Nachlese 54. Landespflegetage 2022
Grün.er.leben – natürlich bauen

Logo der Landespflegetage 2022 bestehend aus verschiedenen Kacheln.

Erneut fanden die Landespflegetage als Online-Veranstaltung statt, zum zweiten Mal in Folge seit 2021. Dabei verfolgten am 25. und 26. Januar 2022 zusammen knapp 850 Gäste die verschiedenen Vorträge aus dem Sendestudio der LWG, sowie der live zugeschalteten Referenten aus Leipzig und Coburg. In einer abschließenden Expertenrunde wurden jeweils Fragen aus dem Chat beantwortet.

    An den beiden Tagen traten die folgenden Referentinnen und Referenten auf. Soweit verfügbar sind auch Verlinkungen zu den Zusammenfassungen der Vorträge angefügt.

    25. Januar 2022: Grün erbauen und Pflanzen erleben - Tagungsbeiträge

    Grün erbauen

    Der erste Tag unserer Fachtagung verband die Bautechnik mit der Pflanze. Dazu konnte Moderator und Institutsleiter Jürgen Eppel 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer für die folgenden Referate zur virtuellen Konferenz begrüßen.

    Den Auftakt machte Gerhard Zäh, Präsident des Verbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Bayern e. V. (VGL), mit seinem Impulsreferat "Innovativ. Engagiert. Nachhaltig. Bayerisch". Für den VGL Bayern forderte er darin die neue Bundesregierung auf, entsprechend ihren Ankündigungen konkrete Fördermaßnahmen für eine blau-grüne Infrastruktur in den Städten zu verabschieden. „Wir Landschaftsgärtnerinnen und Landschaftsgärtner packen diese Herausforderungen an“, betonte er nachdrücklich. Mit Aktionen und Präsenz in den (sozialen) Medien werde Werbung für den Berufsstand gemacht und auch eine attraktive Nachwuchskampagne für die Zielgruppe betrieben. Vorausschauend befasst sich der Verband auch mit dem Carbon-Footprint im Landschaftsbau und der Gestaltung biodiversitätsfördernder Gartenanlagen.

    Innovativ. Engagiert. Nachhaltig. Bayerisch. pdf 304 KB

    Thomas Schaller von MARBOS GmbH & Co. KG, Dortmund ist gelernter Straßenbauer und Fachbauleiter für Pflasterbau. In seinem Vortrag „Keramische Beläge – Wohin geht die Reise?“ ging er anschaulich auf die Anforderungen einer fachgerechten Verlegung dieser trendigen Belagsflächen ein. Aufgrund der Plattendicke müsse in der Regel die gebundene Bauweise verwendet werden. „Hierbei ist die thermische Ausdehnung der Platten unbedingt zu berücksichtigen“, mahnte der Baustoff-Spezialist. Diese Spannungen sind beim Einbau mit Haftschlämme auf Dränbeton durch Bewegungsfugen zu vermeiden. Zudem sollte im Sommer die Einbautemperatur möglichst niedrig gehalten werden, damit bei Abkühlung nicht zu große Zugspannungen entstehen.

    Keramische Beläge - Wohin geht die Reise? pdf 851 KB

    Sven Taraba von der Firma Fassadengrün e. K. schaltete sich für seinen Vortrag "Wie kommt das Grün an die Fassade? – Praktische Tipps zur Befestigung" aus Leipzig zu. Die bodengebundene Fassadenbegrünung verbessert das Stadtklima, ist Lebensraum für die Fauna und wertet Gebäude auch ästhetisch auf. Voraussetzung dafür ist eine passende und stabil verankerte Rankhilfe. So ging er auf die unterschiedlichen Wandtypen als Ankerpunkt für die Befestigungselemente ein. Spezielle Anker, Dübel und Klebungen sind auf die einzelne Betonwände, Sicht- und Putzmauerwerk, Holz- und Sonderfassaden sowie moderne Dämmsystemen abzustimmen. Er riet dazu, Landschaftsgärtner und die Lieferanten der Begrünungssysteme rechtzeitig in die Gebäudeplanung einzubeziehen, denn: „Oft täuscht die Fassade eine Tragfähigkeit vor, die sich bei einer Kontrollbohrung als Illusion herausstellt.“

    Wie kommt das Grün an die Fassade? pdf 471 KB

    Pflanzen erleben

    Transparente Hecken aus Gräsern stellte Andreas Adelsberger vom Institut für Stadtgrün und Landschaftsbau (ISL) vor. Gräserhecken könnten eine Alternative zu Gehölzhecken als temporär sichtschützende Raumteiler bzw. raumwirksame Elemente in Pflanzungen sein, regte der Landschaftsarchitekt an. Aufgrund der Erfahrungen aus den Versuchspflanzungen an der LWG könne er je nach angestrebter Wuchshöhe unterschiedliche Sorten empfehlen: „Für das öffentliche Grün eignen sich Calamagrostis 'Karl Foerster', 'Waldenbuch', Panicum 'Nordwind' und Pennisetum alopecuroides var. viridescens.“

    Transparente Hecken aus Gräsern pdf 1,2 MB

    Dr. Philipp Schönfeld (ISL) stellte in seinem letzten Vortrag auf den Landespflegetagen vor seiner Pensionierung "Gehölzkonzepte für Privatgärten unter Berücksichtigung der klimatischen Veränderungen" vor. Seiner Ansicht nach werden Gewinner jene hitze- und trockenheitsverträglichen Sorten sein, die gemäß der Klimazonenkarte auch Frostperioden im Winter aushalten können. „Acer campestre, Carpinus betulus, Cornus mas und Amelanchier ovalis werden, im Gegensatz zu Gehölzen aus kühl/kalt-feuchten Lebensbereichen, eher im Vorteil sein“, erklärte er. Seine Empfehlungsliste endete mit der anspruchslosen Tamariske und Periploca graeca als beachtenswertes Klettergehölz.

    Gehölzkonzepte für Privatgärten pdf 597 KB

    Zur abschließenden Expertenrunde waren noch 130 Gäste im virtuellen Raum eingeloggt, deren Fragen aus der Praxis von den vier Referenten ausführlich beantwortet wurden.

    Ein Mann im dunklen Sakko steht an einem Rednerpult vor Bildern, die eine Blumenwiese und eine Hecke zeigen.

    Präsident Gerhard Zäh

    Ein Mann mit Kopfhörer hat Monitor und Kamera vor sich, im Hintergrund Bilder mit Pflanzenmotiven.

    Thomas Schaller

    Ein Computermonitor zeigt das Bild des Referenten, daneben erahnt man die im Chat-Fenster gestellten Fragen der virtuellen Konferenz.

    Sven Taraba

    Ein Mann in grauer, doppelreihig geknöpfter Jacke trägt einen Kopfhörer und führt eine Computermaus.

    Andreas Adelsberger

    Ein Mann mit Kopfhörer lächelt in die Studiokamera, während gut zwei Meter neben ihm ein weiterer Mann ein Schild mit Applaus-Symbol hochhält.

    Applaus für Dr. Philipp Schönfeld

    26. Januar 2022: Biodiversität leben - Tagungsbeiträge

    Biodiversität leben

    Der zweite Tag der Fachveranstaltung stand im Zeichen der Biodiversität. Von den 430 Gästen, die Moderator Martin Degenbeck durchs Programm führte, nutzten dann auch noch 220 die unmittelbar anschließende Expertenrunde, um die Beantwortung der gestellten Fragen zu verfolgen.

    Bernhard Ledermann, Sprecher der Landesgruppe Bayern des GALK e. V. war von Coburg aus zugeschaltet, wo er das städtische Grünflächenamt leitet. Klimawandel, Biodiversität und Freiraumnutzung seien die großen Herausforderungen für das öffentliche Grün. Er mahnte: „Die Grünstrukturen in den Städten sind ein historisches Erbe mit dem verantwortungsvoll umgegangen werden soll, welches aber auch enkeltauglich weiterentwickelt werden muss.“ Die Hinwendung zur Biodiversität im öffentlichen Grün sei dringlich geboten, da der Biodiversitätsverlust global zwischenzeitlich stark fortgeschritten sei. Stadtgrün könne durch seine Ökosystemleistungen hierbei – und bei der Sicherung eines erträglichen urbanen Lokalklimas - einen wichtigen Beitrag liefern.

    Stadtgrün enkeltauglich – Klimawandel, Biodiversität, Freiraumnutzung pdf 245 KB

    Angelika Eppel-Hotz vom Institut für Stadtgrün und Landschaftsbau (ISL) zog eine Bilanz nach zehn Jahren in Versuch und Praxis. „Mehrjährige Ansaatmischungen für den Siedlungsbereich dienen als Alternativen zu kurz gemähtem Grün, werten die Ästhetik im innerstädtischen Bereich auf und leisten einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Artenvielfalt“, fasste die Referentin die Vorteile zusammen. Alle Mischungen würden mit ihrer Artenzusammensetzung Lebensräume für die Stadtfauna bieten, insbesondere als Nahrungsquelle mit hohem Trachtwert für Wildbienen, Honigbienen, Hummeln und Schmetterlinge und das bereits ab dem ersten Jahr. Bei einem Vergleich der unterschiedlichen Mischungen spiele gerade der Blühaspekt eine wichtige Rolle. Angelika Eppel-Hotz lieferte wichtige Hinweise für die Anlage und Pflege der Veitshöchheimer Mischungen.

    Mehrjährige Ansaatmischungen für den Siedlungsbereich pdf 709 KB

    Theresa Edelmann (ISL) plädierte in Ihrem Fachvortrag für mehr Biodiversität im GaLaBau. Neben der Pflanzenverwendung seien hier auch Bautechnik und Pflege gefragt. Neben der "Schaffenskraft", die dem Landschaftsbau zu eigen ist, solle auch die "Lassenskraft" ihre Berechtigung finden. Böschungsanschnitte, offener Boden, Laub und Totholz können – wenn sie gelassen werden – zu wertvollen Lebensräumen für Tiere und Insekten werden. Barrierefreiheit für Tiere, wie z. B. Igel, bieten Zaundurchlässe (mind. 10 x 10 cm) und Ausstiegshilfen aus Wasserstellen. „Die Landschaftsgärtnerinnen und Landschaftsgärtner sollen auch hier die ersten Ansprechpartner bei der Garten- und Freiflächen-Umgestaltung sein“, so ihr Appell.

    Biodiversität im GaLaBau pdf 907 KB

    Jonas Renk (ISL) ist Wildlebensraumberater für öffentliches Grün in Bayern und fördert zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen an den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF)
    die biologische Vielfalt in der Kulturlandschaft. Er berichtete über seine Projekte, Maßnahmen und Beiträge im öffentlichen Grün, etwa in Form kommunaler Grünanlagen, Straßen- und Wegebegleitgrün oder grüner Ortsränder. Jonas Renk arbeitet mit den Fachberatern für Grünordnung, der Kreisfachberatung und den Beratern an den unteren Naturschutzbehörden gemeinsam an der Biotopvernetzung. Man strebe vielfältige und strukturreiche Lebensräume an, welche die Siedlung mit den sich daran anschließenden Landschaftsräumen verbinden.

    Wildlebensraumberatung für öffentliches Grün in Bayern pdf 486 KB

    In der Expertenrunde im virtuellen Raum wurden anschließend Themen wie das Belassen von Laub in öffentlichen Parkanlagen, Spezialmischungen für Versicherungsmulden, unerwünschte tierische Gäste im Garten und Exoskelette bei Baumtorsos diskutiert.

    Ein Computermonitor zeigt groß das Gesicht eines weißhaarigen Mannes, während am oberen Bildschirmrand klein das Portrait eines Mannes mit FFP2-Maske eingeblendet ist.

    Bernhard Ledermann

    Eine Frau blickt konzentriert auf den vor ihrem Rednerpult stehenden Monitor.

    Angelika Eppel-Hotz

    Eine Frau mit Kopfhörer steht an einem Rednerpult und blickt in den vor ihr aufgebauten Monitor.

    Theresa Edelmann

    Ein Mann in dunklem Pullover blickt über das Rednerpult auf einen Monitor, an der Wand hinter ihm hängen Stoffbanner mit Pflanzenmotiven.

    Jonas Renk

    Wir mussten auch dieses Jahr wieder das Fehlen der persönlichen Kontaktmöglichkeiten auf der virtuellen Konferenzplattform beklagen. Das Positive an der kostenfreien Online-Fachtagung ist, dass Reisezeiten und die entsprechenden Kosten bei den Teilnehmenden eingespart werden konnten.

    Die technische Umsetzung war wieder eine Herausforderung, der sich insbesondere Thomas Leopoldseder stellte, um für alle die Anmeldung, das Einloggen und die Übertragung möglichst störungsfrei zu ermöglichen. Das Programm wurde von Dr. Claus Prinz und Nikolai Kendzia organisiert.

    Wir haben den Wunsch, im nächsten Jahr am 28. Februar und 1. März 2023 unsere Tagung wieder in bewährter Form in den Veitshöchheimer Mainfrankensälen durchzuführen – auch um die begleitende Fachausstellung anbieten und den persönlichen Austausch pflegen zu können.

    Herzlicher Dank gilt den Referentinnen und Referenten sowie den Teilnehmerinnen und Teilnehmer, da alle erneut Verständnis gezeigt haben für die Einschränkungen durch das Online-Format der Landespflegetage.