Der CO2 - Fußabdruck der Fränkischen Weinwirtschaft

Traktor bei der Weinlese
Als erste deutsche Weinregion hat Franken 2010 im Rahmen eines Pilotprojektes, das durch die Bayerische Cluster Initiative, dem Cluster Ernährung finanziell unterstütz wurde einen CO2 - Fußabdruck erstellen lassen. An diesem Projekt beteiligten sich 14 Betriebe aus 4 unterschiedlichen Gruppen, so dass von kleinen Familienbetrieb mit einer Rebfläche unter 10 ha über größere Familienbetriebe (> 25 ha), großen Weingütern (80–135 ha) und allen Winzergenossenschaften alle unterschiedlichen Betriebsstrukturen erfasst waren. Darüber hinaus waren auch zwei ökologisch wirtschaftende Betriebe darunter. Mit einer Rebfläche von 2595 ha und einer Produktionsmenge von 21 Mio. Litern wurden repräsentativ gut 40 % der Fränkischen Weinwirtschaft erfasst.
Bisher wurde dies vergleichbar nur im Bordeaux und in der Champagne durchgeführt und aus den Regionen der „Neuen Welt“ , sowie jeweils einem Weinbaubetrieb in Österreich und aus Baden kennen wir bisher nur unternehmensbezogene oder nur produktbezogene Bilanzen zum Ausstoß der klimaschädlichen Treibhausgase, die auf der Basis von CO2 - Äquivalenten berechnet werden.
Es stellt sich also in diesem Zusammenhang ganz natürlich die Frage, was will Franken damit erreichen und worin liegt die Bedeutung dieses CO2 - Fußabdrucks für die Fränkischen Winzer?
Bereits 2008 hat die Strategiekommission der Fränkischen Weinwirtschaft beschlossen, die Thematik der Nachhaltigkeit in den Focus ihrer zukünftigen strategischen Ausrichtung zu stellen. Es folgten eine umfangreiche Informationsphase der Fränkischen Weinwirtschaft auf den Gebietsversammlungen 2009 und den Fränkischen Weinwirtschaftstagen 2010 um die fachliche Auseinandersetzung des Begrifsf der Nachhaltigkeit auch unter den Winzern anzustoßen. Mittlerweile hat auch der Deutsche Weinbauverband die Tragweite der Thematik Nachhaltigkeit für die Weinwirtschaft erkannt und anlässlich der Intervitis-Interfructa 2010 in Stuttgart eine entsprechende Resolution veröffentlicht.
Zur Erinnerung: Nachhaltigkeit bedeutet, das langfristige Handeln eines Unternehmens oder einer gesamten Branche, wie eben der Fränkischen Weinwirtschaft, auf eine optimale Balance zwischen ökologischer Verantwortung, wirtschaftlichen Erfolg und einer sozialen Verantwortung auszurichten.
Natürlich stehen dabei die Herausforderungen, die der Klimawandel mit sich bringt derzeit im Mittelpunkt. Die soziale Verantwortung der Weinwirtschaft gegenüber den Steil- und Terrassenlagen oder gegenüber einer ethisch verantwortbaren Weinerzeugung darf dabei aber nicht in den Hintergrund treten. Auch dafür werden derzeit Strategien und Konzepte innerhalb der Fränkischen Weinwirtschaft erarbeitet.
Der CO2-Fußabdruck darf also niemals für sich allein betrachtet und gewertet werden sondern muss immer im Gesamtkontex t der Nachhaltigkeit gesehen werden. Bilanzieren, vermeiden, reduzieren und ggf. kompensieren lautet die allgemein gültige Handlungsempfehlung zur Senkung des Ausstoßes an klimaschädlichen Treibhausgasen. Der CO2-Fußabdruck der Fränkischen Weinwirtschaft ist also nur der erste Teil, oder besser gesagt der erste Schritt – die Bilanz!
Mit ClimatePartner, einem in der Weinwirtschaft auf dem Gebiet des CO2-Fußabdrucks international tätigen und erfahrenen Unternehmen wurde gemeinsam unter intensiver Einbindung der beteiligten Betriebe in mehreren Workshops der anspruchsvolle und sehr umfangreiche Fragebogen auf die Fränkischen Erzeugungsbedingungen weiter entwickelt und angepasst. Vom Pflanzzeichen bis zum Verpackungskarton wurde jeder relevante Erzeugungs- und Herstellungsschritt erfasst. Die sogenannten biogenen Effekte, also die CO2-Bindung der Rebe während der Vegetationsphase und der CO2-Ausstoß während der Gärung blieben dabei unberücksichtigt, da es derzeit darüber keine verlässlichen wissenschaftlichen Daten gibt. Als Standard für die Ermittlung des CO2-Fußabdrucks werden das „Greenhouse Gas Protocol“ (ISO 14064) und die derzeit einheitlichen und verbindlichen Normen herangezogen. Einen weltweit verbindlichen Standard gibt es derzeit noch nicht. Dies erschwert auch die Vergleichbarkeit von Daten aus unterschiedlichen Ländern.

Im Grundsatz werden bei der Berechnung zwei Kategorien unterschieden

  • Unternehmensbezogene Emissionen
    • Direkte Treibhausgasemissionen (Unternehmensfuhrpark, Heizung, Klimaanlage etc.)
    • Treibhausgasemissionen aus zugekaufter Energie (Strom)
    • Indirekte Treibhausgasemissionen (Anfahrt der Mitarbeiter, externe Dienstleister, Fremdfahrzeuge, Wasserverbrauch, Papierverbrauch, Abfallentsorgung etc.)
  • Produktbezogene Emissionen
    • Weinbau (Drahtrahmen, Pflanzenschutzmittel, Düngemittel, Anbau, etc.)
    • Kellerwirtschaft (Lagerbehälter, oenologische Behandlungsmittel etc.)
    • Abfüllung (Flaschen, Verschlüsse, Etiketten, Verpackung)
    • Vertrieb (Auslieferung)
Die Summe der beiden Kategorien ergibt dann den branchenbezogenen CO2-Fußabdruck der Fränkischen Weinwirtschaft.
Wie aus der nebenstehenden Abbildung 1 ersichtlich ist, werden 26,4 % der klimaschädlichen Treibhausgasemissionen durch das Unternehmen selbst verursacht. Einen wesentlichen Anteil daran haben die Heizung und der zugekaufte Strom. Bei der Heizung ergaben sich, je nach technischen Standard und die Art des Heizmaterials auch die größten Unterschiede zwischen den Betrieben. Knapp drei Viertel der Emissionen sind dagegen produktbezogen. Auffällig ist der hohe Wert im Weinbau mit 17,9 %, der durch die Verwendung des Drahtrahmens und aus dessen energieintensiver Herstellung für Metallstickel, Verankerungen und Draht resultiert. Nicht überraschend, da schon mehrfach veröffentlicht, der hohe Wert mit 43,7 % bei der Abfüllung, der in erster Linie durch die Glasflaschen
bedingt ist.
Einen genauen Überblick in die produktbezogenen Emissionen ermöglicht Abbildung 2. Insgesamt liegt der Ausstoß an klimaschädlichen Treibhausgasen im Durchschnitt aller Betriebe bei 8.128 kg CO2-e (CO2-Äquivalenten) und am Liter Wein bei 1,01 kg CO2-e (bei einer 0,75l Flasche kann von einem Wert zwischen 0,85 und 0,9 CO2-e ausgegangen werden).
Wesentlich spannender ist natürlich die Frage nach den einzelbetrieblichen Unterschieden. Mit einer Ausnahme liegen die Winzergenossenschaften und die großen Weingüter relativ einheitlichbeieinander. Bei den familiengeführten mittleren und kleineren Weingütern ergaben sich dagegen größere Unterschiede.
Ökologisch wirtschaftende Betriebe liegen bezogen auf die Fläche unter dem Durchschnitt, Betriebe mit hohem Steillagenanteil und intensiver Qualitätsproduktion etwas über dem Durchschnitt. Bezogen auf den Liter Wein werden diese Effekte teilweise durch das unterschiedliche Ertragsniveau wieder kompensiert oder auch noch verstärkt. Eine absolute Bewertung der einzelnen Produktionsverfahren bzw. der jeweiligen Unternehmensphilosophie ist daher nicht gerechtfertigt undauch nicht zulässig. Dies zeigt auch, dass es sinnvoll ist, die „Nachhaltigkeits-Diskussion“ nicht auf einzelbetrieblicher Basis, sondern in der gesamten Fränkischen Weinwirtschaft zu führen.

Handlungsempfehlungen

Nach der Bilanzierung muss jetzt logischerweise eine Strategie zur Reduzierung und zur Vermeidung von klimaschädlichen Treibhausgasen einsetzten. Für den einzelnen Betrieb bietet sich kurzfristig oder mittelfristig an die Heizung auf nicht fossile Brennstoffe umzustellen (Holzpellets, Wärmepumpe etc.) Damit wird ein nicht unerheblicher Einsparungseffekt erzielt. Im Zuge von Neu- oder Umbaumaßnahmen ist daher unbedingt zu empfehlen auf ein nachhaltiges Energiekonzept umzusteigen. Die Verwendung von möglichst sparsamen Fahrzeugmodellen und eine entsprechende Fahrweise verstehen sich wohl heute von selbst. Ein klimaneutraler Versand von Wein ist ebenfalls bereits möglich, der Fränkische Weinbauverband ist eine entsprechende Vereinbarung mit DHL eingegangen. Auch beim Strom bietet sich eine gemeinschaftliche Lösung an. Bevor die Landschaft mit Windrädern von anonymen Investoren beherrscht wird, und die typischen Fränkischen Dachlandschaften mit Photovoltaikanlagen verschandelt werden, sollte die Weinwirtschaft ihren eigen „grünen Strom“ aus einem entsprechenden Energiemix unter Einbindung der Kommunen, der Landwirtschaft und der Bürger erzeugen.
Dagegen wird die Fränkische Weinwirtschaft sicher nicht wieder auf Holzstickel umstellen wollen. Dies ist aus arbeitswirtschaftlichen und Mechanisierungsgründen nicht mehr denkbar. Hier stellt sich langfristig die Frage einer glaubwürdigen Kompensation (z.B. Investition in Regenwaldprojekte, Aufforstungsprojekte, Offshore-Windkraftanlagen) oder schlichtweg die Erkenntnis, dass es einen sogenannten „klimaneutralen Wein“ gar nicht geben kann. Dennoch sollte die Fränkische Weinwirtschaft auch langfristige Alternativen prüfen. Niemand will den Bocksbeutel als „die fränkische Weinverpackung“ abschaffen! Aber wie wäre es, langfristig die jährlichen ca. 20 Mio. Literflaschen durch eine alternative und kreative Verpackung klimafreundlich zu ersetzen? Dies ist mit Sicherheit nicht kurzfristig möglich, aber es sollte daran mit Gelassenheit und Konsequenz aber auch emotionslos gearbeitet werden.
Wein ist zu Recht ein Kulturgut, dies ist Anspruch aber auch Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft und den Konsumenten zugleich. Die Frage lautet also nicht, wie ein klimaneutraler Wein zu erzeugen ist, sondern welchen Beitrag die Fränkische Weinwirtschaft bereit ist zu leisten, die bevorstehende Klimakatastrophe zu vermeiden. Der CO2-Fußabdruck ist und kann nur ein erster Schritt dazu sein, weitere müssen folgen.