Versuch 2009
Sechs Kulturverfahren für Gartenchrysanthemen im Test
Von den Züchtungs- und Jungpflanzenfirmen von Chrysanthemen werden für die Kultivateure von Gartenchrysanthemen sowohl unbewurzelte wie auch bewurzelte Stecklinge angeboten. Für die Entscheidung zu einer dieser Ausgangsformen der Chrysanthemenkultur spielt der unterschiedliche Preis von unbewurzelten und bewurzelten Stecklingen eine wichtige Rolle.
Bei kleinen Mengen kostet der unbewurzelte Steckling etwa 10 Cent, der bewurzelte 16 Cent. Auch gilt es zu überlegen, ob unbewurzelte Stecklinge in Vermehrungstöpfen bewurzelt und dann erst in die Endtöpfe getopft oder gleich direkt in die Endtöpfe gesteckt werden können. Ist dieses Direktstecken auch in große Töpfe ab 17 cm praktikabel?
Antworten auf diese Fragen aus kulturtechnischer Sicht versuchte ein Vergleich all dieser Kulturverfahren bei Gartenchrysanthemen an der Bayerische Landesanstalt in Veitshöchheim zu geben.
Die Verfahren
Neben der großen Sortenprüfung wurden 2009 in Veitshöchheim 19 Sorten in sechs verschiedenen Verfahren kultiviert, wie in der Übersicht dargestellt.
Die Stecklingsvermehrung wurde in Multiplatten unter einem Folienzelt mit Schattierung durchgeführt. Nach dem Bilden der ersten Wurzeln nach etwa 10 Tagen wurde die Folie entfernt. Hier bewurzelten die Stecklinge problemlos. Gestutzt wurde auf etwa 6 Blätter noch in der Vermehrungsplatte vor dem Topfen.
Die direkt in die 19-cm-Töpfe gesteckten unbewurzelten Stecklinge wurden mit klarer Folie und weißem Vlies (18 g/m²) abgedeckt. Etikettenstäbe dienten als Abstandshalter. Bei zu diesem Zeitpunkt recht warmer Witterung wurzelten Sorten von zwei Firmen schlecht an bzw. starben teilweise ab. Die Stecklinge waren eventuell recht lange auf dem Versandweg gewesen und daher empfindlich. Zwei Wochen nach dem Stecken waren die Stecklinge aller Firmen gut eingewurzelt und konnten gestutzt werden.
Bei zwei Kulturvarianten wurden bewurzelte Jungpflanzen direkt in die Endtöpfe getopft. Gegen zu starke Sonneneinstrahlung wurde bei den im Gewächshaus kultivierten Pflanzen die Schattierung ab 40 Klx geschlossen und bei den sofort ins Freiland gestellten Vlies aufgelegt (eine Lage 18 g/m²-Vlies). Wobei es für das Anwachs- und Kulturergebnis unerheblich war ob das Vlies direkt auf die Pflanzen oder mit Abstand über Etikettenstäbe gelegt worden war. Auf Grund eines Planungsfehlers wurden diese getopften Jungpflanzen nicht wie ursprünglich beabsichtigt, eine Woche, sondern erst drei Wochen nach dem Topfen gestutzt.
Alle auf diese drei beschriebenen Weisen kultivierten Sorten wurden im Freiland und auch im Gewächshaus kultiviert. Wegen der ungünstigen Wachstumsbedingungen und der geringeren Standweite im Gewächshaus (40 x 40 cm, Freiland 57 x 57 cm) wurde hier mit Topflor behandelt (0,05 % am 18.8. und 25.8.).
Ergebnisse
Mit den verschiedenen Kulturverfahren war beabsichtigt worden, passend zur 2009er Herbstblüher- und Chrysanthemen-Tagung in Veitshöchheim am 17. September alle Sorten blühend und ausreichend groß für die 19-cm-Töpfe zeigen zu können. Mit Freilandkultur wurde dies meist erreicht. Im Durchschnitt blühten alle Sorten aus Stecklingsvermehrung am 4.9., die direkt gesteckten am 13.9. und die ins Freiland getopften am 7.9. Gewächshauskultur brachte rund 2 Wochen Blühverzögerung bei allen 3 Varianten. Nach dieser zwei Wochen längeren Wachstumsphase waren die im Gewächshaus kultivierten Pflanzen trotz zweimaliger Hemmstoffbehandlung mit Topflor 2,5 bis 4,5 cm höher als die im Freiland kultivierten. Wegen des beengten Standraums im Gewächshaus waren die Pflanzendurchmesser im Gewächshaus und Freiland ähnlich.
Trotz insgesamt leicht größerer Pflanzen im Gewächshaus wirkten die Pflanzen nicht so stark und benötigten nach unserer Einschätzung im Durchschnitt 1,5 cm kleinere Töpfe (Gewächshaus: 17-17,5 cm; Freiland: 18,5-19 cm). Die etwas dichteren, kompakteren Pflanzen aus Freilandkultur erzielten bessere Qualitätsnoten als diejenigen aus Gewächshauskultur (0,3 bis 0,9 Notenstufen niedriger, Skala 1-9). Auffällig war auch die deutliche schwächere Ausprägung bestimmter Blütenfarben im Gewächshaus.
Die Kulturverfahren Stecklingsvermehrung und Topfen gelieferter Jungpflanzen waren fast zum gleichen Zeitpunkt (KW 24-25) getopft worden. Obwohl recht unterschiedlich gestutzt (KW 24 und 27) waren die Pflanzen zu Kulturende fast gleich bei der Pflanzengröße, der Frühzeitigkeit und der Qualität.
Die erst in KW 24 unbewurzelt in die 19-cm-Endtöpfe gesteckten Sorten hatten schnell angewurzelt und waren zügig weitergewachsen. Sie wurden zum gleichen Zeitpunkt ins Freiland geräumt wie die drei Wochen früher stecklingsvermehrten Sorten. Daher blühten sie nur 9 Tage später und blieben zwar merklich, aber nicht drastisch kleiner. Sie benötigten 0,6 cm kleinere Töpfe und erhielten wegen des kompakteren Pflanzenaufbaus etwas bessere Qualitätsnoten (im Schnitt 7,9 gegenüber 7,5; Skala 1-9).
Fazit
Mit allen sechs durchgeführten Kulturverfahren konnten Gartenchrysanthemen in brauchbaren, gut vermarktungsfähigen Qualitäten in 19-cm-Töpfen produziert werden. Die Gewächshauskultur lieferte etwas schlechtere Pflanzen und wurde etwas weniger geeignet beurteilt. Der lockere Pflanzenaufbau machte Hemmstoffeinsatz erforderlich und manche Blütenfarben wurden weniger stark ausgefärbt.
Freilandkultur brachte die besseren Ergebnisse. Großzügiger Standraum und Witterungseinfluss sowie UV-Strahlung erzeugen kompakte Pflanzen. Bei der Anzucht gab es bei den direkt in die Endtöpfe gesteckten unbewurzelten Stecklingen bei einigen Lieferanten Probleme (in großer Wärme). Am sichersten funktionierte die Stecklingsvermehrung mit anschließendem Topfen im Gewächshaus und auch das Topfen von gelieferten bewurzelten Stecklingen. Mit sofortigem Aufstellen im Gewächshaus oder auch im Freiland.