Tier des Monats (Mai)
Rostrote Mauerbiene - ein fürsorglicher Kulturfolger

Die kleine rostrote Mauerbiene hat ihren Namen von der Färbung ihres Hinteleibs, dessen Ende jedoch schwarz gefärbt ist. Sie sitz hier auf einem Gänseblümchen
Den größten Teil ihres Lebens verbringt die Rostrote Mauerbiene (Osmia bicornis) in einer verschlossenen, dunklen Brutzelle. Nach der Paarung im Frühjahr legt das Weibchen für jedes Ei in einem geeigneten Nistplatz eine separate Brutzelle an. Sorgfältig wird im hinteren Bereich der Zelle ein Pollenkuchen eingetragen und das Ei darauf abgelegt. Anschließend verschließt das Weibchen die Brutzelle indem sie eine Querwand aus Lehm und Speichel errichtet und beginnt in der nächsten Brutzelle mit dem Eintragen eines Pollenkuchens. Bis zu 20 linear angeordneten Brutzellen können auf diese Weise entstehen. Aus den abgelegten Eiern schlüpfen nach wenigen Tagen die Larven, die sich von dem Pollenkuchen ernähren. Nach ca. 25 Tagen verpuppt sich die Larve in einem festen Kokon. Bereits im August sind die Bienen voll entwickelt. Sie verbleiben über den Winter in ihren Kokons, bis zum Schlupf im Frühjahr, wenn die Tage wärmer werden. Doch woher „wissen“ die Bienen beim Schlüpfen, welchen Weg sie nehmen müssen, um ins Freie zu gelangen?
Pfadfinder Mauerbiene – der raue Weg führt ans Licht
Um aus der dunklen Brutzelle ans Licht zu gelangen, müssen die Mauerbienen den richtigen Weg finden. Bei der „verkehrten“ Wahl würden sie immer tiefer in die Niströhre gelangen. Damit ihre Nachkommen nicht auf Abwege geraten, legt die Rostrote Mauerbiene bei jeder neuen Brutzelle eine sichelförmige „Türschwelle“ aus Lehm an. Ebenfalls geben Struktur und Form der Querwände den jungen Bienen Hinweise. Beim Bau der Querwände wölbt sich der weiche Lehm durch den Druck beim Aufbringen von der Mauerbiene weg. Diese glättet die ihr zugewandte Seite der Wand, die Seite der Wand im Inneren der Brutzelle bleibt dagegen rau. Die Nachkommen müssen daher nur zwei Sachen „beachten“: der Weg durch die raue und nach innen gewölbte Wand führt nach draußen!
Männchen "first"!
Die Männchen der Rostroten Mauerbiene erscheinen einige Tage bevor die Weibchen schlüpfen. Sie „bewachen“ die Schlupfplätze, um das Erscheinen der paarungsbereiten Weibchen nicht zu verpassen. Da in den Brutröhren die Brutzellen linear angeordnet sind, müssen die ersten Brutzellen den männlichen Bienen vorbehalten sein.
Mittels eines raffinerten Mechanismus können die Weibchen die Geschlechter der Nachkommen bei der Eiablage bestimmen. Insekten können das Sperma nach der Paarung in einem Sammelorgan zwischenspeichern. Zur Befruchtung der Eizellen kommt es erst bei Eiablage, dabei wird das Sperma aus der Sammelblase aktiv zugegeben. Aus befruchteten Eizellen entstehen ausnahmslos Weibchen, die Eizellen, aus denen sich Männchen entwickeln bleiben unbefruchtet. Entscheidet also ein Weibchen, kein Sperma zu der Eizelle zu geben, wird sich daraus ein Männchen entwickeln. In den vorderen Brutzellen werden von den Weibchen stets nur unbefruchtete Eizellen abgelegt, so wird gewährleistet, dass die Männchen zuerst erscheinen.
Insekt des Jahres 2019
Die Rostrote Mauerbiene wurde stellvertretend für die Wildbienen zum Insekt des Jahres 2019 gekürt. Mit dieser Wahl möchte das Kuratorium auf das Artensterben der Wildbienen und auf die hohe Bedeutung der Ökosystemdienstleistung Bestäubung für unsere Nahrungsmittelproduktion aufmerksam machen.
Die hohe Gefährdung der Wildbienen hängt auch mit fehlenden Nistmöglichkeiten zusammen. Künstliche Nisthilfen werden gerne angenommen. Doch Vorsicht! Im Handel werden etliche ungeeignete Modelle angeboten. Nisthilfen, bei denen die Röhrenenden „ausgefranst“ sind, werden Wildbienen meiden, da die Gefahr besteht, sich an den Splittern die Flügel zu verletzen. Achten Sie deshalb bei Kauf (oder bei Basteln) von Nisthilfen auf glatte Enden der Röhren. Dann werden sich bei Ihnen sehr schnell Wildbienen einfinden.



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