Rebschutz und Weinrecht
Die Reblaus - ein gelöstes Problem!?

Reblaus mit Eiern in aufgeschnittener Blattgalle
Die Reblaus ist einer der problematischsten Schädlinge im Weinbau. Durch die Einfuhr von Wildreben aus Nordamerika gelangte sie Mitte des 19. Jahrhunderts nach Europa. Da die europäischen Reben gegen Rebläuse an der Wurzel nicht widerstandsfähig sind, entstanden große Verluste im europäischen Weinbau. Durch das Pfropfen der europäischen Rebsorten auf widerstandsfähige Unterlagen, die aus Kreuzungen amerikanischer Wildreben entstanden, schien dieses Problem gelöst zu sein.

Die Reblaus war und ist jedoch nie verschwunden. An den Wurzeln amerikanischer Unterlagsreben können sich die Rebläuse, wenn auch nur begrenzt, entwickeln, aber es sind keine Massenvermehrungen möglich. Sobald jedoch Wurzeln europäischer Reben vorhanden sind, finden die Rebläuse wieder ideale Vermehrungsbedingungen. Treffen die Rebläuse dann auch noch oberirdisch auf anfällige Blätter und Holz amerikanischer Reben, kann der gesamte sexuelle Vermehrungszyklus durchlaufen werden und die Gefahr der Entstehung aggressiverer Rassen steigt stark an.

Vor allem durch den Strukturwandel im Weinbau findet die Reblaus immer bessere Bedingungen vor. So sind Rebflächen, die aus der Produktion genommen und nicht ordnungsgemäß gerodet werden, der ideale Nährboden für die massenhafte Vermehrung der Rebläuse. Der Durchwuchs von Unterlagsreben bietet den Rebläusen die Möglichkeit der sexuellen Vermehrung am Holz und der Massenvermehrung in Blattgallen am anfälligen Amerikaner-Reblaub. Die Extensivierung von Anlagen führt zunehmend dazu, das Entfernen der Edelreiswurzeln im Bestand zu vernachlässigen. Die Unart Rebtriebe in den Boden abzuleiten, um daraus neue Stöcke an Fehlstellen zu ziehen, führt zur Bildung von wurzelechten Rebstöcken, sogenannte Einleger- oder Schleifreben, mit extrem anfälligen Edelreiswurzeln. Dies ist verboten!

Die Reblaus Daktulosphaira vitifoliae oder auch Viteus vitifoliae

Die Reblaus lebt in der Regel als Wurzellaus an den Rebwurzeln. Diese Wurzelrebläuse sind ausschließlich Weibchen, die Eier legen, aus denen ausschließlich genetisch identische Weibchen schlüpfen. Im Sommer entwickelt sich ein Teil der Jungläuse zu geflügelten „Reblausfliegen“, die den Boden verlassen und nach Amerikanerreben suchen.

Dort legen sie unterschiedlich große Eier, aus denen sich Männchen oder Weibchen entwickeln. Diese Geschlechtstiere vermehren sich sexuell, wobei eine Durchmischung des Erbgutes stattfindet. Die von den begatteten Weibchen am Amerikanerrebholz abgelegten Eier überwintern.

Die daraus hervorgehenden Läuse schlüpfen im zeitigen Frühjahr mit dem Austrieb und induzieren die Bildung einer ersten Blattgalle. In dieser werden Eier abgelegt und neue Rebläuse wachsen heran, die die Galle schließlich verlassen und Richtung Triebspitze frische Blattgallen bilden.

Im Herbst wandern die Jungläuse in Richtung Boden ab oder werden mit abfallendem Laub verweht, um sich im Boden an Rebwurzeln - auch der Unterlagsreben! - festzusetzen und einen neuen Kreislauf einzuleiten.
Rebläuse an junger Rebwurzel

an junger Rebwurzel

geflügelte Reblaus - die "Reblausfliege"

"Reblausfliege"

Blatt mit Reblausgallen einer durchgetriebenen Unterlagsrebe

Einzelne Blattgallen

Unterlagenrebblatt mit zahlreichen Reblausgallen im Gegenlicht

Massiver Blattbefall

Schadbild an der Wurzel

Durch die Pfropfung europäischer Reben auf widerstandsfähige amerikanische Unterlagen kann sich die Reblaus nicht optimal entwickeln und vermehren und stellt in der Regel kein Problem dar. Bilden sich jedoch Edelreiswurzeln oder wurden gar Einlegereben gezogen, ändert sich dies gravierend. Die Rebläuse vermehren sich an den „europäischen“ Wurzeln besonders leicht und stark, wobei bei hohen Lauszahlen auch die Wurzeln von amerikanischen Unterlagsreben in der Nachbarschaft in Mitleidenschaft gezogen werden können.

Die Reblaus sitzt als Wurzellaus an den jungen Wurzeln. Durch ihre Saugtätigkeit krümmen sich die Wurzelspitzen zu knotig verdickten, oft hakenartig gekrümmten Nodositäten.

Entlang der jungen Wurzel finden sich durch den Einstich der Läuse warzenartige Schwellungen, die Tuberositäten. Bei starkem Befall wirkt die gesamte Wurzel verkrustet und verwachsen.

Durch die Schädigung der Wurzelleitbahnen wird die Wasser- und Nährstoffaufnahme gestört. Im Bereich der Tuberositäten dringen Fäulniserreger ein, so dass Wurzelteile verfaulen. Bei starkem Befall führt dies letztendlich zu Kümmerwuchs und schlimmstenfalls zum Absterben der Reben.
zahlreiche Nodositäten an einer Rebwurzel

Nodositäten

ältere Nodosität holzig-braun

Nodosität, groß

gut getarnte Rebläuse an Rebwurzel

Tuberosität mit Rebläusen

Tuberositäten an einer Rebwurzel

Tuberosität

Tuberosität mit nekrotischen Stellen

Tuberosität, alt

Schadbild am Blatt

Während die Europäerrebe sehr anfällig für die Wurzelrebläuse ist, zeigt sie an den Blättern eine hohe Widerstandsfähigkeit. Dennoch kann es bei einer hohen Reblauspopulation zur Gallenbildung auch an den Blättern der Europäerreben kommen. Die Blattgallen bilden sich an der Blattunterseite und öffnen sich auf der Blattoberseite.

Ein starker Befall mit Gallen vermindert die Assimilationsleistung der Blätter und führt dadurch zu eingeschränktem Wachstum und schlechter Holzreife.
Vor allem sind die Blätter Ausgangspunkt für die Verbreitung über die Fläche. Die Massenvermehrung an den empfindlichen Blättern der Amerikanerreben und die Verwehung des befallenen Laubs im Herbst ermöglichen der Reblaus die Verbreitung in der Flur.
Reblausgallenöffnung auf der Blattoberseite einer durchgetriebenen Unterlagsrebe

Reblausgallen von oben

Reblausgallen auf der Blattunterseite einer durchgetriebenen Unterlagsrebe

Reblausgallen

Aufgeschnittene Reblaus-Blattgalle mit Mutterlaus und zahlreichen Eiern

Reblausgalle geöffnet

Stark mit Reblausgallen befallene Rebe

massiver Befall

Gefahrenpotential

Das Wissen um die Gefahr der Reblaus ist durch die Pfropfreben verloren gegangen. Dank der Pfropfung wurde die Reblaus unterdrückt jedoch nicht ausgerottet. Sie ist - noch immer - da!

Die zunehmende Zahl an Drieschen (ungepflegten Weinbergen mit wild wuchernden Unterlagenausschlägen) oder gar Schleifreben mit Edelreiswurzeln ermöglichen der Reblaus wieder eine starke Vermehrung und einen sexuellen Vermehrungszyklus, der aggressivere Rassen hervorbringen kann.

Die Zahl der oberirdischen Befallsherde ist derzeit noch gering. Durch die Zunahme an potenziellen Lebensräumen für die Reblaus (Drieschen, Einlegereben) steigt jedoch die Gefahr für Jung- und Ertragsanlagen.
gerodeter Weinberg mit Unterlagenausschlägen

schlecht gerodet

ausgetriebene Rebunterlage nach der Rodung

Unterlagenausschlag

Rebtriebe in einer Hecke

Rebe überwuchert Hecke

Wuchernde Unterlagsreben mit zahlreichen Reblausgallen

Reblaus auf Unterlagsrebe

Rebe mit in die Erde geleitetem Trieb aus dem eine neue wurzelechte Rebe wächst

Einlegerrebe - Verboten!

Gesetzliche Vorgaben

Laut Reblausverordnung vom 27.08.1988 gilt:

§1 Anzeigenpflicht

  • „Verfügungsberechtigte und Besitzer von Reben sind verpflichtet, der zuständigen Behörde das Auftreten und den Verdacht des Auftretens der Reblaus unter Angabe des Standorts der Reben unverzüglich anzuzeigen“

§2 Bekämpfungspflicht

  • „Verfügungsberechtigte und Besitzer sind verpflichtet, soweit die zuständige Behörde es zur Bekämpfung der Reblaus anordnet.
  1. Reben auf das Auftreten der Reblaus zu überwachen, zu untersuchen oder untersuchen zu lassen.
  2. Befallsgegenstände zu vernichten, zu entseuchen oder entseuchen zu lassen.
  3. Befallenes oder befallsverdächtiges Anbaumaterial von Rebe (Pflanzgut von Rebe) nicht in den Verkehr zu bringen.
  4. Befallene oder befallsverdächtige Grundstücke von solchen Reben, die anfällig für die Wurzelreblaus sind, freizumachen oder freizuhalten.“
Laut BayWeinRAV, der Verordnung zur Ausführung weinrechtlicher Vorschriften, vom 31.08.1995 gilt:

Abschnitt IIa Rebenbewirtschaftung

§9a Begriffsbestimmungen

  • Im Sinn dieses Abschnitts sind:
    Drieschen:
    „Weinberge, in denen die ordnungsgemäße Pflege, insbesondere Pflanzenschutzmaßnahmen, Bodenpflege, Rebschnitt, Lese zwei Jahre unterblieben ist.“

§9b Entfernen von Edelreiswurzeln, Unterlagsreben und Rebstöcken

  • „Eigentümer und Bewirtschafter von Rebflächen sind verpflichtet …
  1. Wurzeln am Edelreis der Propfrebe zu entfernen
  2. hochgewachsenen Aufwuchs von Unterlagsreben mit Wurzeln und
  3. in Drieschen vorhandene Rebstöcke

…unverzüglich zu entfernen.

    §9d Anbau von wurzelechten Reben

    1. In den bayerischen Weinbaugebieten dürfen nur Wurzelreben, die nicht für die Wurzelreblaus anfällig sind, angebaut werden.
    2. Das Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen - gibt die Rebsorten, die als nicht anfällig für die Wurzelreblaus gelten, im Bundesanzeiger bekannt.
    Dies bedeutet: Es ist nur die Anpflanzung und der Anbau von Propfreben zulässig! Schleifreben sind nicht zulässig!

    Hinweis auch für Nichtwinzer

    In Supermärkten werden teilweise ungepfropfte Europäerreben zum Verkauf angeboten. Das Auspflanzen dieser Pflanzen, auch als Hausrebstock, ist nicht zulässig, leider jedoch der Verkauf.

    Behördliches Vorgehen und Maßnahmen bei Reblausbefall in Franken

    • Auffällige Flächen werden von der LWG begangen und dokumentiert.
    • Dies erfolgt in der Regel im Rahmen normaler Außendienstfahrten oder nach Hinweisen.
    • Der Bewirtschafter wird anschließend schriftlich über die vorgefundene Situation angeschrieben und angehört.
    • Danach wird er aufgefordert die vorgefundene Situation, entsprechend den Vorgaben der Reblaus-VO und der BayWeinRAV, zu bereinigen:
    • Hierfür wird ein befristetes Zeitfenster gesetzt.
    • Die Bereinigung von Drieschen mit Rebenaufwuchs erfolgt durch die komplette Entfernung (inklusive Wurzelstange bis zum Wurzelansatz) aller Reben auf der Fläche.
    • Bei Durchwuchs von Reben in Hecken und anderen Kleinstrukturen müssen unabhängig von einem Reblausbefall, ebenfalls alle Rebstöcke sachgerecht entfernt und entsorgt werden.
    • Die Entfernung hat selektiv unter weitgehender Schonung der Kleinstruktur zu erfolgen. Vorher wird die Untere Naturschutzbehörde entsprechend informiert und gehört.
    • Bewirtschafter von Rebflächen mit Schleifreben (wurzelechte Europäerreben) müssen diese entsprechend aus der Anlage entfernen.

    Vorbeugende Maßnahmen

    • Nur reblausfreies Pflanzgut verwenden!
    • Keine wurzelechten Reben durch “Einleger“ erzeugen! (Das Schließen von Fehlstellen durch Niederziehen und Einschlagen von Trieben ist verboten).
    • Entfernung von Unterlagenausschlägen und Edelreiswurzeln.
    • Sorgfältige Rodung von Rebflächen.
    • Kontrolle gerodeter Flächen auf Aufwuchs von Reben
    • Beseitigung von Rebenaufwuchs in Drieschen und Brachflächen.
    • Kein Kauf von wurzelechten Topfreben