Biologischer Tafeltraubenanbau mit den richtigen Sorten

Tafeltraubenanbau; hier geschützter Bioanbau bei Armin Braun

Wie bei allen Obstarten gilt die Wahl der richtigen Sorten als DER entscheidende Aspekt. Der Freude bezüglich problemlosem Anbau, Robustheit des Stockes und guter Fruchtqualität steht in einem engen Grad leider auch Leid gegenüber, z.B. Verwendung älterer Sorten, die heute hoch anfällig gegen Echten oder Falschen Mehltau sind. Der Befallsgrad an Schaderregern in einer Region, der richtige Standort und der Jahreseinfluss haben wesentlichen Einfluss auf Pilzinfektionen. Wenn auch die Weinregionen sich als prädestiniert für den Anbau von Tafeltrauben erweisen, so ist dort aber auch mit einem höheren Befallsdruck an Schaderregern zu rechnen.

Der regionalen Sortenprüfung kommt besondere Bedeutung zu. So wurden seit über 10 Jahren zahlreiche Sorten an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) Veitshöchheim im Obstbauversuchsgelände Stutel geprüft. Der Standort ist an 3 Seiten von Weinbergen umgeben – ein hoher Befallsdruck an Schaderregern liegt somit vor. Als Einschnitt galt die Reform des Weinrechts, die den Anbau der Tafeltrauben in Deutschland nun kommerziell ermöglichte. Schnell kamen Sorten (vielfach aus osteuropäischer Herkunft), die als Tafeltrauben klassifiziert waren, auf den Markt. Es zeigte sich, dass die früher – vor der Reform des Weinrechts – verwendeten "Traubensorten" (oft auch Keltertrauben) nicht den heutigen Ansprüchen genügen. Damals (2002) übliche Sorten wie 'Bianca', 'Hecker', 'Himrod', 'Phoenix', 'Boskoop Glorie', 'Glenora', können aus verschiedenen Gründen (v.a. Geschmack, fehlende Robustheit, mangelnde Winterhärte...) für den erwerbsmäßigen Anbau getrost ersetzt werden.

Tafeltraubenprüfung seit 2002

Im Versuchsgelände der LWG wurden in der Summe weit über 200 Klone und Sorten an Tafeltrauben getestet, primär für den Anbau im Erwerbsobstbau. Zahlreiche von den Beschreibungen her vielversprechende Sorten haben sich aus verschiedenen Gründen, z.B. Winterfrosthärte, Pilzbefall, Traubenqualität inkl. Geschmack oder Reifezeit nicht bewährt. Franken ist hier doch noch etwa 10 Tage später als Baden, Rheinhessen, Pfalz, sodass spätreifende Varietäten in einigen Jahren qualitativ nicht richtig ausreifen konnten. Einige osteuropäische Sorten, die dort als frostfest und robust eingestuft wurden, haben unter unseren Klimabedingungen Probleme gezeigt. Somit beschränken wir uns in der Empfehlung auf Sorten, die hier bis Ende September geerntet werden können und verzichten auf späte wie z.B. 'Angela' und 'Theresa'.

In vielen Geschmackstests fanden wir heraus, dass Sorten mit "Foxton" (meist in "Amerikanerreben" bzw. deren Nachkommen) überwiegend abgelehnt und nur von einem kleineren Liebhaberkreis akzeptiert werden.
Es ist auch festzustellen, dass die Schaderreger mit längeren Standzeiten zunehmen. All dies führt dazu, dass nur ganz wenige Sorten für eine Empfehlung in Frage kommen.

Gefragt: kernlose Tafeltrauben

Die erste Frage bei Verkostungen lautet stets: "Haben sie auch Kerne?" Gerne würden wir „ruhigen Gewissens“ kernlose Sorten empfehlen, doch gerade sie zeigen Defizite in der Fruchtqualität (meist sehr kleine Beeren), z.T. Geschmack („nur neutral“ oder aber parfümiert / blumig / starker Erdbeerton), Winterfrosthärte, Pilzwiderstandsfähigkeit, physiologische Störungen (Stiellähme). Wer gewisse Nachteile in Kauf nimmt, kann folgende Kernlose auswählen:

Tabelle 1: kernlose Trauben für den Anbau pdf 154 KB

Rebschule Wolf ist Sorteninhaber weiterer kernloser Sorten, die bei uns für eine Anbauempfehlung noch nicht lange geprüft sind oder durch späte Ausreife ausscheiden. 'Talisman', 'Leon', 'Aphrodite' und 'Jana' sind vielversprechende kernlose Neuheiten, während sich 'Primus', 'Millenium' (beide früh, süß-fruchtig) und die qualitativ hochwertige 'Tonia'® als anfällig und nur für den geschützten Anbau erweisen.

Weitere Rebschulen, u.a. Schmidt und Steinmann, führen zusätzliche kernlose Sorten, die für einen versuchsweisen Anbau mit in Frage kommen.

Da die kernlosen Beeren kleiner sind, gilt besonderes Augenmerk auf intensiven Schnitt, mehrfache Laubarbeiten, konsequente Fruchtausdünnung, Schutz vor Wespen, Vögel bzw. Kirschessigfliegen z.B. durch Einnetzungen. Vorteilhaft: die Spaliererziehung an Drahtrahmen mit 2 Flachbögen, deren Fruchtruten an weiteren Drähten fixiert, auf 2 - 2,50 m Höhe begrenzt und mit Folie oder Insektenschutznetzen geschützt werden können. Bewährt haben sich 12 - 14 Ruten je Stock mit 18 - 20 Trauben, die je nach Beeren- und Traubengröße 5 - 15 kg (z.B. 'Fanny', 'Frumoasa Alba') pro Stock entsprechen.

Vielfältige Auswahl kernhaltiger Tafeltrauben

Die seit Jahren – auch stets mit gutem Feedback vieler Anbauer – beste, bewährte Sorte ist die schweizer Sorte 'Muscat bleu'. Sie überzeugt mit mittelgroßen, rundlichen, hangstabilen Beeren in lockerer Traube (oft auch verrieselt, v.a. bei schlechtem Blühwetter); somit kaum Botrytis (auch in der rel. festen Schale begründet) und langem Erntefenster von Anfang/Mitte September bis Mitte Oktober. Der hervorragende Geschmack (süß, aromatisch; ausgeprägter Muskatton) verzeiht die doch markanten, meist als störend empfundenen Kerne. Hervorzuheben ist die gute Widerstandsfähigkeit gegen Frost und Pilzbefall.

'Birstaler Muskat' gilt als "gelbe Schwester" der 'Muscat bleu' mit ebenso gutem Geschmack, hohem Ertrag (Ausdünnen bevorzugt auf nur 1 Traube pro Fruchttrieb, sonst leidet das Aroma) und guter Robustheit. Gravierender Nachteil: die deutlich kleineren Beeren lassen die Kerne dominant erscheinen. Das ist der Grund, dass 'Birstaler Muskat' in der Bewertung stark abfällt.

Als gelb-grüne Alternativen dazu gelten 'Garant' und 'Drusba', beide ab Anfang September reifend mit süß-fruchtigen, mittelgroßen Beeren, deren Kerne weniger wahrgenommen werden. Beide Sorten erweisen sich robust. 'Garant' besitzt einen angenehmen Muskatton, 'Drusba' ist neutraler.

Als mehrjährig gut präsentiert sich unter den "weißen" Sorten die ab Mitte September reifende moldawische Sorte 'Frumoasa Alba' bezügl. Frosthärte, Geschmack (süß-fruchtig, dezente Muskatnote), großen, lockeren Trauben, sehr großen rundlichen Beeren, deren Kerne als kaum störend empfunden werden. Sie ist gegen Echten Mehltau tolerant; Falscher Mehltau kann v.a. in regenreichen Jahren auftreten.

'Fanny', eine sehr bekannte weiße Sorte ab Mitte/Ende September, besticht durch sehr große Trauben und v.a. Super-Ertrag, der – wenn nicht auf 1 bis maximal 1,5 Traube pro Fruchtrute ausgedünnt – allerdings zu Lasten des Geschmacks geht. Eine zusätzliche Düngung v.a. Magnesium, ist bei derartig hohem Behang ab Ende Juni zu beachten. Die Frosthärte ist gut; Falscher Mehltau kann auftreten.

Zu 'Ontario' liegen nun auch 8 jeweils positive Prüfjahre vor. Bei dieser blauen, ab Mitte/Ende September reifenden Sorte mit großen, lockeren Trauben und festen, großen, ovalen, feinfruchtigen Beeren stören die Kerne kaum. Frosthärte und Pilzwiderstandsfähigkeit erwiesen sich stets günstig.

Details und Bilder zu Sorten und Verkostungsergebnisse können Sie u.a. einsehen unter

Pioniere im Anbau

In allen Weinbauregionen haben einige Obstbauer und Winzer mit dem Anbau von Tafeltrauben begonnen, zumal heimisches Obst aus der Region, voll ausgereift mit gutem Geschmack und frisch geerntet den Kunden überzeugt. Im Direktabsatz gehen Tafeltrauben gut und sie bereichern das gesamte Angebot, was auch den Absatz anderer Obstarten fördert. Hingegen hat sich die indirekte Vermarktung noch nicht etabliert. Anbauer, die direkt den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) beliefern, haben ihren Anbauumfang und ihr Sortiment gefunden. Den meisten Anbauern ist klar geworden, dass nur der geschützte Anbau für sichere Erntemengen sorgt und sie damit ihre Lieferverpflichtungen erfüllen können.

Ein solcher Pionier in Unterfranken ist Armin Braun, der seine ab 2006 angelegten 1,5 ha Tafeltrauben (auf 2 benachbarten Flächen, geschützter Anbau) in Bergrheinfeld-Garstadt bei Schweinfurt ökologisch bewirtschaftet. Regenkappen (gegen pilzliche Erreger) und seitliche Schutznetze (gegen Vögel und Wespen), die ab August bzw. spätestens ab beginnender Blaufärbung geschlossen werden, sorgen für eine sichere Ernte mit Vermarktung überwiegend an den LEH und Fachgeschäfte von September bis Mitte Oktober. Das Bio-Sortiment umfasst 'Palatina', 'Arkadia', 'Fanny' (weiß), 'Venus', 'Muskat bleu' (blau) sowie die rosafarbene 'Katharina'. Alle Trauben sind mit einer kleinen Banderole „Bio“ am Stängel ausgezeichnet.

Wenn ein Teil der Trauben nicht die gewünschte Qualität erreicht, Mängel aufweist oder die letzte Partie nicht mehr vermarktet werden kann, ist es für die Anbauer wichtig, diese Früchte in der Saftbereitung oder Brennerei zu verwerten. Das Weinrecht verbietet, Tafeltrauben zu Wein, Most und Federweisen zu verarbeiten.

Wie bei vielen Obstarten stellt uns die Kirschessigfliege nun vor große Herausforderungen. Insektenschutznetze, die auch bei uns im Versuchsbetrieb ab Sommer eingesetzt werden, scheinen in Kombination mit zugelassenen Pflanzenschutzmitteln, luftiger Kulturführung, kürzeren Ernteintervallen, komplettem Abernten und Bestandshygiene hoffentlich gute Lösungsansätze zu bieten. Bei Keltertrauben blieben 2014 die weißen Sorten in Franken verschont. Ob dies auch für alle weißen Tafeltraubensorten und für andere Regionen zutrifft und ob alle blauen Tafelsorten gleichermaßen befallen werden, werden die weiteren Sortenprüfungen an vielen Standorten zeigen.

Nur im geschützten Anbau sind empfindliche Sorten, hier Tafeltraube 'Arkadia', möglich

Tafeltraube 'Arkadia'

Tafeltrauben, die kernarme 'Ontario' zu Recht im Anbau

Tafeltraube 'Ontario'

Tafeltraube 'Muskat bleu', im Sortiment ein Muss

Tafeltraube 'Muskat bleu'

Tafeltraube 'Kischmich' bringt Farbe in das Sortiment

Tafeltraube 'Kischmich'

Tafeltraube 'Katharina' - ebenso

Tafeltraube 'Katharina'

Sortenverkostungen, unverzichtbare Grundlage für Sortemempfehlungen

Sortenverkostung

Tafeltrauben; Thurgau machts vor: Kaufanreiz durch ansprechende Verpackung

Verpackungsbeispiel

Tafeltrauben; Überbehang führt zu Mg-Mangel

Mg-Mangel durch Überbehang