Forschungs- und Innovationsprojekt
Wassermanagement im Obstbau

Baumreihe mit verschiedene Mulchmaterial abgedeckt, Hintergrund Weinberg, Gewächshaus und bewölkter Himmel

Im Zuge des Klimawandels ist laut Klimaexperten zunehmend mit unregelmäßigen sowie extremen Wetterereignissen zu rechnen. Dabei treten niederschlagsfreie Trockenperioden sowohl häufiger als auch über längere Zeiträume hinweg auf. Bei Obstanlagen handelt es sich um Dauerkulturen, auf die sich klimatische Extreme wie Trockenheit über Jahre auswirken können. Eine Zusatzbewässerung mit Überkronen- beziehungsweise Tropfbewässerung ist zwar möglich, erfordert aber einen hohen Aufwand finanzieller Mittel sowie große Wassermengen und ist nicht in jeder Anbauregion umsetzbar. Eine der momentan wichtigsten Herausforderungen des landwirtschaftlichen Sektors liegt daher in einem optimalen Wassermanagement.

Um auch weiterhin langfristig regionale Wertschöpfungsketten in der Produktion von gartenbaulichen beziehungsweise landwirtschaftlichen Lebensmitteln aufrechterhalten zu können, müssen nachhaltige Strategien zur Nutzung der endlichen Ressource Wasser gefunden werden, welche sowohl ökologischen, ökonomischen als auch gesellschaftlichen Anforderungen gerecht werden.

Ziel des Projektes

Ziel des Projekts ist die Entwicklung präventiver Maßnahmen für einen nachhaltigeren Umgang mit der endlichen Ressource Wasser im Obstbau. Der Fokus des Projektes liegt dabei nicht auf Verfahren der Bewässerung, sondern auf Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserspeicherkapazität sowie zur Reduzierung der Transpiration aus dem Boden.

Methode des Projektes

Eine effiziente Nutzung der natürlichen Niederschläge spielt dabei eine zentrale Rolle. Das Forschungsprojekt beschäftigt sich daher nicht mit dem Thema Bewässerung, sondern mit präventiven Möglichkeiten für eine effizientere Wassernutzung im Obstbau. Hierfür werden am Versuchsgelände für Obstbau und Baumschule der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Thüngersheim verschiedene Versuche an der Kultur Apfel durchgeführt.

Einsatz verschiedener Bodenzuschlagsstoffe zur Verbesserung des Bodenklimas

Ein Aspekt des Projekts untersucht den Einsatz unterschiedlicher Bodenzuschlagsstoffe. Diese sollen sich insbesondere in der Anwurzelungsphase positiv auf das Wachstum der Bäume auswirken. Zu den Zuschlagsstoffen, die in dem Versuch untersucht werden, zählen unter anderem Gesteinsmehl, Pflanzenkohle, Wasserspeichergranulat mit Hydrogelen, Kompost sowie huminsäurehaltiges Leonardit.

Pflanzenkohle in Glasschale

Pflanzenkohle

Weißes Granulat in Glasschale

Be-Grow Boost L

Weichbraunkohle in Glasschale

Leonardit

Granulat zur Wasserspeicherung in Glasschale

Novovit Frutta

Granulierter Perlhumus in Glasschale

Perlhumus

Feines Pulver in Glasschale

Stockosorb

Feines Mehl in Glasschale

ZEP 70

Reduzierung der Transpiration durch Mulchabdeckungen im Unterstockbereich

Ein weiterer Ansatzpunkt für einen nachhaltigeren Umgang mit der endlichen Ressource Wasser liegt außerdem in der Verringerung der Transpiration aus dem Boden. Hierfür werden in einem weiteren Versuch verschiedene Mulchauflagen im Unterstockbereich getestet. Dabei handelt es sich um Hackschnitzel, Grassilage, eine Untersaat als Lebendmulch und ein aufspritzbares Abdeckmaterial, das vom Technologie- und Förderzentrum (TFZ) Straubing (finanziert durch das Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF)) entwickelt wurde. Das aufspritzbare Mulchmaterial ist auf Basis nachwachsender Rohstoffe konzipiert und vollständig biologisch abbaubar.

Baumreihe mit Hackschnitzeln abgedeckt

Hackschnitzel

Baumreihe mit Grassilage abgedeckt

Grassilage

Baumreihe mit aufgespritztem Mulchmaterial

Sprühmulch

Innerhalb der verschiedenen Teilbereiche des Projektes werden die getesteten Verfahren insbesondere auf ihre Auswirkungen auf das Bodenklima und darüber hinaus hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf pflanzenbauliche (Wachstum, Ertrag, Qualität), ökologische (z. B. Abbaubarkeit der Materialien) sowie ökonomische Parameter untersucht.

Bei dem Forschungsprojekt handelt es sich um ein Interreg-Projekt zur Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Weitere Versuche im Rahmen des Projektes werden an der Versuchsstation für Obstbau der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf in Schlachters, am Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee und an der Forschungsanstalt Agroscope in der Schweiz durchgeführt. Die Auswahl der Versuchsstandorte erfolgte so, dass eine Durchführung der Feldversuche unter signifikant unterschiedlichen Standortfaktoren, vor allem hinsichtlich der Summe natürlicher Niederschläge, ermöglicht wird.

Ergebnisse des Projektes

Ein optimales Wassermanagement stellt in Zeiten des Klimawandels eine der wichtigsten Herausforderungen des landwirtschaftlichen Sektors dar. Um weiterhin regionales sowie qualitativ hochwertiges Obst produzieren zu können, müssen Strategien entwickelt werden, die eine effiziente Nutzung vorhandener Wasserressourcen ermöglichen. Im Rahmen eines Interreg (EU) geförderten Forschungsprojekts wurden daher präventive Maßnahmen für einen nachhaltigeren Umgang mit der endlichen Ressource Wasser im Obstbau untersucht. Der Fokus lag dabei auf Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserspeicherkapazität des Bodens sowie auf Maßnahmen zur Reduzierung der Evaporation.

Das Projekt lief über drei Jahre und endete im Juni 2023. Die beiden Versuche wurden an verschiedenen Standorten durchgeführt: Am Bodensee, bei Agroscope in Wädenswil, dem Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee (KOB) in Bavendorf und bei der Versuchsstation für Obstbau Schlachters in Sigmarszell sowie an der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim.

Reduzierung der Evaporation durch Mulchmaterialien
Ein Ansatz des Projekts zur Einsparung von Wasser lag darin, die Evaporation aus dem Boden durch das Abdecken der Baumstreifen zu reduzieren. Um die Wirksamkeit verschiedener Mulchmaterialien zu testen, wurde in Thüngersheim an der LWG ein randomisierter Versuch in einer neu gepflanzten Apfelanlage der Sorte 'Pinova' auf der Unterlage M9 angelegt. Bei den getesteten Materialien handelt es sich um Holzhackschnitzel, langschnittige Grassilage, verschiedene Kleeuntersaaten und Sprühmulch. Dieser wird aktuell vom Technologie- und Förderzentrum (TFZ) in Straubing entwickelt, es handelt sich um ein Gemisch aus Rapsöl und Maisstärke, welches vollständig biologisch abbaubar ist und zu Beginn jeder Vegetationsperiode neu ausgebracht wird. Als Referenz diente eine unbehandelte Kontrollvariante. Über den Zeitraum von drei Jahren wurden vegetative und generative Wachstumsparameter dokumentiert sowie der Beikrautbedeckungsgrad und die Bodenfeuchte gemessen.

Bei den vegetativen Wachstumsparametern zeigte sich, dass sowohl im Jahr 2021, als auch im Jahr 2022 die Grassilage, gefolgt von den Holzhackschnitzeln statistisch signifikant mehr Trieblängenwachstum hatte als die Kontrolle in der zweiten Vegetationsperiode, zeigte auch die Sprühmulchvariante guten Zuwachs. Der Stammdurchmesserzuwachs zeigt, dass besonders die Holzhackschnitzel sehr gut abschneiden, gefolgt von Grassilage im Jahr 2021 und Sprühmulch im Jahr 2022. Die Wirkung der Grassilage war besonders im ersten Jahr sehr gut, durch den Abbau konnten auch Nährstoffe freigesetzt werden, die Wirkung war im zweiten Jahr durch den bereits weit fortgeschrittenen Abbau verringert.

Die zweiwöchentlich durchgeführten mobilen Messungen des Wassergehalts zeigten, dass der Gehalt an Wasser im Jahr 2021 an drei von sieben Messtagen in den Varianten Grassilage, Holzhackschnitzel und Sprühmulch signifikant höher waren als die Kontrolle. In der zweiten Vegetationsperiode war speziell die Hackschnitzelvariante feuchter als die anderen Varianten, und zwar um bis zu 10 Prozent volumetrischer Wassergehalt mehr als die unbehandelte Kontrolle.

Der bonitierte Beikrautbedeckungsgrad war bei den mit Holzhackschnitzeln bedeckten Varianten am geringsten. Darüber hinaus zeigen im ersten Jahr die Silage und im zweiten Jahr der Sprühmulch einen guten Schutz gegen Beikräuter.

Die generell zurückgegangene Wirkung der Grassilage macht deutlich, dass dieses Material nur für eine Vegetationsperiode geeignet ist und dann erneuert werden sollte. Im Gegensatz hierzu waren die Holzhackschnitzel auch im zweiten Jahr noch gut erhalten, mussten zum dritten Jahr aber auch erneuert werden.

Grassilage auf den Pflanzstreifen mit paar Laubblättern

Grassilage

Holzhackschnitzel auf den Pflanzstreifen

Holzhackschnitzel

Der Sprühmulch bildet eine gelbliche Schicht auf dem Pflanzstreifen.

Sprühmulch

Kleeuntersaat auf den Pflanzstreifen mit paar getrocknete Laubblättern

Kleeuntersaat

Insgesamt betrachtet zeigten sowohl die Holzhackschnitzel als auch die Grassilage eine sehr gute Wirkung. Auch der Sprühmulch zeigte eine gute Wirkung, nur die Kleeuntersaaten konnten bei dem vorliegenden sandigen Lehmboden und der schwachwachsenden Unterlage M9 der Apfeljunganlage nicht überzeugen. Es wird deutlich, dass in den Mulchmaterialien bedingt durch die vielfältigen Vorteile wie der Düngewirkung, der Beikrautunterdrückung, der Humusbildung und des Verdunstungsschutzes richtig angewandt, durchaus ein Potenzial liegen kann.

Einsatz von Bodenzuschlagsstoffen zur Verbesserung der Wasserspeicherkapazität

Weiterhin wurde untersucht, ob durch Bodenzuschlagsstoffe, also Stoffe, die zusätzlich ins Pflanzloch eingebracht werden, die Bodenstruktur verbessert und damit die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens erhöht werden kann.

Bei den Bodenzuschlagsstoffen wurden folgende Produkte untersucht: Novovit Frutta, Stockosorb Gel, Be-Grow Boost, Leonardit, Perlhumus + BioHealth, Humicraft, ZEP 70 (Gesteinsmehl), Amino Terra Substrat (Pflanzenkohle) und Kompost. Bei den ersten drei genannten Produkten handelt es sich um sogenannte Superabsorber, die Produkte basieren auf Polyacrylat, wobei Be-Grow Boost acrylamid frei ist. Leonardit ist eine Weichbraunkohle mit einer hohen Konzentration an Humin- und Fulvosäuren. Die beiden Hilfsstoffe BioHealth und Humicraft basieren auf dem gleichen Grundstoff, diese wurden mehrmals ausgebracht. Weitere natürliche Materialien sind das Gesteinsmehl auf Basis von Zeolith aufgedüngte Pflanzenkohle aus europäischen Laubgehölzen und Kompost.

Die Zuschlagsstoffe wurden bei der Pflanzung im Dezember 2020 mit den von den Herstellern empfohlenen Mengen mit ins Pflanzloch eingebracht. Die gepflanzten Bäume der Sorte 'Pinova' auf M9 wurden über drei Jahre beobachtet. Auch in diesem Versuch wurde der Trieblängenzuwachs, wie auch der Stammdurchmesserzuwachs, die Blüten- und Ertragsentwicklung beobachtet. Außerdem wurden Bodenproben und Blattanalysen ausgewertet sowie die Bodenfeuchte beobachtet.

Bei Betrachtung der vegetativen Wachstumsparameter zeigt sich, dass der Trieblängenzuwachs in der Variante Humicraft sowohl im ersten als auch im zweiten Jahr am höchsten ist, allerdings nicht signifikant besser als die Kontrolle ohne Zuschlagsstoffe. Bei dem Stammdurchmesserzuwachs ergibt sich keine Variante, die statistisch signifikant besser ist als die Kontrolle, allerdings ist auch hier eine positive Tendenz, im zweiten Jahr bei der mit Humicraft behandelten Variante zu erkennen.

Kastengrafikdiagramm der Trieblängenmessung im Jahr 2022 dargestellt.

Abbildung: Gemessener Trieblängenzuwachs im Jahr 2022

Das im Erdreich zur Verfügung stehende Wasser wurde im Jahr 2022 mit verschiedener Messtechnik untersucht. So wurde der Wassergehalt mit einer mobilen Time Domain Reflectometry (TDR)-Sonde in einer Tiefe von zwölf Zentimeter gemessen, die Daten von fest installierten Bodensensoren (Watermark- und Feuchtegehaltsensoren) in 20 und 40 Zentimeter-Tiefe sowie Messungen des Wasserpotentials in der Pflanze mit einer Scholanderkammer ausgewertet. Bei keiner der Messungen konnte ein Zuschlagsstoff besonders durch einen erhöhten Nachweis von Feuchtigkeit oder guter Wasserversorgung der Pflanze im Vergleich zu Kontrolle überzeugen.

Die Betrachtung der Kosten der einzelnen Zuschlagsstoffe weist große preisliche Unterschiede der Produkte auf, so sind manche Produkte für ein paar Euro und andere für um die hundert Euro für hundert Bäume erhältlich. Vor dem Einsatz der Produkte sollten Kosten und Nutzen sorgsam untersucht werden.

Projektinformationen
Projektleitung: Prof. Dr. Dominikus Kittemann (HSWT), Alexander Zimmermann (LWG-IEF4)
Projektbearbeiterin: Annika Killer (LWG-IEF4)
Laufzeit: 01.10.2020 bis 30.06.2023
Finanzierung: Interreg Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein kofinanziert aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung
Projektpartner: Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT), Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee (KOB), Forschungsanstalt Agroscope
Förderkennzeichen: ABH101