Drosophila suzukii
Forschungsprojekt Kirschessigfliege - alt

Untersuchungen zur Biologie des invasiven Schädlings Kirschessigfliege Drosophila suzukii im bayerischen Wein- und Obstbau unter besonderer Berücksichtigung sich daraus ergebender Regulierungs- und Bekämpfungsmöglichkeiten für die Praxis
Im Sommer und Herbst 2014 trat die Kirschessigfliege Drosophila suzukii vermehrt in Erscheinung und wurde mit Schäden in Ertragsanlagen in Verbindung gebracht. Zum 1. Mai 2015 startete ein Forschungsprojekt, um die Biologie dieses invasiven Schädlings im bayerischen Wein- und Obstbau unter besonderer Berücksichtigung sich daraus ergebender Regulierungs- und Bekämpfungsmöglichkeiten für die Praxis zu untersuchen. Weitere Untersuchungen widmen sich der Gefährdung von Honigbienen durch die Bekämpfung der Kirschessigfliege sowie dem Einfluß der Kirschessigfliege auf die Mostchemie und Weinsensorik.
Dieses Projekt dient auch den Zielen des NAP (Nationaler Aktionsplan Pflanzenschutz).
Hintergrund / Forschungslücke
Die Kirschessigfliege Drosophila suzukii gehört zur Familie der Obst- oder Essigfliegen (Drosophilidae). Sie stammt ursprünglich aus Südostasien und wurde
- 2008 zum ersten Mal in Europa (Spanien) nachgewiesen. In den folgenden Jahren hat sie sich rasant ausgebreitet
- 2009 wurde sie in Norditalien (Trentino) gesichtet, wo sie im Jahr 2010 bereits 30 bis 40 Prozent Ertragsverlust im Obst- und Weinbau verursachte
- 2010 war sie auch in Südfrankreich, Slowenien und Kroatien nachweisbar
- 2011 verursachte die Kirschessigfliege anlageweise Totalausfälle an Beerenobst in Italien sowie an Kirschen in Spanien und Südfrankreich. Ende 2011 ließ sich die Fliege bis nach Nordfrankreich sowie in der Schweiz und in Süddeutschland nachweisen
- 2012 wurde die Fliege erstmals in Franken gesichtet.
- 2013 konnte sie bayernweit nachgewiesen werden, ohne dass Schäden bekannt wurden
- 2014 hatte sich erstmals eine große Population in Bayern etabliert und es kam zu erheblichen Schäden im bayerischen Wein-, Obst- und Gartenbau
- 2015 hemmte die große Hitze bereits früh im Sommer den Populationsaufbau und es traten nur vereinzelt Schäden auf
- 2016 waren die Bedingungen bis August sehr förderlich für die Kirschessigfliege. Daher kam es im Obst- und Gartenbau zu Befällen. Der warm-trockene September allerdings verhinderte größere Schäden im Weinbau.
Im Gegensatz zu den heimischen Essigfliegen, die ihre Eier nur in überreife, verletzte oder faulende Früchte ablegen können, verfügen die Weibchen der Kirschessigfliege über einen kräftigen Legebohrer, mit dem sie in der Reife intakte Früchte anstechen und diese mit Eiern (durchschnittlich 400 je Weibchen) belegen können.
Bei Obstarten wie beispielsweise Himbeeren, Brombeeren und Kirschen mazerieren die Früchte innerhalb kürzester Zeit nach dem Larvenschlupf und können nicht mehr vermarktet werden. Selbst noch augenscheinlich intakte Früchte können abgelegte Eier der Kirschessigfliege enthalten. In solchen frisch befallenen Früchten schlüpfen die Larven erst auf dem Weg zum Verbraucher, wodurch die Ware verdirbt und nicht mehr vermarktungsfähig ist.
Neben verschiedenen Obstarten werden auch Keltertrauben befallen und zeigen ein ähnliches Schadbild. Selbst der Befall einzelner Beeren innerhalb einer Traube kann zu großen Folgeschäden führen, da der austretende Saft weitere Schädlinge anlockt. Vermehrte Fraßschäden durch andere Insekten sind dann die Folge. Darüber hinaus werden heimische Essigfliegen der Gattung Drosophila, deren Auftreten mit dem der Essigfäule verknüpft ist, von vorgeschädigten Früchten angelockt. Der Fraßschaden kann auch pilzlichen Erregern (Botrytis) ein Einfallstor bieten. Dies führt dann zu hohen Qualitäts- und Ertragsverlusten.
Mit der Tendenz zu milderen Wintern infolge der Klimaänderung, ist nicht auszuschließen, dass die Kirschessigfliege sich noch wesentlich stärker ausbreitet, stabile Populationen bildet und somit zu einer ernsthaften Bedrohung für die erzeugenden Betriebe wird.
Die genaue Abfolge der Schadensentwicklung bei Weintrauben ist weitgehend unbekannt ebenso wie die unterschiedliche Anfälligkeit von Rebsorten. Nähere Kenntnis dieser Zusammenhänge ist nötig, um besonders gefährdete Sorten zu identifizieren und rechtzeitig schützen zu können. Insbesondere ist umstritten, wie sich Kirschessigfliegenbefall auf die Qualität des Weins auswirken kann. So ist beispielsweise noch unklar, ob die Kirschessigfliege ursächlich am Komplex “Flüchtige Säure“ beteiligt ist und wie gegebenenfalls die Ausprägung von unerwünschten Geschmacksnuancen verhindert werden kann.
Generell sind zur Biologie der Kirschessigfliege noch viele Fragen offen. Zu Überwinterungsstadien und -orten gibt es verschiedene Aussagen. Die Lebensweise und Ernährung im zeitigen Frühjahr bis zum Aufsuchen der ersten Obstarten (Erdbeere, Kirsche) ist weitgehend unklar, ebenso die Ursachen für das beobachtete plötzliche Ansteigen der Fangzahlen im Sommer. Die hohe Anzahl möglicher Generationen über eine Sommersaison (bei 25° C ca. 14-tägiges Generationsintervall) sowie das weite Spektrum wilder und kultivierter Wirtspflanzen erschweren die Regulierung und Bekämpfung. Sie bedingen bei chemischen Pflanzenschutzmaßnahmen ein erhöhtes Resistenzpotenzial. Die notwendigerweise erntenahen Behandlungen sind aufgrund der Wartezeiten mit herkömmlichen Pflanzenschutzmitteln nur erschwert umsetzbar. Daher besteht Bedarf an Pflanzenschutzmitteln mit kürzerer Wartezeit.
Hinsichtlich des Bienenschutzes sind das Gefährdungspotenzial und mögliche Expositionswege für Bienenvölker nicht hinlänglich geklärt. Dies gilt sowohl für den Praxiseinsatz von Insektiziden als auch für andere Bekämpfungsmaßnahmen wie zum Beispiel Fraßköder oder Insektenleime in Obst- und Rebanlagen mit Kirschessigfliegenbefall.
Ziel des Projektes
Die im Forschungsprojekt gewonnenen Erkenntnisse sollen der Entwicklung von Regulierungs- und Bekämpfungsmöglichkeiten für die Praxis dienen.
Methoden des Projektes
Unter anderem werden im Labor an einer Zuchtpopulation der Kirschessigfliege Experimente durchgeführt. Dazu gehören unter anderem Wirksamkeitsstudien, Verhaltenstests und chemisch-mikrobiologische Untersuchungen. Auf den Laborergebnissen basieren praxisnahe Freilandversuche im Weinbau und Gartenbau. Diese erlauben es, die Umsetzbarkeit der untersuchten Maßnahmen für den Praktiker (also Winzer und Obstproduzenten) zu bewerten.
Einige Aspekte und Ergebnisse des Projektes
Monitoring
Kooperation mit der Weinbaupraxis
Die Kirschessigfliege im Visier – Fränkische Rebschutzwarte schauen genau hin!
Grundlegende Untersuchung zur Biologie
An der LWG werden einige Aspekte näher untersucht:
- Populationsdynamik
- Überwinterung
- Mobilität
- Tagesrhythmus
- Eiablage
- Eiablageapparat
- Mikrobielle Belastung
Anlockung
Pflanzenschutzmittel
Bereits zugelassene und mögliche neue Pflanzenschutzmittel verschiedener Wirkstoffklassen werden zunächst unter Laborbedingungen bezüglich ihrer Wirksamkeit auf ausgewachsene Fliegen, in Früchten abgelegte Eier und sich entwickelnde Larven verglichen. Geeignete Substanzen werden anschließend im Freilandversuch unter Praxisbedingungen weiter geprüft.
Vergrämung durch abschreckende Substanzen / Repellents
Einfluss auf Honigbienen
Imker versuchen nach Möglichkeit den Eintrag von Fruchtsaft anstelle von Blütennektar in ihre Bienenstöcke zu vermeiden, um die Honigqualität zu erhalten. Sollten sich aber dennoch Bienen in einer Anlage aufhalten, die gegen Kirschessigfliegenbefall behandelt wird, können die hierfür zugelassenen Pflanzenschutzmaßnahmen Bienen teils stark schädigen.
Die mögliche Gefährdung von Honigbienen durch verschiedene Behandlungsmethoden gegen die Kirschessigfliege im Weinbau wird in Kooperation mit dem LWG-eigenen Fachzentrum Bienen bearbeitet. Eine Veröffentlichung der ersten Ergebnisse befindet sich in Vorbereitung.
Natürliche Feinde

Erzwespe (Pachycrepoideus vindemmiae)
Unter den in Unterfranken heimischen Parasitoiden konnte bereits eine Art identifiziert werden, die auch Puppen der Kirschessigfliege als Wirt nutzt. Wie häufig dies vorkommt und ob diese Art zur biologischen Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden könnte, ist aber noch nicht bekannt.
Wirtspflanzen der Kirschessigfliege

Sortenempfindlichkeit bei Reben
Als attraktiv für die Kirschessigfliege haben sich die Sorten Regent, Dornfelder, Cabernet Dorsa, Rondo, Acolon, Portugieser, Frühburgunder und Blauer Silvaner herausgestellt, wesentlich weniger oder gar nicht werden die Rotweinsorten Schwarzriesling, Domina und Spätburgunder angenommen.
Mostchemie / Weinsensorik

Aus allen im Freiland gezogenen Traubenproben, deren Belegung mit Eiern der Kirschessigfliege bewertet wurde, werden Mostproben gepresst und am Fachzentrum Analytik auf verschiedene Reifemerkmale und andere Mosteigenschaften chemisch untersucht. Bei ausreichender Anzahl von Stichproben kann ein Vergleich dieser Daten mögliche Korrelationen zwischen Zusammensetzung der Inhaltsstoffe und dem Befall durch die Kirschessigfliege aufzeigen.
Ausgewählten Versuchsvarianten der Freilanduntersuchungen werden in der LWG-eigenen Kellerei ausgebaut. Die Entwicklung dieser Versuchsweine und ihre sensorische Bewertung erlauben Rückschlüsse auf den Einfluss von Bekämpfungsmaßnahmen oder unterschiedlichen Befallsstärken auf das Endprodukt Wein
Projektinformation
- Projektleitung:
- Hans-Jürgen Wöppel
- Projektbearbeiter:
- Dr. Beate Wende (seit Mitte März 2017); Mareike Wurdack (bis Mitte März 2017)
- Laufzeit:
- 01. 05. 2015 - 31. 12. 2017
- Finanzierung:
- Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF)
- Förderkennzeichen / Fördernummer:
- A / 15 / 11