich bei Peter Stoppel für den Vortrag
Übrigens: Peter Stoppel besitzt auch die Sortenrechte der Weigi-Unterlagen. Er hat sie zwar nicht selbst gezüchtet, aber sein "Auge" hat die Bedeutung dieser Unterlagen schon damals erkannt.
Neue Strategien zur Bekämpfung der Kirschessigfliege
Uwe Dederichs, Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald
Netze: Möglichkeiten zur Abwehr der Kirschessigfliege
Rainer Weiss, Fa. VOEN
Die Vertreter der Firmen BAYWA und VÖEN, Rudolf Holzwarth aus Tettnang bzw. Rainer Weiss aus dem Landkreis Ravensburg, stellten ihre positiven Erfahrungen und mögliche Weiterentwicklung von Schutzsystemen vor. Herr Weiss konnte bereits von 2-jährigen Ergebnissen aus Obstanlagen mit jeweils Nullbefall an Kirschessig- und Kirschfruchtfliegenlarven berichten, die mit speziellen Insektenschutznetzen umgerüstet wurden.
Einigkeit herrschte, dass diese Maßnahmen nicht in allen Kirschen- und Beerenanlagen praktiziert, doch bei Neuanlagen in die Planung einbezogen werden kann. Beide Firmen waren mit kleinen Ständen im Foyer vertreten und informierten in den Pausen die Teilnehmer persönlich zu deren weiteren, speziellen Fragen.
Scharka-hypersensible Zwetschgenunterlagen
Dr. Michael Neumüller, Bayerisches Obstzentrum Hallbergmoos
In seinem Referat berichtete Dr. Michael Neumüller über die neuen, von ihm an der TU München-Weihenstephan gezüchteten, scharka-hypersensiblen Zwetschgenunterlagen der Docera- und Dospinaserie. 'Docera 6' konnte er bezüglich Wuchs, Ertrag und Fruchtqualität positiv dar- und einen Vergleich mit heutigen Zwetschgenunterlagen wie Wavit, Weiwa und St. Julien A herstellen. Die von Dr. Hartmann gezüchteten hypensensiblen Zwetschgensorten (wie Jojo, Jofela, Jolina) werden nur auf scharka-hypersensiblen Unterlagen auf den Markt gebracht. Dies ermöglicht in Scharkabefallsgebieten einen gesicherten Anbau von Zwetschgen.
Unterlagenversuch Zwetschgen und bundesweiter Versuch Aprikosenunterlagen
Hubert Siegler, LWG Abt. Obstbau und Baumschulen
Ein Zwetschgenunterlagenversuch lieferte ebenso eindeutige Aussagen. In einem Praxisbetrieb und zugleich im Versuchsgelände der LWG fielen Bäume der Zwetschgenunterlagen Fereley und St. Julien 655/2 fast ganz oder erheblich aus. Sie sind daher für den fränkischen Anbau abzulehnen. Die weiteren Prüfunterlagen Wavit, St. Julien A und Wangenheims-Sämling erwiesen sich als leistungsfähig, bestandssicher und werden schon länger für die Praxis empfohlen.
Helmut Jäger, Vorsitzender des Bayerischen Erwerbsobstbau-Verbandes e.V., beschloss eine informative Veranstaltung für wohl alle Besucher, aus der jeder Teilnehmer Möglichkeiten der Realisierung für seinen Betrieb mit nach Hause nehmen konnte.