Gewinner des Klimawandels?
Winterharte Feigen für das Freiland
Feigen (Ficus carica) sind in Deutschland bisher nur wenig im Freiland zu finden. Die meisten stehen wohl in warmen Lagen der Pfalz. Aber auch in süddeutschen Vorgärten ist die ein oder andere Feigen zu sehen. In den erwerbsmäßigen Anbau hat sich bisher noch kaum jemand gewagt. Feigenpflanzen und –früchte verbinden die meisten Deutschen mit Urlaub in Südländern. Ist ein Anbau solch einer Kultur bei uns möglich?
Erste Früchte wurden 2018 geerntet. Ab 2019 erfolgte eine ständige Ertrags- und Fruchtgewichtsmessung. Dabei konnten nach einem Jahr erste Sortenunterschiede herausgearbeitet werden. Es gibt Feigen, die nur einmal, meist ab September und zweimal ab Anfang August und ab Oktober tragen. Bei Letzteren hängen die Erträge stark mit dem Vegetationsverlauf im Herbst ab. Umso wärmer der Herbst, umso länger und schneller können Früchte zur Ausreife gebracht werden.
Grafik 1: Ertragszahlen in Kilogramm pro Pflanzen von 2019 bis 2023.
Grafik 2: Durchschnittliches Einzelfruchtgewicht in Gramm von 2019 bis 2023.
Krankheiten und Schaderreger im ertragsreduzierenden Ausmaß konnten bisher nicht festgestellt werden. Probleme können Ameisen machen, die durch die Öffnung am Ende der Frucht (Ostiolum) in das Innere gelangen können. Geerntet werden nur vollreife Früchte, da ansonsten der Geschmack leidet. Dadurch sind mehrere Pflückdurchgänge pro Woche notwendig. Die Sortensichtung wurde 2020 erweitert. Auch hier sind im Februar 2021 die Triebe zurückgefroren, aber auch die Jungpflanzen haben sich wieder erholt und brachten erste Früchte 2022.
Folgend erste Eindrücke der 2017 gepflanzten Sorten.
• Höchster Pflanzenertrag im Sortiment
• Großfrüchtig mit 62,7 g pro Frucht
• Stark wachsend
• Wahrscheinlich frosthärteste Sorte im Sortiment
• Sehr guter Geschmack
• Zweifarbig grün mit lila Backe
• Starkes Wachstum
• Zweithöchster Pflanzenertrag im Sortiment
• Sehr kleine (17,4 g) aber attraktive Früchte
• Hervorragender Geschmack
• Farbe dunkelviolett
• Schwacher bis mittlerer Wuchs
• Ertrag bisher gering
• Mittlere Fruchtgröße mit 42,2 g pro Frucht
• Fruchtfarbe grün mit violetter Backe
• Sehr guter Geschmack
• Schwacher Wuchs mit Verkahlungen
• Geringer Ertrag
• Kleinfrüchtig 27,5 g pro Frucht
• Fruchtrisse an Haut und Kelchgrube mindern Qualität und können Ameisen anlocken
• Farbe leuchtendes Violett
• Sehr guter Geschmack
• Starkwachsend
• Geringer Ertrag
• Großfrüchtig mit 76,6 g pro Frucht
• Fruchtfarbe grün
• Mittlerer Geschmack
• Starkes Wachstum
• Mittlerer Ertrag
• Großfrüchtig mit 63 g pro Frucht
• Farbe grün mit deutlicher dunkelvioletter Backe
• Sehr guter Geschmack
Bezugsquellen (Feigenbaumschulen)
In den kommenden Jahren wird der Bestand weiterhin auf Ertrag und Fruchtqualität bonitiert. Eine Abdeckung im Winter wird nicht mehr erfolgen. Der letzte Winter hatte auf die Pflanzen keine negativen Einflüsse gehabt, ebenso wie die Spätfröste Anfang April mit minus 7 °C. Im Frühjahr 2020 wurde die Anlage mit den Sorten 'Piccolo Nero', 'Martinsfeige', 'White Genoa' und 'Dauphine' ergänzt. 2021 wurden 'Peretta', 'Bornholm', 'Firoma' und 'Desert King' dazu. Gepflanzt werden ausschließlich zwei bzw. drei Jahre alte Feigen nach den Eisheiligen Mitte Mai. Feigen wachsen natürlicherweise in Buschform und bilden mehrere Triebe an der Basis direkt über den Boden. Dadurch wird die mechanische Bodenbearbeitung erschwert. Bei Neupflanzungen werden deshalb alle Seitentriebe unterhalb von 40 cm entfernt. Ob dies Auswirkungen auf Frosthärte und Pflanzenwachstum hat, wird sich zeigen. Weiterhin werden seit Kurzem zwei verschiedene Erziehungsformen am Drahtgrüst ausprobiert.